Pharmacon Meran 2023

Emesis unter Tyrosinkinase-Inhibitoren – wann ist eine präventive Therapie nötig?

Meran - 07.06.2023, 12:15 Uhr

Ulrich Jaehde, Professor für Klinische Pharmazie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, beim Pharmacon in Meran. (Foto: DAZ)

Ulrich Jaehde, Professor für Klinische Pharmazie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, beim Pharmacon in Meran. (Foto: DAZ)


Auch unter einer Tumortherapie mit zielgerichteten Therapeutika, wie Tyrosinkinase-Inhibitoren, können Übelkeit und Erbrechen auftreten. Sollte also auch hier eine präventive Antiemese zum Einsatz kommen und wenn ja, mit welchen Wirkstoffen? Diese Frage beantwortete Professor Ulrich Jaehde in seinem Vortrag beim diesjährigen Pharmacon in Meran.

Im Jahr 2001 wurde mit Imatinib der erste Vertreter der Klasse der Tyrosinkinase-Inhibitoren zugelassen. Diese gehören zu den sogenannten zielgerichteten Tumortherapeutika, die sich spezifisch gegen in Tumorzellen vorkommende Zielstrukturen richten. Mittlerweile sind zahlreiche weitere Vertreter der oral anwendbaren Arzneimittelklasse auf dem Markt und kommen bei Indikationen wie der chronisch myeloischen Leukämie (CML) oder dem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) zum Einsatz.

Trotz des zielgerichteten Ansatzes kommt es auch unter Tyrosinkinase-Inhibitoren zu Nebenwirkungen, wie Hautreaktionen oder Schäden an den Schleimhäuten. Auch Übelkeit und Erbrechen sind möglich. Um zu entscheiden, wie eine antiemetische Therapie unter Tyrosinkinase-Inhibitoren gestaltet werden soll, empfahl Professor Ulrich Jaehde in seinem Vortrag beim diesjährigen Pharmacon in Meran einen Blick auf das emetogene Potenzial der einzelnen Vertreter.

Bei diesen Wirkstoffen ist eine antiemetische Prophylaxe angezeigt

Ein moderates emetogenes Potenzial von 30 bis 90 Prozent und somit vergleichbar mit dem von Cyclophosphamid haben etwa 

  • Bosutinib,
  • Ceritinib,
  • Crizotinib und
  • Imatinib.

Hier sei eine antiemetische Prophylaxe angezeigt. Durchgeführt wird diese mit einem 5-HT3-Rezeptoranatgonisent, einem Setron, welches über einen Zeitraum von sieben Tagen gegeben wird. Dazu wird in den ersten drei Tagen Dexamethason appliziert. Falls der Auslassversuch an Tag acht nicht erfolgreich ist, wird das Schema wiederholt.

Emesis-Prophylaxe bei bestimmten Risikofaktoren

Ein geringes emetogenes Potenzial von 10 bis 30 Prozent weisen etwa 

  • Afatinib,
  • Axatinib,
  • Dabarfenib,
  • Dasatinib,
  • Ibrutinib,
  • Lapatinib,
  • Nilotinib,
  • Pazopanib,
  • Ponatinib,
  • Regorafenib und
  • Sunitinib auf.

Dies entspricht dem emetogenen Potenzial von Capecitabin. Eine primäre Emesis-Prophylaxe ist hier laut Jaehde nur angezeigt, wenn individuelle Risikofaktoren dies erforderlich machen. Zu den Risikofaktoren zählen hierbei 

  • weibliches Geschlecht,
  • junges Lebensalter,
  • Reiseübelkeit,
  • Übelkeit und Erbrechen bei einer vorherigen Chemotherapie,
  • chronischer Alkoholkonsum sowie
  • Angst vor dem Auftreten dieser Nebenwirkungen.

Die Primärprophylaxe besteht hierbei aus einer siebentägigen Behandlung mit Metoclopramid und einem 5-HT3-Rezeptoranatgonisten sowie Deaxmethason in den ersten drei Behandlungstagen. Wenn unter der Therapie Symptome auftreten, ist eine Sekundärprophylaxe mit den gleichen Wirkstoffen angezeigt.

Interessierten Apotheker:innen gibt Jaehde auch einen Tipp zum Weiterlesen und Recherchieren: Auf onkopedia.com finden Heilberufler:innen nützliche Informationen rund um tumortherapeutische Arzneimittel und die Behandlungen verschiedener Krebserkrankungen.


Gesa Gnegel, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (gg)
redaktion@daz.online


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