Es hilft, es hilft nicht

Welche Patientengruppen profitieren von Remdesivir?

Stuttgart - 23.02.2023, 10:45 Uhr

Muss intravenös verabreicht werden: das Adenosin-Analogon Remdesivir. (Foto: cristianstorto  / Adobe stock)

Muss intravenös verabreicht werden: das Adenosin-Analogon Remdesivir. (Foto: cristianstorto  / Adobe stock)


Zu der Frage, für welche COVID-19-Patient:innen das Virostatikum Remdesivir einen klinischen Benefit hat, sind zuletzt widersprüchliche Studienergebnisse publiziert worden. Eine Metaanalyse hat nun die Daten von fast 10.500 ungeimpften Patient:innen ausgewertet und konnte einen signifikanten Überlebensvorteil nur für die Subgruppe der nicht oder nur konventionell Beatmeten feststellen.

Wer die Forschung rund um das COVID-19-Medikament Remdesivir in den letzten Jahren eng verfolgt hat, hat eine wahre Achterbahnfahrt mitgemacht: Vom Hoffnungsträger zur Enttäuschung war jede Bezeichnung für das Adenosin-Analogon schon mal in den Schlagzeilen zu lesen. Um ein wenig Licht ins Dunkel der Verwirrung zu bringen, hat eine Schweizer Forschungsgruppe in einer Metaanalyse bereits publizierte Studien zusammenfassend ausgewertet.

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Für ihre aufwendige „individual patient data meta-analysis“ werteten die Forscher:innen die Originaldaten der Patient:innen von acht randomisiert-kontrollierten Studien aus, die Remdesivir mit Placebo (zwei Studien) oder mit der jeweils übliche Standardversorgung (sechs Studien) verglichen hatten. Insgesamt umfasste ihre Metaanalyse so Datensätze von 10.480 ungeimpften Patient:innen aus über 40 verschiedenen Ländern. Anhand dieser prüften die Wissenschaftler:innen den Nutzen und die Nebenwirkungen von Remdesivir, wobei sie verschiedene Faktoren wie das Alter der Patient:innen, den Abstand zwischen Symptom- und Medikationsbeginn, den Beatmungsstatus, Komorbiditäten oder eine begleitende Kortikosteroidtherapie berücksichtigten.

Signifikanter Benefit für nicht oder konventionell Beatmete

Eine signifikante Reduktion der Sterblichkeit innerhalb des Beobachtungszeitraumes von 28 Tagen nach Medikationsbeginn konnten die Forscher:innen lediglich für die Subgruppe der nicht oder nur konventionell beatmeten (low-flow oxygen support) Patient:innen zeigen. Hier verstarben 2 Prozent weniger Menschen in der Remdesivir- als in der Vergleichsgruppe. Die number needed to treat für den das Virostatikum lag somit bei 50. 

Weiterhin benötigten weniger Patient:innen der Remdesivir-Gruppe in der Folgebehandlung eine intensive Beatmungstherapie. Bezogen auf das gesamte Patient:innenkollektiv, hatte die Therapie mit Remdesivir keinen Einfluss auf die Behandlungsdauer im Krankenhaus. Schwere Nebenwirkungen traten bei mit Remdesivir behandelten Patient:innen insgesamt nicht häufiger auf als in der Kontrollgruppe.

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Insgesamt sehen die Forscher:innen Ihre Ergebnisse im Einklang mit den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation, gemäß denen Remdesivir bei Patient:innen mit schwerem, aber nicht mit kritischem Erkrankungsverlauf zum Einsatz kommen kann. Trotz ihrer umfangreichen Untersuchungen sind aber nach den Angaben des Forschungsteams viele Fragen offengeblieben. Die dringendsten darunter sind die Frage nach der Wirksamkeit bei intensiv beatmeten Patient:innen und geimpften Patient:innen sowie die Frage nach der Kosten-Nutzen-Effektivität des Arzneimittels. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass im Jahr 2023 die Mehrzahl der Patient:innen weltweit bereits geimpft oder genesen sind, stellt sich daher die Frage, inwieweit die Studienergebnisse in der Praxis angewendet werden können.


Gesa Gnegel, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (gg)
redaktion@daz.online


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