Vorsicht Tachykardie und Hypertonie

Dorzolamid – richtige Anwendungshinweise, weniger Nebenwirkungen

Stuttgart - 11.04.2023, 12:15 Uhr

Für viele gestaltet sich die Anwendung von Augentropfen kompliziert. Die korrekte Anwendung kann aber die lokale Wirkung erhöhen und systemische Nebenwirkungen verhindern. (Foto: goodluz / AdobeStock)

Für viele gestaltet sich die Anwendung von Augentropfen kompliziert. Die korrekte Anwendung kann aber die lokale Wirkung erhöhen und systemische Nebenwirkungen verhindern. (Foto: goodluz / AdobeStock)


Dorzolamid kommt bei erhöhtem Augeninnendruck in Form von Augentropfen zum Einsatz. Wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vergangene Woche bekannt gegeben hat, wurde zu dem Wirkstoff „ein europäisches, die periodischen Sicherheitsberichte bewertendes Verfahren“ durchgeführt. In dessen Folge hat der Pharmakovigilanz-Ausschuss der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) eine Empfehlung zur Anpassung der Produktinformationen ausgesprochen.

Die „Co-ordination Group for Mutual Recognition and Decentralised Procedures for human use“ (CMDh) ist kürzlich auf Basis einer Empfehlung des Ausschusses für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (Pharmacovigilance Risk Assessment Committee, PRAC) zu dem Schluss gekommen, dass Tachykardie und Hypertonie als mögliche Nebenwirkungen von Dorzolamid-Augentropfen in die Produktinformationen aufgenommen werden müssen.

Wie es in der Anlage zum entsprechenden BfArM-Umsetzungsbescheid heißt, hat der Zulassungsinhaber Santen aufgrund dieser Nebenwirkungen bereits während des Prüfungszeitraums in die Produktinformationen von Trusopt®-Augentropfen den Hinweis aufgenommen, „dass man nach Anwendung des Arzneimittels für ungefähr zwei Minuten auf den inneren Augenwinkel drücken muss, um den Übergang von Dorzolamid in den Körperkreislauf zu verringern“. Auch alle anderen Zulassungsinhaber von Dorzolamid-Augentropfen sollen künftig in ihren Produktinformationen darauf hinweisen.

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Das muss ins Auge gehen!

Schon auf der INTERPHARM 2018 wurden die Teilnehmer:innen daran erinnert, dass es gut ist, in der Apotheke Augentropfen-Patient:innen darauf hinzuweisen, das Tränenröhrchen mit der Fingerspitze für ein bis drei Minuten zuzudrücken. Denn damit lässt sich beispielsweise auch bei Antiinfektiva am Auge das Risiko systemischer Nebenwirkungen verringern.

Unter Abschnitt 4.2 der Produktinformation von Dorzolamid soll ab sofort nun zur Art der Anwendung wörtlich folgendes geschrieben stehen:

„Durch das Abdrücken des Tränenkanals oder das Schließen des Augenlides für 2 Minuten wird die systemische Resorption verringert. Dies kann zu einem Rückgang der systemischen Nebenwirkungen und einem Anstieg der lokalen Arzneimittelwirkung führen.“

Zudem sollen in den Nebenwirkungen unter den Herzerkrankungen künftig die Tachykardie und unter den Gefäßerkrankungen die Hypertonie gelistet werden – beide mit der Häufigkeit „nicht bekannt“. 

51 Fälle von erhöhtem Blutdruck

Der Zulassungsinhaber Santen hatte zuvor 18-mal eine erhöhte Herzfrequenz als nicht schwerwiegende UAW (unerwünschte Arzneimittelwirkungen) gemeldet. „Letztendlich wurde für 11 Fälle ein möglicher Zusammenhang festgestellt, wobei in 10 dieser Fälle über eine positive Dechallenge und in 3 dieser Fälle über eine positive Rechallenge mit Dorzolamid allein berichtet wurde“, heißt es zur Erläuterung in der wissenschaftlichen Schlussfolgerung der CMDh.

Außerdem berichtete Santen von 51 Fällen von erhöhtem Blutdruck – einschließlich drei schwerwiegender (1 Krankenhausaufenthalt). Auch hier wird ein kausaler Zusammenhang als wahrscheinlich beschrieben: „Letztendlich wurde für 19 Fälle ein möglicher Zusammenhang festgestellt, wobei in 17 dieser Fälle über eine positive Dechallenge und in 4 dieser Fälle über eine positive Rechallenge mit Dorzolamid allein berichtet wurde.“

Beispielsweise in der Fachinformation von „Dorzolamid-ratiopharm 20 mg/ml Augentropfen“ mit Stand vom Dezember 2022 sind die neuen Hinweise bereits enthalten. Dort wird sogar empfohlen, die Augen zu schließen und mit einem Finger auf den inneren Augenwinkel für etwa zwei Minuten zu drücken. Das Abdrücken mit dem Finger unmittelbar nach dem Eintropfen soll den Effekt des alleinigen Lidschließens deutlich übertreffen.

Warum hilft es überhaupt, die Augen zu schließen?

„Die Tränenröhrchen verlängern sich beim Öffnen der Lider und erweitern sich gleichzeitig im Bereich der Ampullen. Simultan baut auch der Tränensack einen leichten Unterdruck durch Ausbuchten auf. Ventilklappen in den Tränenwegen verhindern ein Zurückfließen der Tränen. Ein Faserband komprimiert beim Schließen der Lider die Tränenröhrchen und das Tränensackoberteil. Durch Zusammenwirken dieser Mechanismen kommt es beim Öffnen der Lider zum Einsaugen von Tränenflüssigkeit in die lakrimalen Augennasenwege und beim Lidschluss zum „Ausquetschen“ der Tränenröhrchen und des Tränensacks.“

Quelle: „Ins Auge muss es gehen“ von Dr. Wolfgang Kircher, DAZ 32/2015


Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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