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Overwiening: „Wir werden eskalieren!“

Berlin - 28.02.2023, 07:00 Uhr

Stellte sich erneut den Fragen der Apothekerinnen und Apotheker: ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. (Foto: ABDA / Facebook)

Stellte sich erneut den Fragen der Apothekerinnen und Apotheker: ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. (Foto: ABDA / Facebook)


Die ABDA will es wissen: Am heutigen Dienstag kommt der Gesamtvorstand zusammen. Er soll vor dem Hintergrund des laufenden Gesetzgebungsverfahrens zum Lieferengpass-Gesetz einen Forderungskatalog der Apothekerschaft beschließen. Auch über einen Eskalationsplan soll der Vorstand abstimmen für den Fall, dass die Politik etwa bei den erleichterten Abgaberegeln nicht einlenkt.

Mit seinem Entwurf eines Lieferengpass-Gesetzes hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bei der Apothekerschaft einen Nerv getroffen. Nicht nur, dass die Kolleginnen und Kollegen die 50 Cent Aufwandsentschädigung, die sie für das Management bestimmter Lieferengpässe bekommen sollen, als Beleidigung empfinden – sie nehmen dem Minister auch übel, dass er den Handlungsspielraum der Apothekenteams bei der Rezeptbelieferung im Vergleich zu den erleichterten Abgaberegeln aus der Pandemie wieder deutlich beschneiden will.

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Der Druck auf ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening wächst derweil: Als sie sich beim gestrigen Facebook-Livetalk, den die ABDA regelmäßig veranstaltet, den Fragen der Apothekerinnen und Apothekern stellte, wurde sie gleich mehrfach gefragt, was sie nun tun wolle, um im laufenden Gesetzgebungsprozess doch noch spürbare Impulse zugunsten der Apothekerschaft zu setzen.

Overwiening hatte bereits bei Bekanntwerden des Entwurfs deutliche Worte gefunden – zunächst in einer Pressemitteilung und einem Videostatement, später in einem offenen Brief an den Minister. Und auch im Livetalk zeigte sie sich „entsetzt“ angesichts der geplanten Einschränkung der erleichterten Abgaberegeln für die Apotheken. „Wer so etwas in ein Gesetz schreibt, weiß überhaupt nicht, was an der Basis in der Apotheke passiert, was wir dort leisten.“

Nicht nur das: Da das Gesetz mit dem sperrigen Namen Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) wohl erst im Sommer in Kraft treten wird, droht sogar eine Regelungslücke ab Ostern. Denn am 7. April läuft die SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung, die derzeit den Apotheken noch Beinfreiheit bei der Rezeptbelieferung garantiert, aus – unweigerlich, wie das BMG auf DAZ-Nachfrage klarstellte. Denn dann erlischt die Ermächtigungsgrundlage für das Ministerium. Eine Verlängerung ist also ausgeschlossen.

Doch die ABDA will das offenbar nicht kampflos hinnehmen: Wie Overwiening ankündigte, soll heute der ABDA-Gesamtvorstand zusammenkommen und einen Forderungskatalog für die Apothekerschaft beschließen. Zudem werden die Vertreter:innen der Mitgliedsorganisationen über einen Eskalationsplan beraten und abstimmen, in dem geregelt ist, welche Schritte wann einzuleiten sind, wenn die Politik nicht einlenkt. Fest steht der Präsidentin zufolge: „Wir werden eskalieren!“

Welche Elemente dieser Plan enthalten wird, ließ Overwiening weitgehend offen. Klar ist aber wohl, dass die Apotheken deutschlandweit angehalten werden sollen, ihre Patientinnen und Patienten auf die Missstände aufmerksam zu machen. Sollte der Punkt erreicht sein, an dem eine Regelungslücke bei den erleichterten Abgaberegeln unvermeidbar wird, sollen die Teams die Menschen darüber informieren, dass es auf das Konto der Politik geht, wenn sie bald nicht mehr versorgen können. 

Ziel müsse es jedoch sein, diesen Zustand zu verhindern – daher versuche die ABDA jetzt, Abgeordnete zu mobilisieren, damit diese zum Beispiel über einen Änderungsantrag die ersehnte Regelung in ein anderes Gesetzgebungsverfahren einschleusen, das früher abgeschlossen sein wird als das zum ALBVVG. Überdies dränge die Standesvertretung nach wie vor auf eine Audienz beim Minister, um ihre Anliegen erneut vortragen zu können.

Auch die Ärzte in der Fläche will Overwiening mitnehmen. Denn anders als die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die kürzlich den Wegfall der vereinfachten Austauschregeln für Apotheken gefordert hatte, seien die Praxen vor Ort durchaus dankbar dafür, dass die Apotheken derzeit noch ohne viel Aufhebens auf Alternativen ausweichen können, wenn das verordnete Präparat nicht verfügbar ist.

Das gesamte Video zum ABDA-Facebook-Talk finden Sie hier:



Christina Grünberg, Apothekerin, Redakteurin DAZ (gbg)
cgruenberg@daz.online


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5 Kommentare

Wir werden eskalieren

von Rita Längert am 28.02.2023 um 13:13 Uhr

Indem wir Abgeordnete ansprechen und unsere Kunden über unsere Situation aufklären? Was meint Frau Overwiening, was wir in den letzten Monaten gemacht haben????
Selfies mit Kunden ( s. Apotheke adhoc) das wird sicher sowas von eskalieren!!!
Ich wäre für den Tag der Effizienzreservensuche am 10.04., alle Apotheken zu (interne Fortbildung), und wenn man nicht fündig wird auch gerne noch den Rest der Woche dranhängen!!!!
Liegt wahrscheinlich daran, das ich unter Eskalation etwas anderes verstehe als die ABDA.

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Eskalation

von Wolfgang Steffan am 28.02.2023 um 10:42 Uhr

Ach Gott, wie mag denn wohl die Eskalation aussehen ?
Zum Streik am Mittwoch-Nachmittag jetzt auch noch am
Samstag-Nachmittag, damit es ja niemand merkt ?
Bin gespannt, wird wohl wieder so eine Lächerlichkeit sein.
Die Politiker kennen doch ihre Apotheker inzwischen und
schmunzeln.

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Eskalation, naja

von Dr. House am 28.02.2023 um 10:14 Uhr

Man könnte es auch mal eine ganz normale Protestaktion nennen. "Aus allen Rohren schießen" hat ja schon gezeigt, je größer die Wörter, die man wählt sind, desto lächerlicher sieht man nachher aus, wenn die Aktion im Nichts versandet.
Notdienste kürzen, hier und da mal einen Streik und alles ohne große Worte selbstbewusst und geschlossen, wie die Ärzte, durchziehen. Wichtig ist, dass die Aktion an den richtigen Stellen "wehtut" und nicht nur im Gehörgang.

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Eskalieren

von C.P. am 28.02.2023 um 7:13 Uhr

Wie wäre es, wenn die Kammern (ja ist ein bisschen Arbeit!)
die Notdienstbezirke einfach verdoppeln oder verdreifachen?
(Dienste spürbar ausdünnen)
Das ist ein Effekt der leicht schnell umsetzbar ist auch juristisch kein großes Risiko und er zeigt ganz gut in der Praxis auf, wie die Zukunft bei der derzeitigen Schließungsquote aussehen wird, bei den derzeitigen Rahmenbedingungen.
Kann man den Vorschlag eventuell mal diskutieren und die anderen geplanten "Eskalationen" überspringen?

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AW: Eskalieren

von Hermann Eiken am 28.02.2023 um 9:06 Uhr

Für kurze Zeit die Notdienstkreise nicht nur doppelt so groß oder dreimal so groß machen sondern fünf oder 10 mal so groß wie zum Beispiel es bei Augenärzten oder Zahnärzten ohnehin schon der Fall ist. Dort muss man auf dem land bis zu 70 Kilometer fahren. ---Das würde die Politik bewegen!

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