Fünf Fragen an … Jan Harbecke

„Besser, etwas zu tun, als alles mit sich machen zu lassen“

Berlin - 02.01.2023, 07:00 Uhr

Jan Harbecke, Vorstandsmitglied des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe (Foto: Florian Roy, Schlag und Roy GmbH)

Jan Harbecke, Vorstandsmitglied des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe (Foto: Florian Roy, Schlag und Roy GmbH)


Die apothekerliche Berufspolitik ist komplex. Die DAZ will von jungen Kammer- und Verbandsvorständen wissen, weshalb es sich trotzdem lohnt, sich einzubringen, welche Ziele sie sich gesetzt haben und welche Einstiegshürden sie sehen. Unsere fünf Fragen stellen wir heute Jan Harbecke, Verbandsvorstand aus Westfalen-Lippe.

STECKBRIEF
 

Name

Jan Harbecke

Alter 

37

Approbiert seit

2011

Ich arbeite als 

selbstständiger Apotheker

Berufsorganisation und Position 

Vorstandsmitglied des Apothekerverbands Westfalen-Lippe (AVWL), Mitglied der Kammerversammlung Westfalen-Lippe (AKWL)

DAZ: Herr Harbecke, warum engagieren Sie sich standespolitisch?

Harbecke: Fachkräftemangel, Erhöhung des Kassenabschlags, explodierende Kosten und galoppierende Inflation – aktuell sehe ich die Apotheke vor Ort und die flächendeckende Versorgung der Menschen vielen Risiken ausgesetzt. In dieser Situation empfinde ich es als äußerst sinnstiftend, für den freien Beruf und für eine gute und sichere Gesundheitsversorgung einzutreten. 

Es mag uns aufgrund des Kräfteungleichgewichts nicht immer gelingen, gegenüber Kassen und Politik all unsere Wünsche und Forderungen durchzusetzen. Trotzdem ist es besser, etwas zu tun, als alles mit sich machen zu lassen. Ich möchte einen Beitrag leisten, die von Inhabern geführte Apotheke zukunftsfähig zu entwickeln. Es macht mir zudem enormen Spaß, mich mit Kolleginnen und Kollegen auszutauschen, Informationen aus meinem Berufsalltag zum Vorteil aller in die Verbandsarbeit einzubringen, aber auch von den Erfahrungen der anderen zu profitieren. Und nicht zuletzt: Mir ist das Zwischenmenschliche im Vorstand sehr wichtig. So intensiv und kontrovers wir auch diskutieren, verstehen wir uns persönlich alle super.

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Wie sind Sie erstmals mit der Berufspolitik in Kontakt gekommen?

In gewisser Weise habe ich bereits im Studium angefangen, mich berufspolitisch zu engagieren. Damals bin ich in die Fachschaft eingetreten, um mitbestimmen zu können, wie unsere Studienbeiträge verwendet werden. So konnten wir die Rahmenbedingungen für uns Studierende spürbar verbessern. Diese Erfahrung, dass man durch Engagement etwas verändern kann, hat Appetit auf mehr gemacht. Über die AVWL-Starters, das Netzwerk junger Inhaber, habe ich dann den Verband und den Vorstand besser kennengelernt. Und beim Deutschen Apothekertag 2019 konnte ich viele gute Gespräche mit dem heutigen Vorstandsvorsitzenden Thomas Rochell führen. Das war ein ziemlich langer Abend …

Welche Hürden mussten Sie überwinden, um in der Standespolitik Fuß zu fassen?

Im AVWL habe ich keine Hürden überwinden müssen. Da standen mir alle Türen offen. Die berühmte Ochsentour, die man aus der Parteipolitik kennt, gibt es hier nicht. Als kooptiertes Mitglied habe ich zwei Jahre lang in die Vorstandsarbeit reinschnuppern können, um herauszufinden, ob mir die Tätigkeit liegt. Das ist eine gute Möglichkeit gewesen, in der Standespolitik Tritt zu fassen und sich in die Themen einzuarbeiten. Ich musste also keine Sorge haben, ins kalte Wasser springen zu müssen.

Wie könnte man jungen Kolleginnen und Kollegen den Einstieg erleichtern?

Genauso, wie eben geschildert. Die AVWL-Starters sind eine ideale Plattform, um mit Spaß zu erfahren, wie wertvoll der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen ist und wie gewinnbringend die Diskussion über berufliche sowie berufspolitische Herausforderungen. Aktuell machen wir uns im Vorstand Gedanken, wie wir jungen Kolleginnen und Kollegen zusätzlich Wege in die ehrenamtliche Arbeit ebnen können. Es gibt viele Möglichkeiten, in die Verbandsarbeit hineinzuschnuppern und herauszufinden, ob ein berufspolitisches Engagement das Richtige ist. Wir freuen uns über Interessenten. Es muss ja nicht gleich der Vorstand sein. Es gibt weitere Möglichkeiten sich einzubringen, zum Beispiel durch ein Engagement im Beirat bzw. der Bezirksgruppe, in einer Fachgruppe oder durch Diskussionen und Abstimmungen in der Mitgliederversammlung und weiteren Veranstaltungen. Gerade was die Beteiligung an der Mitgliederversammlung anbetrifft, müssen wir wieder besser werden. Der Vorstand befasst sich derzeit mit der Frage, wie dies gelingen kann. Die Mitgliederversammlung ist das Gremium unseres Souveräns. Es trifft zentrale Entscheidungen – wie wir bei der Gedisa-Frage sehen konnten. Die Mitgliederversammlung hat daher unbedingt mehr Teilnahme und Interesse verdient.

Was ist Ihr persönliches Ziel in der Berufspolitik?

Die jungen Kolleginnen und Kollegen für eine Selbstständigkeit zu gewinnen und zu motivieren, die Apotheken vor Ort zu entwickeln – das ist mir ein ganz großes Anliegen. Ein weiteres ist die Digitalisierung. Ich probiere selbst viel aus und möchte meine eigenen digitalen Erfahrungen in den Vorstand und die Verbandsarbeit transportieren. Wichtig ist mir, dass wir gerade bei diesem Thema alle Kollegen abholen. Und bei den Verhandlungen mit den Krankenkassen, die in meiner Zuständigkeit sind, will ich zu Abschlüssen kommen, die für die Apotheken vor Ort wirtschaftlich darstellbar sind, sodass im Arznei- und Hilfsmittelbereich die gute Versorgung der Patienten ökonomisch machbar ist und den Apotheken eine Existenzgrundlage bietet.


Christina Grünberg, Apothekerin, Redakteurin DAZ (gbg)
cgruenberg@daz.online


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