DAZ-Adventsrätsel – Tag 12

Herr Apotheker, einmal volltanken, bitte!

Stuttgart - 12.12.2022, 07:00 Uhr

Carl Benz reichte das Patent für sein entwickeltes, dreirädriges „Fahrzeug mit Gasmotorenbetrieb“ am 29. Januar 1886 ein, erteilt wurde es am 2. November 1886. (Foto: goldeneden / AdobeStock)

Carl Benz reichte das Patent für sein entwickeltes, dreirädriges „Fahrzeug mit Gasmotorenbetrieb“ am 29. Januar 1886 ein, erteilt wurde es am 2. November 1886. (Foto: goldeneden / AdobeStock)


Die Verteuerung von Diesel und Benzin führt aktuell zu großer Ratlosigkeit bis Verzweiflung an den Zapfsäulen im Land. Beim Blick auf die Preistafeln fragen sich so manche, ob das dringend benötigte Kohlenwasserstoffgemisch in den Apotheken nicht billiger zu haben ist. Weit hergeholt ist diese Erwartungshaltung nicht.

Vor 134 Jahren, am 5. August 1888, machte eine Autofahrerin Halt vor einer Offizin im baden-württembergischen Wiesloch, um ihren heißen Schlitten einmal volltanken zu lassen. Die Frau war mit ihren Kindern Eugen und Richard auf dem Weg von Mannheim nach Pforzheim, um den Großeltern einen Besuch abzustatten.

Aus heutiger Sicht klingt das zunächst nach einem gewöhnlichen Familienausflug zu Ende des 19. Jahrhunderts. Doch die Rast vor der Stadt-Apotheke in Wiesloch ist ein historischer Moment. Nicht nur aus Sicht der Pharmazie, sondern der Automobilgeschichte. Die Frau trug den prominenten Namen Bertha Benz. Mit ihren Söhnen saß sie auf dem von ihrem Gatten entwickelten Patent-Motorwagen. Doch der, also Carl Benz, lag an diesem frühen Morgen noch in den Federn, als der Rest seiner Familie zur ersten Auto-Fernfahrt der Weltgeschichte gestartet war.

Die 1,5 PS des Patent-Motorwagens brachten Bertha Benz nur 45 Kilometer weit. Schuld waren vor allem die unbefestigten Straßen, die zu einem signifikanten Mehrverbrauch an Sprit und Kühlwasser führten. In Wiesloch legte Benz daher einen Zwischenstopp ein und traf auf Willi Ockel. Dieser war eigentlich Apotheker, doch von jetzt auf gleich auch der erste Tankwart in der Geschichte. Aus seinem Lager in der Offizin konnte Ockel den benötigten Treibstoff bereitstellen: Aus einer Glasflasche und nicht aus einer Zapfsäule wurde der Tank des Patent-Motorwagens gefüllt.

Frage:

Um welchen Stoff handelt es sich, der früher von Apotheken auch zur Textilreinigung angeboten wurde?

Die Antwort lautet:

Ligroin. Dabei handelt es sich um ein Leichtbenzin, also um eine Mischung verschiedener Kohlenwasserstoffe mit fünf bis sieben Kohlenstoffatomen. Seit 1850 wurde Ligroin zur chemischen Reinigung verwendet und deshalb auch als Waschbenzin oder Fleck(en)benzin bezeichnet. Der Verkauf fand in Drogerien, Apotheken und Kaufläden statt.

In der Kraftstoffentwicklung übernahmen die Leichtbenzine eine wichtige Rolle, da die zu Anfang des 20. Jahrhunderts verwendeten Oberflächenvergaser mit dem leichtflüchtigen Leichtbenzin zündfähige Gemische bilden konnten. Die früheste Verwendung von Ligroin als „leichtflüchtiges Oel“ findet sich in der Patentschrift zu Carl Benz‘ Patent-Motorwagen Nummer 1.


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