Triplex enhanced nucleic acid detection assay

Neue Methode zum SARS-CoV-2-Nachweis entwickelt

Düsseldorf - 09.03.2023, 10:45 Uhr

Außer für SARS-CoV-2 ist die neue diagnostische Methode auch für andere Erreger geeignet. (Foto: Matthias Stolt / AdobeStock)

Außer für SARS-CoV-2 ist die neue diagnostische Methode auch für andere Erreger geeignet. (Foto: Matthias Stolt / AdobeStock)


Spanische Forscher haben eine Methode entwickelt, RNA-Viren aus Patientenproben nachzuweisen, ohne dafür Reverse Transkriptase oder Amplifikationsschritte zu benötigen. Die neue TENADA-Methode liefert dabei gleich gute Ergebnisse wie die PCR und hat eine Nachweisgrenze von nur einigen Femtomol.

„Tenada“ – das ähnelt dem spanischen Begriffe „De Nada“, was sich mit „Gern geschehen“ übersetzen lässt. Vielleicht hatten die spanischen Forschenden der Universität Barcelona, des Institute for Advanced Chemistry of Catalonia, des Institute of Microelectronics of Barcelona und des Aragon Nanoscience and Materials Institute of Aragon diese Ähnlichkeit im Sinn, als sie das Akronym für ihre jetzt publizierte neue Nachweis-Methode für RNA-Viren ersannen. TENADA steht dabei für „triplex enhanced nucleic acid detection assay“. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jetzt im Fachjournal „International Journal of Molecular Sciences“.

Das Besondere an der neuen Diagnostik-Methode, mit der sich neben SARS-CoV-2 auch andere RNA-Viren wie etwa Influenza-Viren oder RSV (Respiratory-Syncytial-Virus) aus Patientenproben wie Nasenabstrich nachweisen lassen, ist, dass sie vollständig ohne Amplifikationsschritte oder Reverse Transkriptase auskommt. Damit sei sie laut den Forschenden unkomplizierter und schneller als der bisherige Goldstandard der Viren-Detektion, die PCR (Poymerasekettenreaktion). Die erreichte Nachweisgrenze ist dabei mit einigen Femtomol (rund 0,01 Nanomol oder einige Billiardstel Mol) ähnlich niedrig wie mit der (RT-)PCR.

Molekulare Haarnadeln als hochspezifische Fängermoleküle für Virus-RNA

Das Team um Professor Carlos Ciudad und Professorin Verónica Noe von der Fakultät für Pharmazie und Lebensmittelwissenschaften und dem Institut für Nanowissenschaften und Nanotechnologie (IN2UB) der Universität Barcelona setzen bei TENADA auf die Fähigkeit von sogenannten PPRHs – das steht für Polypurine reverse-Hoogsteen hairpin – selektiv an Virus-RNA zu binden. „PPRHs sind unmodifizierte einzelsträngige DNA-Haarnadeln, die aus zwei spiegelnden Domänen aus antiparallelen Polypurinen bestehen“, erklärt Ciudad. Polypurine bedeutet, dass diese Abschnitte die Purinbasen Adenin (A) und Guanin (G) enthalten – in einer Abfolge, die sich spiegelt und daher bevorzugt aneinanderbindet. „Diese Domänen, die durch eine Thymidinschleife miteinander verbunden sind, sind durch intramolekulare Umkehr-Hoogsteen-Bindungen verknüpft. Die molekularen Haarnadeln können über Watson-Crick-Bindungen spezifisch an Polypyrimidin-Sequenzen in einzelsträngiger DNA (ssDNA), doppelsträngiger DNA (dsDNA) oder RNA-Viren binden und so einen antiparallelen Triplex bilden“, sagt Ciudad.

Polypyrimidin meint damit eine Abfolge der Pyrimidinbasen Cytosin (C), Thymin (T) beziehungsweise in der RNA Uracil (U). Hoogsteen-Bindungen sind untypische Basenpaarungen während die Watson-Crick-Bindung die spezifische Paarung von Adenin mit Thymin und Cytosin mit Guanin meint. Insofern können spezifische Haarnadeln mit einer ganz bestimmten GC-Sequenz ganz spezifisch an AT- oder AU-Sequenzen binden, die unter anderem in der Virus-RNA enthalten sind.

Die Forschenden nutzten diese Haarnadel-Strukturen als Fängermoleküle in unterschiedlichen Biosensor-Varianten. In dem einen waren die PPRHs an einen Träger in einem Lateral-Flow-Test gebunden, analog etwa den COVID-19-Antigen-Tests. In dem anderen Fall nutzten sie eine elektrochemische Biosensor-Plattform, in der ebenfalls die PPRHs an den Träger gebunden waren.

Als Reporter für den Nachweis gebundener viraler RNA nutzten die Spanier ein markiertes DNA-Oligonukleotid, mit einer spezifischen Sequenz, die an eine Region nahe der Zielsequenz der Fängersonde in der Virus-RNA bindet. „Die triplexbildenden PPRH-Haarnadeln wurden so konzipiert, dass sie an SARS-CoV-2-Polypyrimidin-Sequenzen binden, während die Nachweissonden so konzipiert wurden, dass sie komplementär zu einer Region nahe der Zielstelle der Polypyrimidine sind. Auf diese Weise wird das Vorhandensein von SARS-CoV-2-RNA durch die Bildung eines ternären Komplexes auf der Oberfläche des Biosensors nachgewiesen“, erklärt es Noe.

Hochspezifischer, wertiger und direkter Virus-Nachweis in weniger als einer Stunde

Mit dem Biosensor ließen sich so entweder farblich in dem Lateral-Flow-Test das Vorhandensein gebundener Virus-RNA nachweisen oder elektrochemisch in dem elektrochemischen Sensor – analog herkömmlichen Biosensor-Tests.

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Wesentlicher Bestandteil der Tests aber sind die hochspezifischen PPRHs, sodass die Diagnostik-Methode auf gleich hohe Sensitivität und Spezifität wie die RT-PCR kommt – mit deutlich geringerem Aufwand. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen in ihrer Veröffentlichung davon aus, dass ein Test im Lateral-Flow-Format zukünftig einen wertigen direkten Nachweis von Viren aus Proben wie Nasenabstrich ermöglicht – in deutlich weniger als einer Stunde.

Die spanischen Forschenden haben die Methode patentieren lassen und bereits an das spanische Unternehmen Nanoimmunotech lizenziert, welches das Verfahren wahrscheinlich zur Marktreife bringen wird. Die Lizenz ist allerdings nicht-exklusiv.

Die Forschenden arbeiten außerdem daran, die Eigenschaften der PPRHs auch als Therapeutikum zu nutzen. Die Haarnadeln lassen sich nämlich auch nutzen, um in vivo an freie Virus-RNA zu binden – und damit die Virusreplikation zu hemmen. In ganz anderem Kontext lassen sich PPRHs auch als Gen-Silencer nutzen und werden daher im Zusammenhang mit der Krebstherapie erforscht.


Volker Budinger, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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