Flucht und Gesundheit

Gestiegene Fallzahlen von Hautdiphtherie in Deutschland

Stuttgart - 18.04.2023, 10:45 Uhr

Eine Impfung gegen Diphtherie schützt zuverlässig vor einer symptomatischen Ausprägung, aber nicht vor einer Infektion mit den Corynebacteria spp. (Foto: Stockfotos-MG / AdobeStock)

Eine Impfung gegen Diphtherie schützt zuverlässig vor einer symptomatischen Ausprägung, aber nicht vor einer Infektion mit den Corynebacteria spp. (Foto: Stockfotos-MG / AdobeStock)


Überdurchschnittlich viele Fälle von Hautdiphtherie hat das RKI zuletzt gezählt. Betroffen sind vor allem junge Männer aus Afghanistan und Syrien. Eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung in Deutschland konnte nicht nachgewiesen werden.

Ein plötzlicher Anstieg von Hautdiphtherie, die durch Corynebacterium diphteriae ausgelöst wird, veranlasste das Robert-Koch-Institut (RKI) im August 2022 dazu, die Verbreitung und Epidemiologie in Deutschland unter die Lupe zu nehmen.

Von Januar bis September 2022 wurden 44 Fälle von Diphtherie gezählt, wovon der Großteil bei geflüchteten Personen aus Afghanistan (17 Fälle) und Syrien (21 Fälle) festgestellt wurde. Der jährliche Durchschnitt der letzten Jahre sind ungefähr 22 Fälle, wovon üblicherweise die meisten durch Corynebacterium ulcerans ausgelöst werden.

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Bei 42 Fällen handelte es sich um Hautdiphtherie, einmal um respiratorische Diphtherie und bei einem weiteren Fall zeigten sich keine Symptome, aber ein positiver Laborbefund. Alle Krankheitsfälle traten bei Männern auf. Das Durchschnittsalter betrug circa 18 Jahre. Die meisten Erkrankten konnten keine genaue Angabe zum Symptombeginn machen, anekdotische Erzählungen weisen aber darauf hin, dass die Diphtherie bereits längere Zeit vor Einreise ausbrach. Der Impfstatus der Betroffenen ist unbekannt.

Eine Analyse der Phylogenie des Erregers in Kombination mit der Fluchtroute ergab, dass die meisten auf der Balkanroute infiziert wurden. Ansteckungen in Deutschland konnten nicht nachgewiesen werden.

Auf auffällige Hautläsionen achten

Um in einer Sammelunterkunft für Asylsuchende untergebracht werden zu können, muss eine medizinische Examination stattfinden, um übertragbare Erkrankungen auszuschließen. In diesen Untersuchungen wurden als Anfangsverdacht häufig Skabies oder Mpox vermutet, dann aber labortechnisch Hautdiphtherie festgestellt.

Auch Österreich, Belgien, Norwegen, Frankreich, die Schweiz und Großbritannien identifizierten ungewöhnlich viele Fälle von Hautdiphtherie bei Migranten und Migrantinnen. Das RKI gibt an, dass gestiegene Fallzahlen in den Herkunftsländern auch zu mehr Infizierten unter den Geflüchteten geführt haben. Außerdem habe die Sensibilisierung auf Hautläsionen wegen der Mpox (früher Affenpocken) möglicherweise zu einem Bias geführt.

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Das RKI weist im Epidemiologischen Bulletin 36/2022 darauf hin, dass Mitarbeitende im öffentlichen Gesundheitsdienst die kutane Hauterkrankung auf dem Radar haben sollten: Bei auffälligen Hautläsionen sollte vor Beginn einer antibiotischen Therapie ein Erregernachweis erfolgen. Um eine respiratorische Manifestation abzuklären, sollte bei klinischem Verdacht auf Hautdiphtherie nicht nur ein Hautabstrich, sondern auch Nasen- und Rachenabstriche genommen werden. Der Impfstatus der Betroffenen sollte überprüft und Impflücken geschlossen werden. Überdies gehören Hautläsionen mit einem Verband oder Pflaster abgedeckt.

Woran erkennt man Hautdiphtherie und wie lange ist sie ansteckend?

„Die Haut- oder Wunddiphtherie führt – insbesondere nach einem Bagatelltrauma oder nach Insektenstich – auf Haut und Schleimhaut zu schmierigen Belägen. [...] 

Ansteckungsfähigkeit besteht, solange der Erreger in Sekreten und Wunden nachweisbar ist. In der Regel betrifft dies bei Unbehandelten einen Zeitraum von 2-4 Wochen. [...] Eine wirksame antibiotische Therapie führt normalerweise nach 48-96 Stunden zur Beendigung der Erregerausscheidung. Lokal antiseptische Maßnahmen können die Sanierung chronischer Wundinfektion/Kolonisation unterstützen.“ 

[Quelle: RKI]


Juliane Russ, Volontärin DAZ
redaktion@daz.online


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