Apothekendaten für Mecklenburg-Vorpommern

Etwa ein Viertel weniger Gewinn

Rostock - 20.04.2023, 15:00 Uhr

Sebastian Schwintek, Treuhand Hannover, präsentierte deutliche Gewinnrückgänge, zeigt aber auch Kompensationsstrategien für Apotheken. (Foto: tmb / DAZ)

Sebastian Schwintek, Treuhand Hannover, präsentierte deutliche Gewinnrückgänge, zeigt aber auch Kompensationsstrategien für Apotheken. (Foto: tmb / DAZ)


Das Betriebsergebnis der Apotheken in Mecklenburg-Vorpommern sank 2022 gegenüber dem Ausnahmejahr 2021 um 24,4 Prozent, also um fast ein Viertel. Nach dem Wegfall der meisten pandemiebedingten Sonderaufgaben und angesichts der Inflation war für 2022 eine massive Verschlechterung zu erwarten. Doch wie groß ist der Rückgang? Beim gestrigen Wirtschaftsseminar des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern in Rostock-Warnemünde stellte Sebastian Schwintek, Treuhand Hannover, die ersten Daten auf Landesebene vor.

Die betriebswirtschaftlichen Daten der Apotheken wurden 2020 und 2021 stark durch die Pandemie beeinflusst, besonders durch Leistungen wie die Impfzertifikate, denen kein Wareneinsatz gegenüberstand. Aus der Politik werden den Apotheken die guten Ergebnisse von 2021 vielfach vorgehalten, obwohl das offensichtlich ein befristeter Sondereffekt ist. Nun liegen erste Daten für 2022 vor. Beim Wirtschaftsseminar des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern präsentierte Sebastian Schwintek einige prozentuale Daten der Steuerberatungsgesellschaft Treuhand Hannover für das Bundesland. Da die ABDA schon in der nächsten Woche ihren Wirtschaftsbericht vorstellt, gab es keine Daten für die Bundesebene. Doch Mecklenburg-Vorpommern lässt einen Trend erahnen. Gemäß den Daten der Treuhand Hannover ging dort das Betriebsergebnis der Apotheken im Jahr 2022 um 24,4 Prozent gegenüber 2021 zurück. Bei einem deutlichen Zuwachs der GKV-Umsätze um 4,1 Prozent und einem massiven Rückgang der Umsätze mit Selbstzahlern um 7,5 Prozent ergeben sich 5,1 Prozent weniger Rohgewinn. Zugleich stiegen die Kosten um 4 Prozent.

Fast 40 Prozent der Apotheken in bedrohter Zone

Daraufhin hätten 39,2 Prozent der Apotheken im Land ein Betriebsergebnis erzielt, das weniger als 4 Prozent vom Nettoumsatz beträgt. Im Vorjahr waren das nur 14,3 Prozent der Apotheken. Die Apotheken rutschen also in schlechtere Betriebsergebnisklassen, konstatierte Schwintek. Apotheken mit weniger als 4 Prozent Betriebsergebnis gelten als kaum rentabel und als gefährdet, bei einer weiteren Belastung in die Verlustzone zu geraten. Nur noch 20,8 Prozent der Apotheken (im Vorjahr: 39,8 Prozent) erzielen ein Betriebsergebnis, das mehr als 8 Prozent vom Nettoumsatz beträgt. Angesichts dieser Entwicklung habe sich der bundesweite Trend zu Schließungen verstärkt. Dieser betreffe nun auch Mecklenburg-Vorpommern. Dort sank die Zahl der Apotheken im Jahr 2022 von 372 um 10. Im Saarland und in Bayern sei der Rückgang aber im Verhältnis stärker gewesen.

Realer Gewinnrückgang zu 2019

Da der Vergleich mit 2021 sehr durch die pandemiebedingten Ausnahmen geprägt ist, erscheint auch ein Vergleich mit dem Vor-Pandemie-Jahr 2019 angebracht. Demnach war das Betriebsergebnis der Apotheken in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2022 um 9,1 Prozent höher als 2019. Der GKV-Umsatz stieg um 20,6 Prozent und die Selbstzahler-Umsätze um 29,7 Prozent, aber auch die Kosten nahmen um 23,0 Prozent zu. Schwintek betonte, dass der Anstieg des Betriebsergebnisses auch auf der „Kannibalisierung“ beruhe. Denn die Apothekenzahl sank um 6,3 Prozent. Außerdem sei die Inflation mit 13,5 Prozent höher als der Anstieg des Betriebsergebnisses. Real ergibt sich damit ein Rückgang.

Weitere Belastungen im laufenden Jahr

Für das laufende Jahr 2023 sieht Schwintek viele Belastungen für die Apotheken, den großen Aufwand durch die Lieferengpässe, Personalprobleme, die sich weiter verschärfen, und steigende Kosten. In Verbindung mit steigenden Kreditzinsen könne die Inflation bis zu 30.000 Euro zusätzliche Kosten für eine durchschnittliche Apotheke verursachen. Wenn die Apotheken keine aktive Kompensationsstrategie anwenden, erwartet Schwintek daraufhin für Mecklenburg-Vorpommern einen weiteren Rückgang des Betriebsergebnisses um 14 Prozent. Der GKV-Umsatz werde zwar um 1,1 Prozent steigen, aber auch die Kosten würden um 4 Prozent anwachsen. Schwintek folgerte: „Das Problem vieler Apotheken in Mecklenburg-Vorpommern ist nicht der Rückfall auf das Betriebsergebnis der Vor-Corona-Zeit, sondern das, was in 2023 und den Folgejahren kommt – wenn man nichts zur Kompensation tut.“

Als Ansatzpunkt zur Kompensation nannte Schwintek Kürzungen der Öffnungszeiten, die unmittelbar auf die Personalkosten und -verfügbarkeit wirken, und Preiserhöhungen oder Gebühren für Botendienste bei OTC-Produkten oder Tüten. Die eigene Kalkulation und auch Rabatte an Kunden seien in einem inflationären Umfeld zu überprüfen. Als weitere Möglichkeiten nannte Schwintek einerseits vermehrte Werbung um Kunden, riet aber andererseits Werbemaßnahmen zu hinterfragen, um Kosten zu sparen. Weitere Ansätze böten IT-Tools zur besseren Gestaltung eingefahrener Betriebsabläufe und Investitionen für verbesserte Abläufe, beispielsweise in einen Kommissionierer, um Arbeitszeit freizuschaufeln. Damit bestünden Ansätze für eine erfolgreiche Zukunft, folgerte Schwintek.


Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

"Dumm und dämlich verdient"

von Dr. House am 21.04.2023 um 10:07 Uhr

Wenn es mich nicht selbst beträfe, könnte ich die nächsten Zeile mit hämischer Freude schreiben.
Apothekenschließungen sind das eine - gerade im Flächenland MV.
Spannend wirds aber spätestens dann, wenn die Anzahl des in Deutschland beschäftigen pharmazeutischen Personals in Absolutzahlen runtergeht. Diese scheint ja noch konstant bis wachsend zu sein. Dieser Kipppunkt würde möglicherweise alles auf den Kopf stellen - von der Rente bis hin zur Nachwuchsgewinnung. So könnte sich das Szenario ergeben, dass sogar der ein oder andere "Kollege", der an vorderster medialer Front meinte wir hätten mehr als genug verdient, später mal zur Pfandflasche greifen muss. Zu gönnen wär es.

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