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Isotretinoinverordnungen richtig beliefern – Fallstricke vermeiden

Köln - 23.02.2023, 07:00 Uhr

(Grafik: Druckerei Kohlhammer)

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An Verordnungen über Isotretinoin ist auf den ersten Blick nichts Ungewöhnliches zu finden – sie werden auf einem gewöhnlichen Muster-16-Formular ausgestellt, sind somit optisch unauffällig und rutschen bei der Kontrolle schnell durch. Dabei gibt es bei dieser Gruppe einiges zu beachten, um Retaxierungen zu vermeiden. Ein FAQ.

Wofür wird Isotretinoin eingesetzt?

Isotretinoin wird bei schweren Formen der Akne eingesetzt, wenn Standardbehandlungen mit systemischen Antibiotika versagen und die Gefahr dauerhafter Narben besteht. Meist leiden junge, männliche Patienten an diesen schweren Akneformen, es können aber auch Frauen betroffen sein.

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Gibt es nur Isotretinoinverordnungen oder sind auch andere Wirkstoffe möglich?

Isotretinoin ist ein Stoff aus der Gruppe der Retinoide. Weitere in Arzneimitteln enthaltene Wirkstoffe sind Alitretinoin oder Acitretin.

Wie sieht eine Isotretinoin-Verordnung aus?

Retinoide wie Isotretinoin werden auf einem gewöhnlichen Muster-16-Formular (rosa Rezept) oder gegebenenfalls auf einem Privatrezept verordnet. Eine besondere Kennzeichnung am Formular selbst gibt es nicht.

Warum gibt es für Retinoid-Rezepte besondere Auflagen?

Retinoide sind teratogen – also fruchtschädigend – und unterliegen daher einer besonderen Kontrolle. Ein gesondertes Rezeptformular wie bei den T-Rezepten gibt es allerdings nicht.

Welche besonderen Bedingungen gelten für Retinoid-Verordnungen?

Grundsätzlich muss bereits vor der Verordnung des Arzneimittels eine Schwangerschaft durch den verordnenden Arzt ausgeschlossen werden. Darüber hinaus dürfen Patientinnen im gebärfähigen Alter nur einen Bedarf für bis zu 30 Tage verordnet bekommen. Für Männer besteht kein Risiko einer Fruchtschädigung (anders als bei Lenalidomid, Pomalidomid und Thalidomid), weswegen hier wie bei einem normalen Kassenrezept vorgegangen werden darf.

Wie lange ist ein Retinoid-Rezept gültig?

Verordnungen über Retinoide wie Isotretinoin für Frauen im gebärfähigen Alter sind laut § 3b AMVV innerhalb von 6 Tagen nach Ausstellung in der Apotheke einzulösen. Das bedeutet, dass das Rezept 6+1 Tage gültig ist.

Gibt es eine Prüfpflicht für den 30-Tage-Bedarf?

Spätestens seit Inkrafttreten der verpflichtenden Dosierungsanweisung auf Kassenrezepten kann und muss das Apothekenpersonal die verordnete Menge bei einer Isotretinoinverordnung auf Korrektheit prüfen. Wenn einer Frau im gebärfähigen Alter eine Menge für einen Bedarf von mehr als 30 Tagen verordnet bekommt, kann dies zur Retaxierung durch die Krankenkasse führen. Begründet wird dies in der Sorgfaltsplicht der Apotheke. Sollte die Dosierung auf dem Rezept fehlen, muss die Apotheke diese nach Rücksprache mit dem Arzt ergänzen, um Retaxierungen zu vermeiden.

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Reicht das Kürzel „Dj“ bei einer Isotretinoinverordnung aus?

Tatsächlich gab es schon Fälle von Retaxationen aufgrund nicht ausreichend detaillierter Dosierangabe auf Isotretinoin-Rezepten. Daher sollte hier stets die genaue Dosierung erfragt und auf dem Rezept vermerkt werden. Wie immer ist eine solche Ergänzung mit Datum und Unterschrift des Apothekenmitarbeiters zu versehen.

Wie ist eine Frau im gebärfähigen Alter definiert?

Leider gibt es keine klare Definition, wann eine Frau als gebärfähig gilt. Zwar findet sich in der Fachlektüre teils ein grober Rahmen, wann eine Frau als nicht mehr gebärfähig zählen kann, verpflichtend oder gar bindend sind diese allerdings nicht. So werden zwar häufig ein Alter ab 55 Jahren sowie ein Zeitraum von mehr als einem Jahr, in dem die Frau amenorrhoisch gewesen ist, angegeben, dies gibt der Apotheke jedoch keine rechtliche Sicherheit.

Sind Apotheken verpflichtet, den Status der Gebärfähigkeit der Patientin zu prüfen?

Apotheken haben weder die Pflicht noch die Möglichkeit, die Gebärfähigkeit einer Frau festzustellen. Dies obliegt allein dem Arzt. Dennoch sollte das Apothekenpersonal hellhörig werden, wenn eine Menge für einen Zeitraum von mehr als 30 Tagen für eine Frau verordnet wird, die möglicherweise gebärfähig ist. Hier empfiehlt es sich, Rücksprache mit dem Arzt zu halten und das Ergebnis des Gesprächs auf dem Rezept zu dokumentieren. Andernfalls könnte es nämlich zu Retaxierungen kommen – ob berechtigt oder nicht, sei dahingestellt.

Was ist in der Beratung von Isotretinoin-Patientinnen hinsichtlich der Verhütung zu beachten?

Patientinnen sollten darauf hingewiesen werden, dass während des Einnahmezeitraums sexuelle Verhütung vorgenommen werden sollte. Die Verhütung muss dabei bis zwei Monate nach Ende der Therapie fortgeführt werden. Bei möglicher unerwünschter Schwangerschaft während des Einnahmezeitraums (etwa aufgrund einer Verhütungspanne) ist sofort der verordnende Arzt bzw. der Frauenarzt aufzusuchen. Es kann ein Schwangerschaftsabbruch notwendig sein. 

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Beeinflussen Retinoide die Wirkung der „Pille“?

Die Wirkung von hormonellen Kontrazeptiva kann durch die Einnahme von Retinoiden beeinflusst werden. Es sollte sich daher nicht allein auf hormonelle Verhütungsmethoden verlassen werden.

Gibt es weitere Beratungshinweise, die für alle Patienten wichtig sind?

Ja, durch Retinoide kann eine Photosensitivität entstehen. Sonnenlicht und Solarium sind daher zu meiden. Ist dies nicht möglich, sollte Sonnenschutz mit entsprechend hohem Lichtschutzfaktor verwendet werden. Es können Wechselwirkungen mit Tetracyclinen auftreten, daher ist die Gleichzeitige Einnahme zu vermeiden. Der Verordner des Antibiotikums sollte in jedem Fall darüber informiert werden, dass Retinoide eingenommen werden. Auch sollte die Einnahme von Vitamin-A-Supplementen vermieden werden.

Kann während der Einnahme von Isotretinoin Blut gespendet werden?

Nein, während der Einnahme von Retinoiden darf kein Blut gespendet werden. Erst einen Monat nach Beenden der Therapie darf wieder Blut gespendet werden.


Thomas Noll, PTA, DAZ-Autor
redaktion@daz.online


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