Schrumpfende Apothekenzahlen

Wachsen oder weichen

Essen - 08.06.2023, 14:30 Uhr

Immer mehr Apotheken sehen keine Zukunft mehr und schließen ihre Tore für immer – die Politik sieht bislang keinen Handlungsbedarf. (Foto: AdobeStock/C. Prach)

Immer mehr Apotheken sehen keine Zukunft mehr und schließen ihre Tore für immer – die Politik sieht bislang keinen Handlungsbedarf. (Foto: AdobeStock/C. Prach)


Setzt sich die anhaltende Konsolidierung ungebremst fort, dann dürften in den kommenden fünf Jahren weitere 2.000 Apotheken für immer schließen. Eine detaillierte Auswertung dieser wenig erfreulichen Entwicklung im „AWA – Apotheke & Wirtschaft“ zeigt, dass sich mittelfristig insbesondere Apotheken bis 1,5 Millionen Euro Jahresumsatz kaum werden halten können. Erst ab 2 Millionen Euro Umsatz geht die Rechnung einigermaßen auf.

Welche Apotheken haben auch künftig eine Chance sich im Markt zu behaupten? Wieviel Umsatz reicht zum Überleben? Dem geht der aktuelle AWA nach. In den Blick genommen werden zunächst Anzahl und Umsatzverteilung der deutschen Vor-Ort-Apotheken. Entsprechend der folgenden Tabelle sind derzeit 2.331 Apotheken mit einem Umsatzvolumen bis zu 1,5 Millionen Euro am Markt tätig. Bis zu einem Umsatzvolumen von 1,75 Millionen Euro sind es 3.523 Apotheken.

Abbildung 1: Anzahl und Umsatzverteilung der deutschen Vor-Ort-Apotheken in 2021 (Quelle: RST Steuerberatung, Essen)

Von Ausnahmen abgesehen, stellt eine Umsatzgröße bis 1,5 Millionen Euro keine ausreichende wirtschaftliche Basis für die Zukunft dar, um eine Apotheke betriebswirtschaftlich nachhaltig betreiben zu können. Unter üblichen Voraussetzungen und ohne Sonderfaktoren lässt sich bei einem Umsatzvolumen in dieser Größenordnung und guter Unternehmensführung eine Umsatzrendite von 6 Prozent erwirtschaften, mithin ein Gewinn von rund 90.000 Euro. Hiervon sind alle weiteren privaten Kosten zu decken – das sind kleinere Reinvestitionen und Tilgungen ebenso wie Ertragsteuern, Vorsorgeaufwendungen und Privatentnahmen.

Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel

Im Durchschnitt verbleibt dem Unternehmer damit ein monatliches Nettoeinkommen von gerade einmal 3.750 Euro. Dies dürfte im Regelfall unterhalb des Nettogehalts eines in einer Apotheke angestellten Apothekers oder Filialleiters liegen.

Unter normalen Umständen wird ein solches Nettoergebnis nicht ausreichen, um eine Apotheke nachhaltig wirtschaftlich zu führen. Dies auch vor dem Hintergrund sich weiter abzeichnender Rendite-Einbußen unter anderem durch Erhöhung des GKV-Rabatts, steigende Personalkosten, die hohe Inflation sowie das höhere Zinsniveau.

Gleichwohl gehen wir davon aus, dass sich ein Teil der Apotheken in diesem Umsatzsegment weiter am Markt halten wird. Das ist häufig dann der Fall, wenn die Apotheke zum Beispiel in eigenen Räumen betrieben wird, oder der Inhaber auf Kosten seiner eigenen Lebensqualität mit unterdurchschnittlich wenig Personal arbeitet.

Kritische Umsatzschwelle wächst von Jahr zu Jahr

Unstrittig ist hingegen, dass die Mehrzahl der Apotheken in dieser Umsatzklasse zukünftig kaum mehr veräußerbar sein wird, da der Ertragswert unter dem Substanzwert liegt und größere Investitionen langfristig nicht mehr refinanzierbar sind. Hier kommt allenfalls noch ein strategischer Kaufpreis eines Wettbewerbers oder eine sogenannte „Schließungsprämie“ in Betracht.

Damit stellt sich die Frage, welche Folgen der anhaltende Apothekenschwund auf die verbleibenden Apotheken hat und wo die kritische Umsatzschwelle, unterhalb derer sich eine Offizin in der Regel nicht mehr wirtschaftlich betreiben lässt, in fünf Jahren liegen wird. Antworten darauf bekommen Sie in der ungekürzten Fassung des Originalbeitrags, der in der AWA-Ausgabe 9-2023 erschienen ist („Unter 2 Mio. Euro Jahresumsatz wird die Luft dünn“)

Wirtschaftskompetenz für die Apothekenpraxis

Der AWA - APOTHEKE & WIRTSCHAFT ist DER wirtschaftliche Rat­geber für Apothekeninhaber und Filialleiter. Mit hochkarätigen Beiträgen aus Apothekenwirtschaft, Management und Digitalisierung im 14-Tage-Turnus. Damit Sie nicht nur pharmazeutisch up to date sind, sondern am Ende des Tages auch die Zahlen stimmen.

Ergänzt wird die AWA-Printausgabe durch ein neues Internet-Portal mit attraktiven Mehrwerten – maßgeschneidert für Apothekenleiter, unter anderem:

  • exklusiven Apotheken-Marktzahlen von Insight Health/solvena,
  • einem praxiserprobten Servicepaket bestehend aus Rechentools, Checklisten und Musterverträgen zum Download sowie
  • einem einzigartigen Archiv mit mehr als 3.000 Beiträgen aus den Themengebieten Apothekenwirtschaft, Management, digitale Technik, Personal und Marketing

Neugierig geworden? Dann machen Sie sich selbst ein Bild auf www.apotheke-wirtschaft.de


André Butterweck, RST Steuerberatung, Essen
redaktion@daz.online


Doris Zur Mühlen, RST Steuerberatung, Essen
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Modellhafte Berechnung der notwendigen Apothekendichte

Wie viele Apotheken braucht Deutschland?

Großhandel wälzt Kostensteigerungen auf Apotheken ab

Einmal durchreichen bitte…

Diskussion zur Honorarverteilung Teil 2

Die Tücke steckt im Detail

Plädoyer für eine gestaffelte Erhöhung

Honorardebatte: Weg mit der Gießkanne!

2 Kommentare

Ich halte diese Zahl für zu optimistisch

von Rainer W. am 28.06.2023 um 14:06 Uhr

Angesichts dessen, dass eine deutliche Tariferhöhung in Sicht und eine Honorarerhöhung nicht mal am Horizont zu erkennen ist halte ich diese Zahlen für deutlich zu gering.

Sowohl die Zahl der Schließungen als auch den benötigten Umsatz würde ich höher vermuten. Ich hoffe, ich habe hier unrecht...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Wachsen oder weichen.

von Roland Mückschel am 08.06.2023 um 23:34 Uhr

Sehr schön.
Wie funktioniert das bei einer Landapotheke?
Mangels Masse eigentlich gar nicht.
Müssen die jetzt weg?
Apotheken die unentbehrlich sind?
Oder brauchen wir eine neue Form der Honorierung, eine Wertschätzung ihrer Leistung vor und im Ort.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.