Ab dem Jahreswechsel

Kondome in Frankreich ab Januar gratis

Marseille - 30.12.2022, 15:00 Uhr

Nicht nur Kondome, auch die „Pille danach” gibt es ab dem Jahreswechsel kostenlos in französischen Apotheken. (Foto: IMAGO / imagebroker)

Nicht nur Kondome, auch die „Pille danach” gibt es ab dem Jahreswechsel kostenlos in französischen Apotheken. (Foto: IMAGO / imagebroker)


Per Twitter gab Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bekannt, dass Kondome für junge Franzosen ab dem neuen Jahr kostenlos sind. Das Gesetz ist Teil eines Maßnahmenpakets, um die sexuelle Gesundheit junger Menschen zu fördern. 

Für junge Franzosen gibt es Kondome ab dem 1. Januar 2023 gratis: 18- bis 25-Jährige erhalten dann kostenlos Packungen mit sechs, zwölf oder 24 Präservativen in der Apotheke. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte dies bereits Anfang Dezember bekannt gegeben. In einem bei Twitter veröffentlichten Video sagte Macron: „Das ist eine kleine Revolution der Verhütung, die nötig ist, damit sich unsere jungen Menschen beim Geschlechtsverkehr schützen.“ Für die Entscheidung, die Gratis-Kondome nur an junge Erwachsene auszugeben, war Macron kritisiert worden. Danach lenkte er ein: Man habe ihn darauf hingewiesen, dass auch viele Minderjährige Geschlechtsverkehr hätten, denen die finanziellen Mittel fehlen. Daher werde er noch nach einer Regelung suchen, wie auch diese gratis Kondome erhalten können, so Macron.

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Tripper auf dem Vormarsch

Pascal Pugliese, Mitglied des nationalen Aids-Rats, nannte den Beschluss im Interview mit dem Radiosender „Franceinfo“ eine gute Neuigkeit. Sexuell übertragbare Krankheiten nähmen bei jungen Menschen zu. Seit mehreren Jahren sei außerdem zu beobachten, dass der Verkauf von Präservativen zurückgehe, so Pugliese. Es gelte daher schnell zu handeln.

Der französische Gesundheitsminister François Braun sagte gegenüber einem französischen Nachrichtensender, die erneute Zunahme der Infektionen mit sexuell übertragbaren Krankheiten sei eines der größten Risiken für die Gesundheit junger Menschen und diese seien eine häufige Ursache für Unfruchtbarkeit. Tatsächlich kann zum Beispiel eine unentdeckte Chlamydien-Infektion zu Verklebungen der Eierstöcke führen und dadurch die Fruchtbarkeit beeinträchtigen.

In Frankreich dreimal so viele HIV-Erkrankungen wie in Deutschland

In Frankreich kommen HIV-Infektionen wesentlich häufiger vor als hierzulande: Rund 5.000 Neuinfektionen wurden im vergangenen Jahr in Frankreich diagnostiziert. Das sind fast dreimal so viele wie in Deutschland (1.800 Neuinfektionen) bei geringerer Einwohnerzahl. Seit Jahren nimmt in Frankreich – wie auch in Deutschland – zudem die Zahl anderer sexuell übertragbarer Krankheiten wie Chlamydien- und Gonokokken-Infektionen zu. 

Die Zahlen aus den Coronajahren sind hierbei zwar wenig aussagekräftig: In dieser Zeit gab es weniger soziale Kontakte und es haben sich vorübergehend auch weniger Menschen testen lassen. Vor Beginn der Pandemie hatte sich aber einer offiziellen Erhebung zufolge eine steigende Anzahl an Franzosen mit Chlamydien oder Gonokokken infiziert. Die französischen Behörden sahen vor allem die 15- bis 25-Jährigen als Risikogruppe. Sie seien zwar zunächst oft ohne Symptome infiziert, es komme aber vereinzelt zu schweren Langzeitfolgen.

Schon damals hatten die Gesundheitsbehörden eine digitale Kampagne gestartet, um zum Gebrauch von Kondomen zu ermutigen. Präservative wurden seitdem auch bereits zu 60 Prozent von der gesetzlichen Krankenkasse bezuschusst, dafür mussten sie aber von einem Arzt oder einer Hebamme verschrieben werden. Franzosen konnten dabei zwischen den Kondom-Marken „Eden” und „Sortez couverts” (was sinngemäß so viel wie „schützt euch“ bedeutet) wählen. Ab 2023 sollen die Präservative nun zu 100 Prozent von der gesetzlichen Krankenkasse erstattet werden. Eine Verschreibung ist dafür nicht mehr nötig.

Auch „Pille danach“ kostenlos und ohne Rezept erhältlich

Die Gratis-Kondome sind Teil eines Maßnahmenpakets der französischen Regierung zur Prävention und zur Förderung der sexuellen Gesundheit. Es gibt noch weitere Neuerungen: 

  • So soll die „Pille danach“ für Frauen jeden Alters in Frankreich ab dem kommenden Jahr kostenlos und ohne Rezept in der Apotheke erhältlich sein. Bisher galt das nur für junge Frauen bis zum Alter von 25 Jahren. Hormonelle Verhütungsmittel für Frauen sind seit 2022 für Französinnen bis zum Alter von 25 Jahren kostenlos auf Rezept erhältlich, für Minderjährige gilt das schon länger. 
  • Und während HIV-Tests bereits kostenlos sind, soll es ab dem neuen Jahre auch kostenlose Tests auf andere sexuell übertragbare Krankheiten für Unter-26-Jährige geben.

In Deutschland werden bisher nur rezeptpflichtige Verhütungsmittel und die „Pille danach“ für Frauen bis zum Alter von 22 Jahren von den Krankenkassen erstattet. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung steht zwar, sie wolle den Krankenkassen ermöglichen, Verhütungsmittel als Satzungsleistung, also freiwillig zu erstatten. Bei Geringverdienenden sollten die Kosten generell übernommen worden. Bisher wurden dieses Vorhaben aber nicht umgesetzt. 

BMG: Verhütung fällt „in den Bereich der persönlichen Lebensführung“

Auch eine Gratisvergabe von Kondomen nach französischen Vorbild ist offenbar nicht geplant. Auf eine Anfrage der Nachrichtenseite Buzzfeed hatte das Bundesgesundheitsministerium mitgeteilt, auch in Zukunft würden nicht verschreibungspflichtige Verhütungsmittel wie Präservative nicht von den Krankenkassen erstattet. Als Grund gab das Ministerium an, dass eine Empfängnis beziehungsweise Schwangerschaft „kein krankhafter Zustand im Leben einer Frau“ sei. Verhütungsmittel wie Kondome sieht das Ministerium demnach offenbar nicht als Teil der Gesundheitsvorsorge. Stattdessen fiele dies „in den Bereich der persönlichen Lebensführung“. Nach einer Erhebung von Pro Familia verzichten in Deutschland viele Frauen mit geringem Einkommen aus Kostengründen auf Verhütungsmittel oder nutzen weniger sichere Verhütungsmethoden. 


Irene Habich, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Gesundheit

von Gregor Nelles am 01.01.2023 um 16:28 Uhr

Für die Aussagen des BMGs,fehlt mir einfach das Verständnis. Das französische Vorbild der kostenlosen Abgabe von Kondomen an Jugendliche und junge Erwachsene ist doch eine ausgesprochen gute Sache, um zukünftige Infektionen mit HIV, Chlamydien und allen übrigen sexuell übertragbare Erkrankungen zu verhindern. Anstelle das Geld für Gesundheits Kioske zu investieren, wäre hier eine ganz einfache Möglichkeit, über die Apotheken kostenlos, eine Gesundheitsvorsorge zu betreiben, die den Namen wirklich verdient hätte. Stattdessen erhalten wir vom BMG eine, die Probleme der Jugendliche, missachtende Antwort, anstatt eine sichere und zukunftsweisende Gesundheits Fürsorge zu betreiben. Mir scheint es so zu sein, dass die Beamten im BMG überhaupt keine Kinder haben, und überhaupt keinen Bezug mehr zu den Problemen der Jugendlichen. Ganz anders die Apotheke. sie hat mit jungen Auszubildenden, mit jungen erkrankten, mit jungen infizierten Menschen zu tun, deren Problemen aufgrund der Ignoranz des BMGsins Unermessliche wachsen können. Hoffentlich werden die Verantwortlichen BMG bald abgelöst. Das wäre ein Wunsch für das Jahr 2023. Mit freundlichen Grüßen, Gregor Nelles

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