Screening bereits ab drei Jahren sinnvoll

Bluthochdruck bei Kindern richtig screenen, messen und therapieren

Stuttgart - 03.03.2023, 12:15 Uhr

Für die Blutdruckmessung bei Kindern sollten gut sitzende Kindermanschetten verwendet werden. (Foto: romankosolapov / Adobe Stock)

Für die Blutdruckmessung bei Kindern sollten gut sitzende Kindermanschetten verwendet werden. (Foto: romankosolapov / Adobe Stock)


Etwa 3 Prozent der Kinder in Deutschland haben einen zu hohen Blutdruck. Diese frühzeitig zu identifizieren und zu therapieren, ist wichtig, um Schäden am Herz-Kreislauf-System zu vermeiden. Aber wie viele mmHg sind bei einem Kind zu viel und welches Blutdruckmessgerät ist für Kinderoberarme geeignet?

Laut Angaben der Deutschen Hochdruckliga haben etwa 3 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland einen zu hohen Blutdruck. Das sind etwa 400.000 Betroffene. Bei Kindern und Jugendlichen mit Übergewicht liegt die Rate sogar noch höher: Von ihnen haben bis zu 25 Prozent eine Hypertonie. Für die kommenden Jahre ist daher eine Zunahme der Prävalenz zu befürchten.

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Insbesondere wenn sehr kleine Kinder betroffen sind, liegt laut Deutscher Hochdruckliga meist eine sekundäre Hypertonie vor. Hierbei wird der hohe Blutdruck durch eine Grunderkrankung beispielsweise der Niere, des Gefäß- oder endokrinen Systems verursacht. Bei älteren Kindern muss auch an eine essenzielle (primäre) Hypertonie gedacht werden, die mit Lebensstilfaktoren assoziiert sein kann.

Wann und wie oft sollte der Blutdruck kontrolliert werden?

Im Podcast HyperTon (Folge 2) weist Professorin Elke Wühl von der Deutschen Hochdruckliga darauf hin, dass das Screening auf Hypertonie aktuell kein fester Bestandteil der U-Untersuchungen für Kinder ist. Erst in der J1-Untersuchung, die bei Jugendlichen zwischen 12 und 14 Jahren ansteht, ist eine Blutdruckmessung vorgesehen. Die Europäische Gesellschaft für Bluthochdruck empfiehlt jedoch eine deutlich frühere Erstmessung: bei Kindern ohne Risikofaktoren im Alter von drei Jahren, mit Wiederholung alle zwei Jahre. 

Als Risikofaktoren, bei deren Vorliegen ein Screening früh und häufig ratsam ist, nennt die Deutsche Hochdruckliga nebst Vorerkrankungen an Herz oder Niere auch eine intensivmedizinische Behandlung nach der Geburt sowie die Einnahme von Medikamenten mit einem möglichen Einfluss auf den Blutdruck (etwa Methylphenidat, Steroide).

Welche Messgeräte sind für Kinder geeignet?

Damit die Blutdruckmessung einen zuverlässigen Wert liefert, ist der Sitz der Oberarmmanschette entscheidend. Die Luftkammern sollten hierbei etwa 80 bis 100 Prozent des Oberarmumfangs abdecken. Manschetten sind auch in sehr kleinen Größen erhältlich, die für Kinder oder Säuglinge geeignet sind. Vollautomatische, oszillometrische Messgeräte, wie Apothekenteams sie für Erwachsene kennen, stehen allerdings erst ab einem Oberarmumfang von circa 17 cm zur Verfügung. Ein solcher ist bei Kindern ab etwa fünf Jahren zu finden. Für diese hat die Deutsche Hochdruckliga drei Geräte zertifiziert, die Kindermanschetten als Zubehör anbieten:

  • Modell M300 des Herstellers Omron
  • Modell aponorm® Basis Control und
  • Modell aponorm® Basis Control Plus der Firma Wepa.

Bei kleineren Kindern kann der Blutdruck auskultatorisch gemessen werden, also mithilfe eines Stethoskops.

Wann ist der Blutdruck eines Kindes zu hoch?

Die Blutdruckzielwerte für Erwachsene haben Apothekenteams selbstverständlich im Kopf. Bei Kindern ist die Frage, ab wann ein Blutdruck zu hoch ist, etwas komplizierter zu beantworten und hängt vom Alter, der Körpergröße und dem Geschlecht des Kindes ab. Aufschluss geben umfangreiche Tabellen oder Online-Rechner (beispielsweise https://hyperchildnet.eu/blood-pressure-calculator/). Gemäß der europäischen Bluthochdruckgesellschaft sollten bei Kindern drei Blutdruckmessungen direkt hintereinander durchgeführt und der Mittelwert der zweiten und dritten Messung als Ergebnis verwendet werden – dies berücksichtigt auch der verlinkte Online-Rechner.

Wie wird therapiert?

Die Therapie bei hypertonischen Kindern richtet sich auch nach der Krankheitsursache. Laut Deutscher Hochdruckliga sind Familien mit von Hypertonie betroffenen Kindern zunächst Lebensstilumstellungen anzuraten, etwa eine Restriktion des Konsums von Salz und koffeinhaltigen Getränken, eine Anpassung der Ernährung, das Schaffen einer rauchfreien Umgebung für das Kind, Stressabbau und das vermehrte Einbauen von Bewegung in den Familienalltag. Eine medikamentöse Therapie empfiehlt die Deutsche Hochdruckliga, wenn durch Lebensstiländerungen nach sechs Monaten keine Besserung eingetreten ist. Arzneistoffe der ersten Wahl für Kinder seien ACE-Hemmer, Angiotensin-Rezeptor-Blocker und Calcium-Antagonisten.


Gesa Gnegel, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (gg)
redaktion@daz.online


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