Rezepturen mit Dronabinol – Teil 2

Ölige Dronabinol-Tropfen – das Wichtigste zur Herstellung

Stuttgart - 10.11.2022, 09:15 Uhr

Herstellsets für Ölige Dronabinol-Tropfen sind praktisch, aber Achtung: Bei der Taxierung muss beachtet werden, dass die Kosten für das Herstellset meist nicht komplett abgerechnet werden dürfen. (Bild: IMAGO / Sommer)

Herstellsets für Ölige Dronabinol-Tropfen sind praktisch, aber Achtung: Bei der Taxierung muss beachtet werden, dass die Kosten für das Herstellset meist nicht komplett abgerechnet werden dürfen. (Bild: IMAGO / Sommer)


Dronabinol-Monopräparate sind in Deutschland bislang nicht als Fertigarzneimittel zugelassen. Eine ölige Lösung als Rezeptur wird daher häufig verordnet. Hier lesen Sie, was es bei der Herstellung zu beachten gilt.

Fertigarzneimittel mit lediglich Dronabinol sind in Deutschland nicht zugelassen. Möchten Ärzte hierzulande Dronabinol zur Therapie einsetzen, verordnen sie daher in der Regel standardisierte Rezepturen. Eine dafür übliche Darreichungsform sind ölige Tropfen. Das NRF bietet hierfür eine geprüfte Rezepturvorschrift an.

Ölige Dronabinol-Tropfen nach NRF

Dronabinol liegt bei Raumtemperatur als hellgelbe, ölige Flüssigkeit oder harzartige Masse vor. Die Substanz ist sehr lipophil und lässt sich in fetten Ölen und Ethanol lösen, in Wasser ist Dronabinol praktisch unlöslich. Bei der Verarbeitung in der Rezeptur ist zügiges Arbeiten nötig, da die Substanz oxidations- und lichtempfindlich ist.

Ölige Dronabinol-Tropfen 25 mg/ml (NRF 22.8.)
10 ml enthalten: 
Dronabinol

0,25 g

Palmitoylascorbinsäure-haltige Mittelkettige Triglyceride (NRF S.45.)

zu 9,47 g

Als Grundlage der öligen Lösung werden Mittelkettige Triglyceride verwendet. Dabei handelt es sich um ein fettes Öl, das aus Triglyceriden mit Fettsäuren mittlerer Kettenlänge besteht. Die Mittelkettigen Triglyceride enthalten als Antioxidans 0,05 % Palmitoylascorbinsäure. 

Die Trägerlösung ist zur Herstellung oraler Darreichungsformen mit oxidationsempfindlichen Wirkstoffen wie Dronabinol gut geeignet. Palmitoylascorbinsäure-haltige Mittelkettige Triglyceride können vorgefertigt bezogen oder in der Apotheke selbst nach Vorschrift S.45. hergestellt werden. 

Zum Auflösen der Palmitoylascorbinsäure in Mittelkettigen Triglyceriden ist ein kurzfristiges Erhitzen auf 85 °C nötig. Die ölige Lösung kann dann noch warm weiterverarbeitet werden. Als Mittelkettige Triglyceride kommt meist der Typ Miglyol® 812 N zum Einsatz. Die öligen Dronabinol-Tropfen 25 mg/ml haben dann eine Dichte von 0,947 g/ml.

Passende Herstellsets im Angebot 

Als Rezepturgrundstoff kann Dronabinol von verschiedenen Anbietern bezogen werden. Darüber hinaus werden Palmitoylascorbinsäure-haltige Mittelkettige Triglyceride (NRF S.45.) und eine Braunglasflasche mit kindergesichertem Verschluss und passender Dosierhilfe benötigt.

Zur Erleichterung werden passende Herstellsets angeboten, die die benötigten Materialien bereits enthalten. Aber Achtung: Bei der Taxierung muss beachtet werden, dass die Kosten für das Herstellset meist nicht komplett abgerechnet werden dürfen

Föhn oder Trockenschrank im Einsatz

Da die Dichte der Zubereitung bekannt ist, können ölige Dronabinol-Tropfen 25 mg/ml durch Wägung hergestellt werden. Um den harzartigen Wirkstoff aus der Glasspritze entnehmen zu können, muss die Rezeptursubstanz zunächst mit einem Föhn oder im Trockenschrank bei 70° C rund 5 Minuten erwärmt werden. Damit keine Substanz herausquillt, ist es empfehlenswert, den Spritzkolben vorher leicht zurückzuziehen. 

Anschließend kann ein Becherglas mit Glasstab tariert und das verflüssigte Dronabinol auf den Glasstab aufgebracht werden. Es wird so lange Wirkstoff dazugegeben, bis das gewünschte Gewicht auf der Analysenwaage angezeigt wird. Falls das Dronabinol zu zähflüssig wird, kann es erneut erwärmt werden. Damit keine Luft in die Spritze gelangt, soll diese direkt nach der Entnahme wieder mit der Schutzkappe verschlossen werden. 

Nach den Vorgaben des Betäubungsmittelgesetzes muss die Einwaage an Dronabinol genau dokumentiert werden, ein Mehrverbrauch von bis zu 10 % lässt sich dabei herstellungstechnisch begründen.

Auf der Heizplatte wird umgerührt – von Wasserbad wird abgeraten

Im nächsten Schritt werden die Palmitoylascorbinsäure-haltigen Mittelkettigen Triglyceride zu den 0,25 g Dronabinol im Becherglas dazu gewogen. In der Praxis hat es sich bewährt, zunächst nur rund zwei Drittel der Ansatzmenge, also rund 6 bis 7 g, einzuwiegen. Nun wird die ölige Flüssigkeit auf einer Heizplatte auf 70 °C erwärmt und umgerührt. Dabei muss eine klare, schwach gelbe Lösung erhalten werden. 

Von der Verwendung eines Wasserbades ist abzuraten, da sich dabei unweigerlich Kondenswasser bildet, welches keinesfalls in die Lösung gelangen darf. Auch eine Mikrowelle sollte nicht verwendet werden, da sich das Erwärmen darin nur schlecht kontrollieren lässt.

Im verschlossenen Gefäß werden die Tropfen geschüttelt

Für die Abfüllung wird eine Braunglasflasche auf der Analysenwaage tariert und die abgekühlten Dronabinol-Tropfen anschließend eingefüllt. Das Becherglas wird nun mit der erforderlichen Restmenge Palmitoylascorbinsäure-haltiger Mittelkettiger Triglyceride nachgespült und die Braunglasflasche damit auf die exakte Ansatzmenge von 9,47 g Dronabinol-Tropfen aufgefüllt.

Die Braunglasflasche wird mit einer Dosierpumpe 0,033 ml/Hub oder mit einem Steckeinsatz für eine 1-ml-Kolbenpipette mit Konusspitze verschlossen. Im verschlossenen Gefäß werden die Tropfen geschüttelt. Zur Endprüfung muss eine klare, helle und dickflüssige Flüssigkeit vorliegen.

Die fertige Zubereitung darf nicht im Kühlschrank gelagert, sondern soll bei Raumtemperatur aufbewahrt werden. Dieser Hinweis ist für die richtige Dosierung notwendig, da die Viskosität und damit die Tropfengröße von der Temperatur abhängen. Die empfohlene Aufbrauchfrist beträgt sechs Monate.

Die passende Dosierhilfe 

Früher wurden flüssige Dronabinol-Zubereitungen tropfenweise mithilfe von Senkrechttropfern dosiert. Wegen zu großer Ungenauigkeiten wird dies heute nicht mehr empfohlen. Zur korrekten Entnahme der benötigten Dosis sollten spezielle Dosierpumpen oder Kolbenpipetten verwendet werden.

Bei den Dosierpumpen ist das Hubvolumen fest eingestellt. Bei aktiver Betätigung des Pumprings treten jeweils gleich große Tropfen aus. 1 Hub zu 0,033 ml entspricht dabei 0,83 mg Dronabinol. Ein Vorteil der Dosierpumpen ist, dass sie auch von sehbehinderten Patienten selbstständig bedient werden können. 

Kolbenpipetten werden kopfüber aufgezogen und ermöglichen ebenfalls eine volumengenaue Dosierung. Für Patienten mit Sehschwäche ist die feine Skalierung allerdings schwer zu erkennen und auch bei eingeschränkter Feinmotorik ist eine Bedienung schwierig. Wird die Pipette versehentlich von der noch kopfüber stehenden Flasche abgezogen, kann es zum Auslaufen der Zubereitung kommen.

Gewünschte Dosis je nach Dosiervorrichtung umrechnen

Die Kennzeichnung der Öligen Dronabinol-Tropfen 25 mg/ml erfolgt nach § 14 Apothekenbetriebsordnung. Neben den üblichen Angaben ist dabei die Gebrauchsanweisung besonders wichtig. Bei der Verschreibung hat der Arzt die gewünschte Dosis an Dronabinol in Milligramm angegeben. Diese Angabe muss von der Apotheke je nach Dosiervorrichtung in Hub oder Milliliter umgerechnet und entsprechend auf dem Etikett notiert werden. 

Bei einer ärztlichen Anweisung von z. B. „Morgens und abends je 5 mg Dronabinol einnehmen“ gilt dann folgende Gebrauchsanweisung:

  • Dosierpumpe: „Morgens und abends je sechs Hübe vor den Mahlzeiten einnehmen.“
  • Kolbenpipette: „Morgens und abends je 0,2 ml vor den Mahlzeiten einnehmen.“

Als Hinweis auf besondere Vorsichtsmaßnahmen wird weiterhin die Angabe „Für Kinder unzugänglich aufbewahren“ empfohlen. Zudem ist als Hinweis zur Lagerung die Angabe „Aufrecht stehend und bei Raumtemperatur aufbewahren“ sinnvoll.

Ölige Dronabinol-Tropfen nicht verdünnen!

Ölige Dronabinol-Tropfen sollten für die Einnahme direkt auf einen Löffel oder ein Stück Brot bzw. Würfelzucker gegeben werden. Nach dem Schlucken kann gegebenenfalls Wasser nachgetrunken werden. Ein verdünnen mit Wasser ist hingegen nicht zu empfehlen, da der Wirkstoff dabei als Ölfilm im Glas zurückbleiben kann und damit die Gefahr einer Unterdosierung besteht.

Wird das Arzneimittel mit einer Dosierpumpe abgegeben, muss dem Patienten die Anwendung genau erklärt werden. Aufgrund der Ähnlichkeit zu Nasentropfenflaschen kann es hier durchaus zu Verwechslungen kommen.

Keinesfalls sind Ölige Dronabinol-Tropfen zur Inhalation geeignet, denn beim Erhitzen der Mittelkettigen Triglyceride entstehen toxische Pyrolyseprodukte. Zur inhalativen Anwendung muss eine Ethanolische Dronabinol-Lösung 10 mg/ml (NRF 22.16.) verwendet werden. Diese alkoholische Lösung kann mit Hilfe eines elektrischen Verdampfergeräts verdampft und inhaliert werden.

Verschreibung, Identitätsprüfung und Taxierung

Rezepturen mit Dronabinol – Teil 1


Dr. Annina Bergner, Apothekerin, Autorin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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