Polymedikation

Digital zu mehr Arzneimitteltherapiesicherheit – 14 Krankenhäuser im TOP-Projekt

Stuttgart - 13.01.2023, 13:45 Uhr

Medikationsfehler – gefährlich und teuer. Da in Krankenhäusern besonders viele und komplizierte Arzneimitteltherapien durchgeführt werden, sollte hier besonders auf Fehler geachtet werden. (Foto: StratfordProductions / Adobe Stock)

Medikationsfehler – gefährlich und teuer. Da in Krankenhäusern besonders viele und komplizierte Arzneimitteltherapien durchgeführt werden, sollte hier besonders auf Fehler geachtet werden. (Foto: StratfordProductions / Adobe Stock)


Seit 2020 betreibt die Barmer Krankenkasse das TOP-Projekt zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit in Krankenhäusern. Bis dato haben sich 14 Krankenhäuser beteiligt und rund 750 Patient:innen profitiert. Krankenhausapotheker:innen spielen hier eine wichtige Rolle.

Der digitale Wechselwirkungscheck gehört zu den Funktionen von Apothekensoftware, die kein Apothekenteam missen möchte. Doch damit ein solcher Check wirklich Sicherheit gibt, müssen Medikationsdaten in vollständiger und aktueller Form vorliegen. Dies ist in der Praxis nicht immer der Fall. Dass solcherlei Informationslücken regelmäßig zu vermeidbaren Risiken und Fehlern in der Arzneimitteltherapie führen, hat auch die Barmer auf dem Schirm. Seit mehreren Jahren betreibt sie Projekte, um die Arzneimittelsicherheit (AMTS) mit digitaler Hilfe zu verbessern. Diese werden vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses finanziell gefördert. 

Eines davon, TOP (Transsektorale Optimierung der Patientensicherheit), setzt auf der Ebene der Krankenhäuser an und wird gemeinsam mit der AOK Nordost realisiert. Werden Patient:innen in Akutsituationen in die Klinik eingeliefert, fehlen dem medizinischen Fachpersonal oft Informationen über Vorerkrankungen und aktuell eingenommene Medikamente. Diese zu beschaffen kostet wertvolle Zeit, im Schnitt 22 Minuten. Andererseits ist es auch keine gute Option, Patient:innen in den OP zu fahren, ohne vorher klären zu können, ob und welche Gerinnungshemmer eingenommen werden.

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In Deutschland wird das im Jahr 2020 gestartete TOP-Projekt in mittlerweile 14 Krankenhäusern umgesetzt. Darunter jetzt auch das Klinikum Frankfurt (Oder), in welchem nun alle Vorbereitungsmaßnahmen und Testläufe erfolgreich abgeschlossen werden konnten, wie es in einer gemeinsamen Pressemeldung des Klinikums, der Barmer und der AOK Nordost vom 11. Januar 2023 heißt.

Werden bei einer der beiden Krankenkassen versicherte Patient:innen in das Frankfurter (oder ein anderes teilnehmendes) Krankenhaus eingeliefert und nehmen sie regelmäßig mehrere Medikamente ein, so wird ihnen dort eine Teilnahme am TOP-Projekt angeboten. Stimmen sie zu, kann das Krankenhauspersonal die Behandlungsdaten der letzten drei Jahre digital bei der Krankenkasse abrufen. Rund 750 Patient:innen hätten von diesem Angebot bereits Gebrauch gemacht.

Zentrale Rolle für Krankenhausapotheker:innen

„Es erfolgt eine elektronisch unterstützte AMT(S)-Prüfung der Arzneitherapie, wobei Ärzte durch Apotheker unterstützt werden“ erklärt der Barmer Arzneimittelreport 2022 das weitere Vorgehen und liefert auch gleich eine Begründung: „Wird der Arzt bei der Arzneimittelanamnese durch Apotheker unterstützt, kann dies in Kombination mit elektronischer Verordnungsunterstützung das Risiko vermeidbarer UAW um 62 Prozent reduzieren“. Apotheker:innen spielen auch im weiteren Prozess eine wichtige Rolle: Hochrisikopatient:innen wird „eine arztunterstützende Mitbetreuung durch Stationsapotheker“ in chirurgischen Abteilungen zuteil. Zu guter Letzt sind die Krankenhausapotheker:innen auch in das Entlassmanagement involviert – die Unterlagen, welche Medikamente und aus welchem Grund umgestellt wurden, erhält der Hausarzt ebenfalls digital. Auch hier untermauert die Barmer den Einsatz von Apotheker:innen direkt mit Zahlen: Der Einsatz von Pharmazeut:innen im Entlassprozess reduziere Medikationsfehler um 58 Prozent.

Auch wenn TOP einen wichtigen und richtigen Ansatz verfolgt: Aktuell dürften die von der Krankenkasse übermittelbaren Daten noch nicht ganz vollständig sein, fehlen hier beispielsweise Arzneimittel aus der Selbstmedikation. Aber auch für dieses Problem hat die Ersatzkasse ein Projekt. Mit eRIKA soll auch diese Lücke noch geschlossen werden.


Gesa Gnegel, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (gg)
redaktion@daz.online


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