Kritik an Ampel-Plänen aus Bayern

Cannabis-Legalisierung verstößt laut Gutachten gegen Völker- und Europarecht

Stuttgart - 02.03.2023, 15:15 Uhr

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek sieht seine Auffassung zum Thema Cannabis durch ein Rechtsgutachten bestätigt. (Foto: IMAGO / Chris Emil Janßen)

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek sieht seine Auffassung zum Thema Cannabis durch ein Rechtsgutachten bestätigt. (Foto: IMAGO / Chris Emil Janßen)


Laut einem Rechtsgutachten, das der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am gestrigen Mittwoch in München vorgestellt hat, widerspricht die geplante Legalisierung von Cannabis völker- und europarechtlichen Vorgaben. Erstellt hat es Professor Bernhard Wegener, Experte für Öffentliches Recht und Europarecht an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Die Cannabis-Legalisierung scheint eines der wenigen Themen zu sein, über das in der Ampelkoalition Einigkeit herrscht. Im Herbst vergangenen Jahres wurde dazu ein Eckpunktepapier beschlossen, das im Bundesgesundheitsministerium mit Unterstützung zahlreicher weiterer Ministerien und Experten formuliert wurde. Darin wird skizziert, wie Anbau, Vertrieb und alles Weitere geregelt werden sollen. Die Rolle der Apotheken bleibt allerdings vage. Das ganze Projekt steht aber ohnehin noch unter Vorbehalt, das Eckpunktepapier liegt nun bei der EU-Kommission zur Prüfung.

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Dass der CSU-Politiker Klaus Holetschek, seines Zeichens Gesundheitsminister in Bayern, kein Fan der Cannabis-Legalisierung ist, ist bekannt. Er hat nun am gestrigen Mittwoch in München ein Rechtsgutachten vorgestellt, das seine Ansicht untermautert. „Das Gutachten bestätigt meine Auffassung, dass die von der Berliner Ampel-Koalition geplante Legalisierung von Cannabis sowohl gegen das Völkerrecht als auch das Europarecht verstößt“, wird Holetschek in einer Mitteilung seines Ministeriums zitiert. das Gutachten komme zu dem klaren Schluss, dass Deutschland mit einer solchen Legalisierung geltende Verträge brechen würde, führt der Unionspolitiker aus. Wörtlich ist darin zu lesen: „Die von der Bundesregierung geplante Cannabis-Legalisierung widerspricht völker- und europarechtlichen Vorgaben.“

Holetschek fordert daher die Bundesregierung auf, ihre Pläne zur Zulassung des Anbaus, Handels und des Konsums von Cannabis zu Genusszwecken sofort fallen zu lassen. Stattdessen solle sie sich mit aller Kraft den wichtigen Herausforderungen des Gesundheitssystems widmen. „Krankenhausreform, Pflegereform, Fachkräftemangel, Digitalisierung – um nur einige davon zu nennen“, so der Minister.

Mutmaßlicher Verstoß gegen ein UN-Übereinkommen zur Drogenbekämpfung

Erstellt hat das mehr als 50-seitige Gutachten Professor Bernhard Wegener. Er hat an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg einen Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Europarecht. Seiner Analyse zufolge verstößt das Projekt der Bundesregierung vor allem gegen die Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Drogenbekämpfung: „Die UN-Drogenkontrollorgane bewerten eine umfassende Cannabis-Legalisierung der von der Bundesregierung geplanten Art in ständiger Entscheidungspraxis als vertragswidrigen Verstoß gegen die UN-Übereinkommen zur Drogenbekämpfung.“ Weiter heißt es im Gutachten zum Europarecht: „Unzulässig sind danach insbesondere der geplante staatliche oder staatlich lizenzierte Handel, Anbau und Verkauf von Cannabis zu anderen als wissenschaftlichen oder medizinischen Zwecken.“

Dem Europarechtsexperten zufolge ignoriere das Legalisierungsvorhaben der Bundesregierung die völker- und europarechtlichen Grenzen nationaler Drogenpolitik. Dieser Sonderweg sei deshalb rechtlich überaus riskant und drohe selbst die von der Bundesregierung verfolgten Ziele von vornherein zu verfehlen. Minister Holetschek warnte bei der Vorstellung des Gutachtens vor einem möglichen Vertragsverletzungsverfahren, das ein Verstoß gegen EU-Recht seiner Ansicht nach mit sich bringen müsste.

Holetschek lehnt Cannabis-Legalisierung grundsätzlich ab

Neben möglicher EU-rechtlicher Bedenken hat Holetschek aber auch ganz grundsätzliche Probleme mit den Plänen der Bundesregierung. Er lehne eine Cannabis-Legalisierung wegen der gravierenden gesundheitlichen Risiken dieser Droge entschieden ab, betont er in München. Cannabis zu legalisieren und auf Prävention zu setzen, sei wie Feuer zu legen und dann die Feuerwehr zu rufen. Das könne doch nicht der Ernst der Berliner Ampel-Koalition sein. Auch findet Holetschek es naiv zu glauben, dass Kinder und Jugendliche durch so ein Gesetz keinen Zugang zu Cannabis bekämen. „Erfahrungen aus dem Ausland zeigen, dass ein sogenannter grauer Markt entstehen kann, bei dem beispielsweise Volljährige legal erworbenen Stoff an Minderjährige weitergeben“, sagte der Minister.

Dass mit der Legalisierung Schwarzmarkt und Kriminalität besser bekämpft werden könnten als bisher, hält der bayerische Gesundheitsminister auch für nicht haltbar. Er verweist auf entsprechende Erfahrungen aus den USA und Kanada, wo der Schwarzmarkt weiter existiere und zusätzlich Probleme in der Marktregulierung, der Schmuggel und der Steuerbetrug den Staat vor unlösbare Probleme stellten. Das wäre in seinen Augen eine neue Herausforderung für Polizei und Justiz, die niemand brauche. Von einer mutmaßlichen Entlastung der Polizei, mit der Legalisierungs-Befürworter gerne argumentieren, sei daher nicht auszugehen.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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2 Kommentare

Falsche Betrachtungsweise

von HerbertH am 02.03.2023 um 16:29 Uhr

Das besagte Gutachten habe ich mir durch gelesen und entscheidende Fehler gefunden.
1. Fehlt die konkrete Fragestellung, nämlich unter welchen Bedingungen überhaupt die Legalisierung stattfinden soll. Aus dem Papier kann man sich dann zusammenreimen, dass eine Legalisierung ähnlich der von Alkohol betrachtet wird. Die Ampel hat aber nicht vor Cannabis genauso wie Alkohol zu Legalisieren.
2. Ist in den zitierten Abkommen im nur die Rede davon den "illegalen Handel" zu unterbinden von einem legalen Handel ist da nicht die Rede.
3. Der Gesundheitsschutz wird ebenfalls nicht betrachtet.
4. Gibt es ein Gutachten von der Strafrechtlerin und Kriminologin Prof. Masha Fedorova sowie ihr Kollege Prof. Piet Hein van Kempen von der Radboud Universität in Nimwegen die zu einem völlig anderem Ergebnis kommen.
5. Man muss sich ernsthaft fragen, warum ein Alkohollobbyist der zudem noch Gesundheitsminister ist, was an sich schon ein Wiederspruch ist, ungefragt von Steuergeldern ein solches Gutachten in Auftrag gibt. Denn eines hat sich in allen Ländern gezeigt die legalisiert haben, der Konsum von Alkohol geht zurück.

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AW: Falsche Betrachtungsweise

von Dr.Diefenbach am 03.03.2023 um 14:01 Uhr

...Es sei das Fachbuch "Cannabis" der WVG empfohlen.Hier sind die Fakten mit unzähligen Studienergebnissen unterlegt.
Ergebnis IST,dass die Problematik nach Freigabe viele neue Unannehmlichkeiten schafft, so z.B. In Californien (mehr Unfälle, mehr Konsumenten in bestimmten Altersgruppen)und über das holländische Modell ist ja wirklich genug gesagt.In Europa geht bisher KEIN Staat weiter als es die BRD tut.Man kann auch vermuten dass es als "Wählerfängerei" gedacht ist, das ach so tolle Freiheitsdenken.Fachlich fehlt bisher weiterhin ein konkretes Regelwerk über QM,was dringend als Grundvoraussetzung nötig ist.Man stellt mehr oder weniger bewusst dem Problem Alkohol und Nikotin ein drittes hinzu.Für ALLE gibt es persönliche UND gesellschaftliche Risiken, über die Risiken gerade bei Heranwachsenden sollte in Fachkreisen sowieso kein Dissens bestehen.Ich danke Herrn Holetschek -egal was er sonst tut-für sein Statement!!

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