Diabetesmanagement

Was Apotheker über die Abgabe von Blutzuckerteststreifen wissen sollten

19.07.2023, 17:50 Uhr

Rechtlich gibt es bei Blutzuckerteststreifen einiges zu beachten. (Foto: fotoart-wallraf)

Rechtlich gibt es bei Blutzuckerteststreifen einiges zu beachten. (Foto: fotoart-wallraf)


Eine große Sparte in der Versorgung durch deutsche Apotheken ist das Diabetesmanagement. Patienten werden dabei nicht nur mit oralen Antidiabetika versorgt, sondern auch mit Blutzuckermessgeräten, Blutzuckerteststreifen und allem Zubehör für ihre Insulin-Pens. Bei der Abgabe der Teststreifen gibt es allerdings einige Stolpersteine zu beachten. Dieses FAQ gibt Ihnen einen Überblick. 

Sind Blutzuckerteststreifen ein Arzneimittel?

Ja, sozialrechtlich betrachtet sind Blutzuckerteststreifen ein Arzneimittel – auch, obwohl sie nicht alle notwendigen Kriterien für ein Arzneimittel erfüllen. Daher sind Blutzuckerteststreifen auch gesondert von jeglichem anderen Diabeteszubehör zu verordnen. Eine Verordnung gemeinsam mit Arzneimitteln wie Insulin ist hingegen möglich. 

Wo ist die Erstattungsfähigkeit von Blutzuckerteststreifen festgehalten?

Blutzuckermessgeräte und deren Zubehör sind gemäß § 31 Abs. 1 und § 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch V Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Blutzuckermessgeräte sowie Stechhilfen, Lanzetten und Kontrolllösungen gehören zur Gruppe der Hilfsmittel.

Ist bei der Verordnung von Blutzuckerteststreifen eine Diagnose auf dem Rezept erforderlich?

Nein, da Blutzuckerteststreifen als Arzneimittel eingestuft werden, ist keine Diagnose auf dem Rezept erforderlich – im Gegenteil, sie ist sogar unerwünscht. 

Gibt es einheitliche Regelungen für die Abgabe von Blutzuckerteststreifen?

Nein, für Blutzuckerteststreifen gelten je nach Krankenkasse unterschiedliche Abgaberegelungen. Diese sind im Detail stets zu prüfen. Hierfür bieten aber die meisten Apothekensoftwaresysteme Unterstützung an. 

Welche Abrechnungspreise gelten bei Blutzuckerteststreifen für Primärkassen?

Das lässt sich nicht einheitlich beantworten. Jede Krankenkasse hat hier eigene Preise und Abgabemodalitäten, die stets geprüft werden sollten. 

Welche Abrechnungspreise gelten bei Blutzuckerteststreifen für Ersatzkassen?

Für die Techniker Krankenkasse (TK), die BARMER, die DAK, die KKH, die HEK und hkk gelten einheitliche Abrechnungspreise. Bei allen anderen Ersatzkassen können andere Modalitäten bestehen, weshalb auch hier stets eine genaue Prüfung erfolgen sollte. Für die zuvor genannten Krankenkassen werden Teststreifen in die Preisgruppen 1, 2 und 3 unterteilt. 

  • Für die Preisgruppe 1 (PG1) können dabei folgende Preise abgerechnet werden: Nettopreis je 50 St.: bis 102 Stück: 21,45 Euro, ab 103 St.: 18,95 Euro, ab 300 St.: 18,10 Euro
  • Für Preisgruppe 2 (PG2) können folgende Preise abgerechnet werden: Nettopreis je 50 St.: bis 102 St.: 23,45 Euro, ab 103 St.: 20,95 Euro, ab 300 St.: 20,10 Euro
  • Für Preisgruppe 3 (PG3) können folgende Preise abgerechnet werden: Nettopreis je 50 St.: bis 102 St.: 26,00 Euro, ab 103 St.: 24,30 Euro, ab 300 St.: 22,95 Euro

Wie müssen Blutzuckerteststreifen verordnet werden?

Blutzuckerteststreifen können per eindeutig definierter, namentlicher Verordnung rezeptiert werden, oder aber generisch, z. B. mit dem Vermerk „50 Blutzuckerteststreifen“ verordnet werden. 

Wie muss mit einer Verordnung zulasten der Techniker Krankenkasse, die BARMER, die DAK, die KKH, die HEK und hkk umgegangen werden, wenn Teststreifen der Preisgruppe 1 verordnet wurden?

Teststreifen der Gruppe 1 können ohne weiteres zu den oben genannten Preisen abgegeben werden.

Wie muss mit einer Verordnung zulasten der Techniker Krankenkasse, die BARMER, die DAK, die KKH, die HEK und hkk umgegangen werden, wenn Teststreifen der Preisgruppe 2 verordnet wurden?

Wenn Teststreifen der Preisgruppe 2 verordnet wurden und ein Aut-idem-Kreuz gesetzt wurde bzw. der Arzt anderweitig ein Austauschverbot deutlich macht, dann dürfen Teststreifen der Preisgruppe 2 zu den oben genannten Preisen abgerechnet werden. Sollte kein Austauschverbot bestehen, sollte geprüft werden, ob ein Wechsel auf ein Gerät mit Teststreifen aus der Preisgruppe 1 vorgenommen werden kann. Denn: Mindestens 30% der abgegebenen Blutzuckerteststreifen sollen aus Preisgruppe 1 stammen. 40% dürfen aus Preisgruppe 2 stammen. 

Wie muss mit einer Verordnung zulasten der Techniker Krankenkasse, die BARMER, die DAK, die KKH, die HEK und hkk umgegangen werden, wenn Teststreifen der Preisgruppe 3 verordnet wurden?

Für verordnete Teststreifen der Preisgruppe 3 gilt bezüglich des Austauschverbotes das gleiche, wie für Teststreifen der Gruppe 2: Es dürfen Teststreifen der PG 3 abgegeben werden. Sollte jedoch kein Austauschverbot bestehen, sollte geprüft werden, ob eine Umstellung auf ein Gerät mit Teststreifen der PG1 erfolgen kann. Denn: Bei Nichterreichen der Quoten pro Kalenderhalbjahr muss die Apotheke die entstandene Preisdifferenz von 2,00 Euro bzw. 2,95 Euro je Packung à 50/51 Stück erstatten.

Wie muss ich mit einer generischen Blutzuckerteststreifenverordnung umgehen?

Bei einer generischen Verordnung sollten Sie Teststreifen der Preisgruppe 1 abgeben. 

Muss ich bei den genannten Ersatzkassen zwingend einen Austausch vornehmen?

Nein, Sie sind nicht verpflichtet, einen Austausch vorzunehmen. Sie laufen lediglich Gefahr, den Quotenmalus von 2,00 Euro bzw. 2,95 Euro je Packung à 50/51 Stück hinnehmen zu müssen. Eine Nullretax oder ähnliches gibt es aber bei Blutzuckerteststreifen zulasten der oben genannten Ersatzkassen bislang noch nicht.

Gilt das Aut-idem-Kreuz auch bei Blutzuckerteststreifen?

Ja, ist ein Aut-idem-Kreuz gesetzt bzw. befindet sich ein äquivalenter Vermerk des Arztes auf dem Rezept, ist ein Austausch auf andere Teststreifen nicht möglich. In diesem Fall ist die Sonder-PZN 02567573 zu verwenden.

Dürfen Blutzuckerteststreifen für eine Schwangere verordnet werden? Fällt eine Zuzahlung an?

Ja zu ersterem, nein zu letzterem. Zwar sind Gestationsdiabetikerinnen nicht zwingend insulinpflichtig, sie sind aber nicht von den Einschränkungen zur Verordnung von Teststreifen betroffen, wie es z. B. nicht-insulinpflichtige Diabetiker sind. Bei Blutzuckerteststreifen fällt in jedem Falle keinerlei Zuzahlung an. Die eventuell anfallenden Zuzahlungen, die bei Schwangerschaftsdiabetes wegfallen können, betreffen das Zubehör zu Insulinpens, Stechhilfen und andere Hilfsmittel. 

Wo finde ich eine Liste mit den Teststreifen und der Zuordnung zur Preisgruppenliste?

Auf der Online-Präsenz des vdek in Anlage 4 zum Arzneimittelliefervertrag.

Was sind Quoten bei Blutzuckerteststreifen zulasten der Techniker Krankenkasse, die BARMER, die DAK, die KKH, die HEK und hkk?

Die Quoten geben ein Abgabeziel vor, das erreicht werden soll, um einen Malus zur halbjährlichen Abrechnung zu vermeiden. Vorgegeben werden dabei: 

  • 30% der abgegebenen Teststreifen sollen Preisgruppe 1 entstammen. 
  • 40% der abgegebenen Teststreifen sollen Preisgruppe 2 entstammen. 

Insgesamt müssen 70% der Teststreifen mit Teststreifen der Gruppen 1 und 2 beliefert werden, wobei 30% der Preisgruppe 1 entstammen müssen. Abgaben der Preisgruppe 1 zählen dabei für die Preisgruppe 2 mit, andersherum aber nicht. Es dürfen also auch 70% der Teststreifen aus Preisgruppe 1 abgegeben werden. 

Gibt es eine Umstellungspauschale für Blutzuckermessgeräte, wenn ich auf Preisgruppe 1 umstelle?

Ja, es kann eine Pauschale von 20 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer abgerechnet werden. Dies ist maximal einmal innerhalb von 2 Jahren pro Patient möglich. 

Ist für die Umstellung eine besondere PZN zu verwenden?

Ja, das ist die Sonder-PZN 02567596.


Thomas Noll, PTA, DAZ-Autor
redaktion@daz.online


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