DAPI-Untersuchung

Verantwortungsvoller Umgang mit pharmazeutischen Bedenken

Berlin - 01.11.2023, 12:15 Uhr

Apotheker dürfen bei pharmazeutischen Bedenken nicht das Arzneimittel abgeben, das gemäß Rahmenvertrag eigentlich abzugeben wäre. (Foto: imago images / Westend61)

Apotheker dürfen bei pharmazeutischen Bedenken nicht das Arzneimittel abgeben, das gemäß Rahmenvertrag eigentlich abzugeben wäre. (Foto: imago images / Westend61)


Im Jahr 2022 haben Apotheken bei 1,2 Prozent der Rezeptzeilen, bei denen ein Austausch nach den Vorgaben des Rahmenvertrags möglich war, pharmazeutische Bedenken dokumentiert. Auf diese Zahl weist das Deutsche Arzneiprüfungsinstitut aktuell hin.

Die Krankenkassen sind stets besorgt, ob Apotheker:innen und pharmazeutisches Personal bei der Arzneimittelabgabe tatsächlich ausreichend auf die Wirtschaftlichkeit achten, also Rabattverträge bedienen bzw. die Abgaberangfolge des Rahmenvertrages einhalten. Das zeigte sich zuletzt bei der Diskussion um die Auslegung der mit dem Engpassgesetz ALBVVG eingeführten neuen Abgaberegelungen im Fall der Nichtverfügbarkeit von Arzneimitteln. Woher die Sorgen konkret rühren, bleibt allerdings im Dunkeln: Jahr für Jahr wachsen schließlich die Einsparungen der Kassen durch Rabattverträge. Mehr als 5,5 Milliarden Euro waren es 2022. Und im ersten Halbjahr 2023 waren es auch schon fast 2,8 Milliarden Euro.

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Eine Möglichkeit, den üblichen Weg der Arzneimittelabgabe zu verlassen und statt des Rabattarzneimittels oder eines der vier preisgünstigsten Arzneimittel ein anderes Präparat abzugeben, ist, pharmazeutische Bedenken geltend zu machen. Bestehen solche Bedenken, beispielsweise weil ein Arzneistoff mit geringer therapeutischer Breite verordnet ist oder bei einem Austausch die Compliance der Patienten gefährdet sein könnte, darf die Apotheke das verschriebene Arzneimittel laut Apothekenbetriebsordnung nicht einmal abgeben. Sie hat die Bedenken vielmehr auf dem Arzneiverordnungsblatt zu konkretisieren und das entsprechende Sonderkennzeichen aufzutragen. In diesem Fall müssen, um die sichere Patientenversorgung zu gewährleisten, ökonomische Aspekte ausnahmsweise hinter pharmazeutischen zurücktreten.

Beständig verantwortungsbewusst

Das Deutsche Arzneiprüfungsinstitut (DAPI) hat nun untersucht, wie häufig Apotheken im Jahr 2022 bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln pharmazeutische Bedenken dokumentiert haben. Dabei wurde die Recherche auf Rezeptzeilen eingeschränkt, bei denen ein Austausch und demzufolge eine Anmeldung von pharmazeutischen Bedenken gemäß Rahmenvertrag theoretisch möglich gewesen wäre. Diese Rezeptzeilen machten im Jahr 2022 74 Prozent aller zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Fertigarzneimittel aus. Bei insgesamt 1,2 Prozent dieser Abgaben gab es pharmazeutische Bedenken gegen die Abgabe eines rabattbegünstigten oder eines preisgünstigen Fertigarzneimittels – das belegen die Dokumentationen der Apotheken auf den Rezepten. Im Vorjahr waren es 1,1 Prozent. Damit zeige die Analyse, so das DAPI, dass das Instrument der „pharmazeutischen Bedenken“ in der Apotheke weiterhin verantwortungsbewusst und mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit eingesetzt wird – und das unabhängig von zunehmenden Problemen hinsichtlich der Verfügbarkeit von Arzneimitteln.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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