Im Rahmen von „EU-Medicines for all“

EMA empfiehlt Dengue-Impfstoff erstmals für Kleinkinder und Ältere zur Zulassung

Stuttgart - 25.10.2022, 15:15 Uhr

Die Zulassungsempfehlung für den Dengue-Impfstoff von Takeda ist aus mehreren Gründen etwas Besonderes. (b/Foto: Rawpixel.com / AdobeStock)

Die Zulassungsempfehlung für den Dengue-Impfstoff von Takeda ist aus mehreren Gründen etwas Besonderes. (b/Foto: Rawpixel.com / AdobeStock)


Für Europa haben Impfungen gegen Dengue bislang keine allzu große Rolle gespielt. Das liegt auch daran, dass der bislang einzige gegen Dengue zugelassene Impfstoff nur in Endemie-Gebieten und in der Altersgruppe zwischen neun und 45 Jahren indiziert ist – zudem muss zuvor eine bereits überstandene Dengue-Infektion nachgewiesen worden sein. Jetzt wurde ein Dengue-Impfstoff von Takeda zur Zulassung empfohlen, der die Dengue-Impfung praktikabler machen könnte.

Bereits 2017 war Dengvaxia von 19 Überwachungsbehörden für den Einsatz in endemischen Gebieten zugelassen – in den meisten davon für das Alter zwischen neun und 45 Jahren. Allerdings sprach der Zulassungsinhaber Sanofi im Jahr 2017 eine Warnung vor seinem rekombinanten tetravalenten Lebendimpfstoff aus, der sich gegen die vier Serotypen des Dengue-Virus richtet – die Gefahr: Eine Erstinfektion mit dem Dengue-Virus verläuft oft unkompliziert. Bei einer Zweitinfektion kann es jedoch zum „Dengue hämorrhagischen Fieber“ (DHF) und zum „Dengue-Schock-Syndrom“ (DSS) kommen. Schuld sind vermutlich sogenannte „enhancing antibodies“, und die können auch durch die Impfung gebildet werden. Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sprach deshalb 2017 die Empfehlung aus, nur noch nach überstandener Erstinfektion gegen Dengue zu impfen.

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Dass der Impfstoff – bei korrekter Anwendung – grundsätzlich hilfreich ist, zeigte 2018 schließlich die Zulassungsempfehlung der europäischen Arzneimittelbehörde EMA für Dengvaxia: Menschen zwischen neun und 45 Jahren, die in einem endemischen Gebiet leben und bereits eine Dengue-Virus-Infektion hatten, sollen damit geimpft werden können. „Als Endemiegebiete fallen in das Zuständigkeitsgebiet der EMA die französischen Übersee-Departements und Übersee-Körperschaften wie z. B. La Réunion, Guadeloupe, Mayotte oder Französisch-Polynesien“, wie das Robert Koch-Institut (RKI) auf seiner Webseite erklärt. 

Impfung gegen Dengue ist keine Reiseimpfung

Das RKI betont jedoch, dass Dengvaxia nicht für die Anwendung bei Reisenden indiziert ist. Eine solche Impfung würde „off-label“ erfolgen und hätte auch praktische Limitationen: Das Impfschema besteht aus drei Dosen, sechs und zwölf Monate nach Erstimpfung erfolgen Impfung zwei und drei. Zudem ist der Kreis der Personen begrenzt, die schon eine laborbestätigte Erstinfektion durchgemacht haben. Das RKI erklärt deshalb: „Die wichtigste Maßnahme für Reisende, um sich vor der Erkrankung zu schützen, ist der konsequente Mückenschutz des ganzen Körpers, der Repellentien für die Haut und die Imprägnierung von Kleidung einschließt.“ Mücken, die Dengue übertragen, seien tagaktiv.

Neuer Dengue-Impfstoff von Takeda

Wie die europäische Arzneimittelbehörde und auch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) kürzlich mitteilten, hat die EMA nun einen weiteren Dengue-Impfstoff zur Zulassung empfohlen. Es handelt sich ebenfalls um einen tetravalenten Impfstoff, der allerdings jetzt auch Kleinkindern und Menschen über 45 Jahren einen Schutz bieten soll. Der Nutzen und die Sicherheit des Impfstoffs sind in 19 klinischen Studien untersucht worden, an denen mehr als 27.000 Menschen im Alter zwischen 15 Monaten und 60 Jahren aus endemischen und nicht endemischen Regionen teilnahmen. Die Ergebnisse der Studien zeigten, dass der tetravalente abgeschwächte Lebend-Impfstoff von Takeda bei allen vier Serotypen des Dengue-Virus-Fiebers schwere Erkrankungen und Krankenhausaufenthalte verhindert. Die am häufigsten gemeldeten vermuteten unerwünschten Nebenwirkungen nach einer Dosis des Impfstoffs waren Schmerzen an der Injektionsstelle, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen und allgemeines Unwohlsein.

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Konkret soll der Impfstoff ab vier Jahren indiziert sein. Auf die Frage, ob zuvor eine Infektion mit dem Dengue-Virus stattgefunden haben sollte, gehen weder die EMA noch das PEI in ihren Mitteilungen ein. Takeda erklärte jedoch in einer Pressemitteilung vom 14. Oktober, dass 4,5 Jahre Nachbeobachtungszeit in der Phase-III-Studie „TIDES“ (Tetravalent Immunization against Dengue Efficacy Study) zeigten, dass der Impfstoff von Takeda (TAK-003) nicht nur seropositive, sondern auch seronegative Personen vor einem Krankenhausaufenthalt und Symptomen durch Dengue schützte. „TAK-003 wurde im Allgemeinen gut vertragen, es gab keine Anzeichen für eine Verstärkung der Krankheit bei den Empfängern des Impfstoffs, und im Rahmen der TIDES-Studie wurden bisher keine wesentlichen Sicherheitsrisiken festgestellt“, heißt es. „Die globale Gesundheitsgemeinschaft hat sich sehnlichst nach einem Dengue-Impfstoff gesehnt, der ohne die Hürde der Vorimpfungstests zugänglich ist“, wird zudem Dr. Ooi Eng Eong zitiert, Professor für neu auftretende Infektionskrankheiten an der „Duke-NUS Medical School“ in Singapur. 

Auch weil es keine gezielte antivirale Therapie für Dengue-Virusinfektionen gibt, wäre ein so breit einsetzbarer Dengue-Impfstoff also nur zu begrüßen. Immerhin ist das Denguefieber nach der Malaria die am zweithäufigsten diagnostizierte Fieberursache bei Reisenden, die aus Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen zurückkehren. Die Infektionskrankheit ist weltweit in mehr als 100 Ländern endemisch.

Zulassungsempfehlung im Rahmen des EU-M4All-Verfahrens

Und es gibt noch einen weiteren Grund, warum die Zulassungsempfehlung für den Dengue-Impfstoff von Takeda etwas Besonderes ist: Der CHMP hat damit erstmals ein Arzneimittel, das für den EU-Markt bestimmt ist, im Rahmen des Programms „EU-Medicines for all“ (EU-M4all) parallel für Nicht-EU-Länder geprüft. Die im Rahmen des EU-M4all-Programms eingereichten Arzneimittel werden vom CHMP (Humanarzneimittelausschuss der EMA) in Zusammenarbeit mit der WHO und den Zielländern bewertet. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt in der Kombination der Expertise von CHMP, WHO und den regulatorischen Behörden der Zielländer. Die nationalen Regulierungsbehörden können die wissenschaftliche Bewertung des CHMP nutzen, um über die Verwendung des Arzneimittels in ihrem Land zu entscheiden. Ziel dieser Initiative von EMA und WHO ist es, innovative Arzneimittel und Impfstoffe in Europa und weltweit schneller verfügbar zu machen und gleichzeitig Doppelarbeit der Regulierungsbehörden zu vermeiden.


Deutsche Apotheker Zeitung / dm
redaktion@daz.online


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