Milchzucker-Unverträglichkeit

Lactoseintoleranz – was können Selbsttests?

Stuttgart - 15.02.2023, 17:50 Uhr

Vertrage ich das? Ob eine Milchzuckerunverträglichkeit vorliegt, kann mithilfe von Atemlufttests bestimmt werden. (Foto: KMPZZZ / AdobeStock)

Vertrage ich das? Ob eine Milchzuckerunverträglichkeit vorliegt, kann mithilfe von Atemlufttests bestimmt werden. (Foto: KMPZZZ / AdobeStock)


Ein Test auf Lactoseintoleranz in der Arztpraxis ist mit lästiger Wartezeit verbunden. Stellen Selbsttests, die zu Hause durchgeführt werden, eine zuverlässige Alternative dar?

Wenn nach Mahlzeiten regelmäßig gastrointestinale Symptome wie Bauchschmerzen, Blähungen oder Durchfall auftreten, liegt der Verdacht auf eine Nahrungsmittelunverträglichkeit nahe. Ob Milchzucker (Lactose) nicht vertragen wird, kann in der Arztpraxis durch einen Atemtest festgestellt werden. Glaubt man der Werbung, machen Selbsttests für zu Hause den Gang in die Praxis jedoch überflüssig. Allerdings gibt es bei der Durchführung in Eigenregie einiges zu beachten.

Resorptionsstörung verursacht Symptome

Die Lactose-Unverträglichkeit gehört zu den nichtallergischen Nahrungsmittelintoleranzen, das Immunsystem ist dabei nicht beteiligt. Vielmehr kann der über die Nahrung aufgenommene Milchzucker im Dünndarm nicht resorbiert werden und gelangt daher in tiefere Darmabschnitte.

Im Dickdarm kommt es dann auf osmotischem Weg zu einem Einstrom von Wasser. Zusätzlich wird die Lactose durch Darmbakterien in Methan, Kohlenstoffdioxid und Wasserstoff zersetzt. Dies führt zu den typischen Verdauungsbeschwerden. 

Eine Behandlung mit Medikamenten ist bei einer Unverträglichkeit von Milchzucker nicht möglich, eine Ernährungsumstellung ist unumgänglich. Betroffene müssen die Aufnahme von Lactose zwar nicht ganz vermeiden, aber dennoch deutlich einschränken. 

Schlüsselenzym Lactase

Milchzucker wird in den Milchdrüsen von Säugetieren gebildet, in der Kuhmilch beträgt der Anteil an Lactose rund 4,5 Prozent. Als Disaccharid kann Milchzucker vom Verdauungstrakt nicht aufgenommen werden, weshalb dieser im Verlauf der Verdauung durch das Enzym Lactase in seine beiden Grundbausteine (Glucose und Galactose) zerlegt werden muss.

Zur Erinnerung: Resorption von Mono- und Disacchariden 

Im Dünndarm können nur Monosaccharide wie Glucose oder Fructose über die Schleimhaut aufgenommen und verstoffwechselt werden. Disaccharide, wie Lactose, müssen zuvor gespalten werden.

Während Säuglinge und Kleinkinder Milch meist gut vertragen, gehört die Unverträglichkeit von Lactose bei Erwachsenen mit zu den häufigsten Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Denn mit dem Alter nimmt die Aktivität der Lactase ab. Eine Lactoseintoleranz liegt aber erst vor, wenn bereits nach dem Trinken von einem Glas Milch, welches rund 8 bis 10 Gramm Milchzucker enthält, Beschwerden entstehen. 

Bei Darmerkrankungen wie Zöliakie oder Morbus Crohn kann es ebenfalls zu einer eingeschränkten Aktivität der Lactase kommen. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer sekundären Lactoseintoleranz. Bessert sich die Grunderkrankung, kann auch die Lactose meist wieder besser verstoffwechselt werden.

Atemlufttest bei Verdacht auf Lactoseintoleranz

Bei einem Verdacht auf eine Milchzuckerunverträglichkeit wird zur Diagnose meist ein sogenannter H2-Atemtest durchgeführt. Dabei wird der Wasserstoffgehalt der ausgeatmeten Luft in der Einheit parts per million (ppm) gemessen. 

Wasserstoff wird im menschlichen Körper nur im Dickdarm unter dem Einfluss bestimmter Bakterien gebildet. Das Gas gelangt über die Darmwand ins Blut und wird über die Lunge abgeatmet. Zunächst wird daher der individuelle Wasserstoffgehalt der Ausatemluft gemessen. Unmittelbar danach wird eine Milchzucker-Lösung getrunken. Bei einer vorliegenden Unverträglichkeit gelangt nun der überwiegende Teil der Lactose in den Dickdarm, wo unter Einfluss von Bakterien Wasserstoff-Gas entsteht. 

Über einen Zeitraum von bis zu drei Stunden wird dann alle 30 Minuten der H2-Gehalt der Ausatemluft gemessen. Steigt dieser deutlich an und treten Beschwerden im Magen-Darm-Bereich auf, kann von einer Unverträglichkeit ausgegangen werden. 

Wie sind Lactoseintoleranz-Selbsttests anzuwenden?

Auch die Tests für zu Hause funktionieren nach dem gleichen Prinzip: Es wird ebenfalls der Wasserstoffgehalt der ausgeatmeten Luft über mehrere Stunden gemessen. Die Hersteller werben damit, dass die nötigen Proben zu Hause entnommen werden können und so lästige Wartezeiten beim Arzt entfallen. 

Der Test muss nüchtern durchgeführt werden, d. h. 12 Stunden vor der Durchführung darf keine Nahrung mehr konsumiert werden.

Zunächst muss auch hier eine Atemluftprobe als Referenz genommen werden. Dazu wird über ein Mundstück in ein Atemluftröhrchen geatmet. Anschließend werden 550 ml Kuhmilch getrunken und dann regelmäßig weitere Atemluftröhrchen befüllt. Am Ende des Tests werden diese in einen Luftpolsterbeutel gegeben und per Post zur Auswertung an ein medizinisches Labor verschickt. 

Viele Stolpersteine bei der Durchführung

Von der Durchführung eines Selbsttests auf Lactoseintoleranz muss abgeraten werden, denn solche Testverfahren gehören in die Hände eines Arztes. Sollte der Test tatsächlich positiv ausfallen, ist ohnehin ein Gang zum Arzt nötig, um die Diagnose zu bestätigen. 

Auch bei einem negativen Ergebnis sollte, sofern Beschwerden vorliegen, ein Arzt konsultiert werden. Denn vor und während der Probenentnahme ist einiges zu beachten, sodass es leicht zu einem falsch-negativen Test kommen kann. 

Bereits 24 Stunden vorher sollte auf bestimmte blähende oder ballaststoffreiche Nahrungsmittel verzichtet werden. Auch Lebensmittel mit Lactose dürfen nicht gegessen werden. Die Entnahme der Proben sollte vor dem Zähneputzen erfolgen und während der Probenahme sollte möglichst kein Wasser getrunken werden. 

Auch vor Kurzem eingenommene Antibiotika und Protonenpumpenhemmer sowie durchgeführte Darmspülungen können das Ergebnis beeinflussen. Ganz nebenbei bemerkt, ist auch der praktische Umgang mit dem Mundstück und dem Atemluftröhrchen nicht ganz einfach. 

Tipps für Menschen mit Lactoseintoleranz

Nach der Diagnose einer Milchzuckerunverträglichkeit müssen die Betroffenen ihren Speiseplan umstellen. Die Apotheke kann dabei wertvolle Hilfe leisten und genauer informieren. 

Grundsätzlich sind bei einer Lactoseintoleranz natürlich Milch und Milchprodukte zu vermeiden. Joghurt wird dagegen von den meisten Patienten gut vertragen, da die bei der Herstellung eingesetzten Bakterienstämme zusätzlich Lactase enthalten. Auch Butter und lang gereifter Käse haben nur einen geringen Gehalt an Lactose und können daher konsumiert werden. 

In zahlreichen Supermärkten sind mittlerweile auch lactosefreie Milchprodukte erhältlich. Bei solchen Produkten wird der Milchzucker bereits bei der Herstellung enzymatisch gespalten. 

Gut zu wissen: Lactosefreie Lebensmittel

  • Obst und Gemüse,
  • Reis, Nudeln und Kartoffeln,
  • Marmelade und Honig,
  • Eier,
  • Nüsse,
  • Speiseöle,
  • Pflanzenmargarine,
  • Getreide,
  • Fisch und Fleisch (unverarbeitet).

Darüber hinaus gibt es auch Enzym-Präparate in Form von Tabletten oder Pulver. Diese enthalten die fehlende Lactase und sollen vor den typischen Beschwerden beim Verzehr von Milchprodukten schützen. Allerdings wirken diese nur, wenn sie in ausreichend hoher Dosierung und unmittelbar zur lactosehaltigen Mahlzeit eingenommen werden. Für den dauerhaften Einsatz sind diese ohnehin nicht bestimmt, denn die wirksamste Therapie ist und bleibt eine Anpassung der Ernährung.

Was ist bei lactosehaltigen Arzneimitteln zu beachten? 

Zahlreiche feste Darreichungsformen wie Tabletten oder Kapseln enthalten Lactose als Hilfsstoff. Die meisten Kunden mit Milchzucker-Unverträglichkeit sind daher verunsichert, was die Einnahme von Arzneimitteln betrifft. In diesem Zusammenhang kann in der Apotheke wichtige Aufklärung geleistet werden. 

Der Anteil an Milchzucker ist meist sehr niedrig, weshalb auch bei einer Intoleranz lactosehaltige Arzneimittel eingenommen werden dürfen. Die meisten Betroffenen haben zwar eine verringerte Aktivität des Enzyms Lactase, kleine Mengen Milchzucker können aber dennoch problemlos abgebaut werden. Um die Therapietreue (Compliance) der Patienten nicht zu gefährden, kann trotzdem ein Ausweichen auf Milchzucker-freie Alternativen sinnvoll sein.


Dr. Annina Bergner, Apothekerin, Autorin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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