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Sodbrennen – Therapieoptionen für die Selbstmedikation

Stuttgart - 10.03.2023, 09:13 Uhr

Antazida werden in der Regel gut vertragen. Sie können jedoch die Resorption anderer Arzneistoffe vermindern. (Foto: Stanislav / AdobeStock)
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Antazida werden in der Regel gut vertragen. Sie können jedoch die Resorption anderer Arzneistoffe vermindern. (Foto: Stanislav / AdobeStock)


Sodbrennen ist unangenehm, zum Glück jedoch in der Regel harmlos – und gut mit Selbstmedikationsarzneimitteln zu behandeln. Für die Beratung von Apothekenkunden, die unter gelegentlichem Sodbrennen leiden, stehen verschiedene Selbstmedikationsarzneistoffe zur Verfügung. Dazu gehören Antazida, Alginate und Protonenpumpeninhibitoren (PPI).

Antazida wirken schnell bei Reflux

Als Antazida werden in der Regel Aluminium-, Magnesium- und Calciumsalze oder Basen (CO32-, HCO3-, oder OH-) eingesetzt. Im Magen neutralisieren sie die dort vorhandene Salzsäure (teilweise). In der Folge der Neutralisation steigt der pH-Wert im Magen und die Umwandlung von Pepsinogen zu Pepsin wird gehemmt. Zudem werden Gallensäuren gebunden. Pepsin und Gallensäuren gelten neben Salzsäure ebenfalls als Aggressoren der Magenschleimhaut, wenn sie im Übermaß vorliegen.

Ein wesentlicher Vorteil von Antazida ist ihr lokaler Wirkmechanismus. Ihre Wirkung tritt dadurch sehr schnell ein, meist innerhalb von Minuten, und kann – je nach Wirkstoff – mehrere Stunden anhalten.

Verschiedene Antazida – unterschiedliche Neutralisationskapazität

In Deutschland sind verschiedene Antazida mit verschiedenen Salzen/Basen bzw. Stoffkombinationen auf dem Markt. Dazu gehören die Kombination aus Calcium- + Magnesiumcarbonat (z. B. Refluthin, Rennie), aus Magnesium- + Aluminiumhydroxid (mit Aluminiumhydroxid in Form von Algedrat in Maaloxan), Hydrotalcit (Talcid) sowie Magaldrat (Magaldrat-ratiopharm, Riopan).

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Der Unterschied liegt – je nach verwendeter Substanz – vor allem in der Neutralisationskapazität. Sie drückt aus, welche Mol-Menge an Salzsäure durch eine Dosis Antazidum neutralisiert werden kann und wird in Milival (mVal) angegeben. Empfohlen wird eine Neutralisationskapazität von mindestens 25 mVal pro Einzeldosis Antazidum.

Kontrollierte Säureneutralisation dank Schichtgitter

Bei Hydrotalcit und Magaldrat handelt es sich um sogenannte Schichtgitterantazida. Bei ihnen wechseln sich positiv geladene Schichten von miteinander vernetzten Aluminium- und Magnesiumionen mit negativ geladenen Ionenschichten ab. Die Säurepufferung erfolgt in Abhängigkeit vom pH-Wert. Ist er niedrig, sprich liegen große Mengen an Magensäure vor, werden die H+-Ionen der Säure durch das Schichtgitter rasch abgefangen und zu Wasser umgewandelt. Säurebedingte Beschwerden werden auf diese Weise schnell gelindert. Steigt der pH-Wert infolge der Säureneutralisation an, nimmt die Löslichkeit der Aluminium- und Magnesiumionen dagegen ab und der Prozess verlangsamt sich und kommt bei einem therapeutisch günstigen pH-Wert von 3 bis 5 schließlich zum Stopp. Die Gitterstruktur bewirkt also eine kontrollierte Neutralisation nur überschüssiger Magensäure.

Einnahmehinweise für Antazida

Antazida werden in der Regel gut vertragen. Sie können jedoch die Resorption anderer Arzneistoffe vermindern. Die Einnahme sollte daher etwa zwei Stunden vor oder nach der Einnahme anderer Arzneimittel erfolgen. Wird ein Antazidum in Form von Kautabletten gewünscht, sollte man bei der Abgabe darauf hinweisen, dass diese gründlich gekaut werden sollen. Die enthaltenen Wirkstoffe gelangen dann fein zerteilt in den Magen und können die Säure besser binden. Handelt es sich um vorportionierte Gele oder Suspensionen, sollten die Beutel vor dem Öffnen gründlich durchgeknetet werden, damit der Inhalt gut homogenisiert wird.

Bei der Abgabe von Aluminiumsalz-haltigen Antazida sollte dazu geraten werden, diese nicht mit einem säurehaltigen Getränk einzunehmen (Fruchtsäfte, Brausetabletten mit Fruchtsäuren, kohlensäure­haltiges Wasser), um eine verstärkte Resorption von Aluminium-Ionen aus dem Darm zu vermeiden.

Alginat – Schutzbarriere gegen Sodbrennen

Mit Natriumalginat wirken Gaviscon und Doppelherz aktiv Magen-Gel Sodbrennen und saurem Aufstoßen entgegen. Bei Natriumalginat handelt es sich um ein Polysaccharid, das im Magen mit Salzsäure reagiert und mit ihr ein zähflüssiges Gel bildet. Dieses Gel wirkt als Barriereschicht auf dem Mageninhalt, die den Rückfluss von saurem Magensaft in die Speiseröhre verhindern soll. Der pH-Wert im Magen wird anders als bei den Antazida durch Alginat nicht beeinflusst.

Die Wirkung tritt nach etwa 10 bis 20 Minuten ein und hält bis zu vier Stunden an. In Untersuchungen war die Verträglichkeit von Natriumalginat gut, Wechselwirkungen sowie relevante Nebenwirkungen sind nicht bekannt. In allen am Markt befindlichen Präparaten ist Natriumalginat allerdings mit Antazida kombiniert. Hintergrund dafür dürfte ein dadurch erzielter schnellerer Wirkeintritt und eine stärkere Wirksamkeit der Produkte sein.

Stark, aber langsam gegen Sodbrennen: PPI

Reine Antazida sowie Alginate + Antazida zeichnen sich durch ihre schnelle Wirkung aus. Allerdings hält diese nur für einige Stunden an. Mittel der Wahl bei stärkeren Refluxbeschwerden sind sie damit nicht. Hier punkten Protonenpumpeninhibitoren (PPI), die mittlerweile ebenfalls zum Selbstmedikations-Repertoire bei Sodbrennen gehören. PPI hemmen direkt und dosisabhängig die Protonenpumpe. Diese Transmembranproteine fördern Protonen aus den Belegzellen der Magenschleimhaut ins Mageninnere. Je mehr Protonen vorhanden sind, desto saurer wird das Magenmilieu. 

Durch die Blockade bewirken Protonenpumpeninhibitoren sowohl eine Hemmung der basalen als auch der stimulierten Säuresekretion. Es kommt zu einem lang anhaltenden Anstieg des pH-Werts im Magen – und somit zu einer lang anhaltenden Reduktion von Sodbrennen und saurem Aufstoßen. Für die Selbstmedikation verfügbare Substanzen aus der Wirkstoffklasse der Protonenpumpeninhibitoren sind Omeprazol, Esomeprazol und Pantoprazol, jeweils in der Dosierung 20 mg. 

Abgabehinweise für PPI

Zugelassen sind Selbstmedikations-PPI nur zur kurzzeitigen Behandlung von Sodbrennen und saurem Aufstoßen bei Erwachsenen. Bei ihrer Abgabe sollte hierauf hingewiesen werden. Weiterhin sollten Kunden wissen, dass es sich bei allen am Markt verfügbaren Präparaten um die Darreichungsform magensaftresistente Tabletten handelt. Diese dürfen nicht gekaut oder zerkleinert werden, sondern sollten mit ausreichend Flüssigkeit vor einer Mahlzeit eingenommen werden. Damit keine falschen Erwartungen entstehen, sollten Kunden zudem darauf hingewiesen werden, dass Protonenpumpenhemmer aufgrund ihres Wirkmechanismus nicht sofort wirken. Ihre maximale Wirksamkeit erreichen PPI erst nach einigen Tagen.

Abgefragt werden muss bei der Abgabe von PPI weiterhin die mögliche Einnahme anderer Arzneimittel. Protonenpumpeninhibitoren dürfen nicht gleichzeitig mit HIV-Proteasehemmern angewendet werden, da die Resorption der Proteasehemmer nur bei einem sauren Magen-pH-Wert ausreichend gut erfolgt. Wechselwirkungen bestehen zudem mit Wirkstoffen, die CYP-abhängig verstoffwechselt werden, z. B. Clopidogrel, da PPI Inhibitoren von CYP2C19 sind.

Selbstmedikation bei Sodbrennen

WirkstoffgruppeWirkstoffeWirkprinzipPräparate (eine Auswahl)
AntazidaAluminium-, Magnesium-, Kalium- und Calciumsalze oder Basenneutralisieren Magensäure, hemmen die Umwandlung von Pepsinogen zu Pepsin, binden GallensäurenMaaloxan, Refluthin, Rennie, versch. Generika
SchichtgitterantazidaMagaldrat, Hydrotalcitneutralisieren Magensäure, hemmen die Umwandlung von Pepsinogen zu Pepsin, binden Gallensäuren, Säurepufferung in Abhängigkeit vom pH-WertRiopan, Magaldrat-ratiopharm, Talcid
AlginatNatriumalginatreagiert im Magen mit Salzsäure und bildet mit ihr ein zähflüssiges Gel, wirkt als Barriere auf dem Mageninhalt und verhindert so den RefluxGaviscon, Doppelherz aktiv Magen-Gel
Protonen- 
pumpenhemmer
Omeprazol 
Esomeprazol Pantoprazol  
hemmen direkt und dosisabhängig die Protonenpumpe und darüber die Abgabe von Protonen in das Mageninnereversch. Omeprazol-Generika 
Nexium Control 
Pantozol Control

Dr. Beatrice Rall, Redakteurin DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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