Rechtliche Lage

Arbeiten trotz Krankschreibung – geht das?

Stuttgart - 10.11.2022, 07:00 Uhr

Dazu, ob man arbeiten darf, obwohl man krankgeschrieben ist, tauchen immer wieder Fragen auf. (Foto: IMAGO / U. J. Alexander) 

Dazu, ob man arbeiten darf, obwohl man krankgeschrieben ist, tauchen immer wieder Fragen auf. (Foto: IMAGO / U. J. Alexander) 


Spätestens ab dem vierten Krankheitstag benötigen Arbeitnehmer:innen eine Krankschreibung. Was ist aber, wenn man sich doch früher als erwartet wieder fit fühlt und arbeiten könnte, obwohl man eigentlich noch krankgeschrieben ist? Geht das überhaupt und was ist dabei zu beachten?

Nach Aufhebung der Coronamaßnahmen haben auch andere Krankheitserreger eine Chance neben dem Coronavirus, das nach wie vor für zahlreiche Infektionen sorgt, ihr Unwesen zu treiben. Somit sind auch die saisonalen grippalen Infekte und andere Infektionskrankheiten zurück. Und mit ihnen die Krankschreibungen. Dazu kommen Ausfälle aufgrund von Unfällen, geplanten Eingriffen oder langwierigen Erkrankungen. In Zeiten, in denen Personal ohnehin knapp ist, stellt das die Apotheken vor besondere organisatorische Probleme. 

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Da freut man sich als Inhaber:in natürlich, wenn Mitarbeiter:innen früher als erwartet wieder einsatzfähig sind. Doch geht das so einfach, trotz Krankschreibung zu arbeiten? Und was muss man dabei beachten? Hier finden Sie die wichtigsten Fragen und Antworten.

Darf man trotz Krankschreibung arbeiten?

Grundsätzlich stellt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) kein Arbeitsverbot dar. Sie ist eine vom Arzt getroffene Feststellung, dass der Arbeitnehmer momentan nicht diensttauglich ist. Darüber hinaus stellt der Arzt auf der Bescheinigung noch eine Prognose über die Dauer des Genesungsprozesses. Ein Arbeitnehmer kann daher trotz AU selbst entscheiden, ob er sich wieder gesund und arbeitsfähig fühlt. Üblicherweise bietet er selbst dem Arbeitgeber dann seine Arbeitskraft – trotz Krankschreibung – wieder an.

Der Arbeitgeber muss sich allerdings davon überzeugen, dass der Mitarbeiter tatsächlich wieder an seinem Arbeitsplatz einsetzbar ist oder ob er ihn eventuell selbst noch für arbeitsunfähig hält. Eine solche Entscheidung kann unter Umständen nicht telefonisch getroffen werden. Der oder die Personalverantwortliche muss sich einen eigenen Eindruck davon verschaffen, ob das Teammitglied wieder ohne Einschränkungen einsatzfähig ist.

Muss man sich „gesundschreiben“ lassen?

Ist das Teammitglied auch nach Meinung der Personalverantwortlichen einsatzfähig, so muss der Arbeitgeber keine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsfähigkeit fordern, es genügt die Erklärung des Arbeitnehmers. Selbst wenn der Personalverantwortliche Zweifel hat, kann er keine „Gesundschreibung“ fordern, da es diese im deutschen Gesundheitswesen nicht gibt. Wenn aber besondere Umstände die Vermutung nahelegen, dass der Arbeitnehmer noch nicht wieder arbeitsfähig ist, muss der Arbeitgeber notfalls im Rahmen seiner Fürsorgepflicht anderweitig den Gesundheitszustand überprüfen las­sen. In diesem Fall kann eine ärztliche Bestätigung er­forderlich sein, die den Arbeitnehmer für arbeitsfähig erklärt. Wer die Kosten einer solchen Bescheinigung trägt, sollte zuvor vereinbart werden.

Sind Arbeitnehmer:innen versichert, wenn sie trotz Krankschreibung zur Arbeit kommen?

Versicherungsrechtlich ergeben sich bei einer vorzeitigen Arbeitsaufnahme keine Bedenken. Ein Mitarbeiter, der trotz AU seine Arbeit vorzeitig wiederaufnimmt, hat den regulären Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung ebenso wie in der Krankenversicherung. Dies gilt auch für eine nur kurzzeitige Arbeitsaufnahme. So könnte zum Beispiel eine PTA, die sich den Fuß gebrochen hat, ihrer Tätigkeit in der Apotheke nicht nachgehen, sie dürfte aber durchaus für eine kurze Zeit z. B. an einer Inhouse-Fortbildungsveranstaltung teilnehmen. Das setzt aber voraus, dass sie selbst dies möchte und ihre Genesung damit nicht gefährdet wird.

Den Mitarbeitenden sei jedoch geraten, sich immer zuerst in der Apotheke anzumelden und nicht einfach so vorbeizuschauen, da bei einem möglichen Unfall auf dem Weg zur Apotheke klar sein muss, ob es sich um einen Wegeunfall handelt.

Muss man als Arbeitgeber:in die Krankenkasse wegen des Krankengeldes über die vorzeitige Rückkehr der Mitarbeiterin informieren?

Da der Personalverantwortliche über die Umlage­versicherung mit der Krankenkasse abrechnet, welche Krankheitstage (teilweise) zu erstatten sind, muss der tatsächliche Arbeitsbeginn erst in diesem Zusammen­hang korrekt angegeben werden.

Antworten auf die Fragen gab Rechtsanwältin Iris Borrmann (Eins&Drei 6/2020)


Deutsche Apotheker Zeitung
redaktion@daz.online


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