Prognose zur Finanzentwicklung der GKV

Schätzerkreis erwartet geringeres Kassendefizit als befürchtet

Traunstein - 14.10.2022, 14:00 Uhr

Der GKV-Spitzenverband will angesichts der neuesten Prognose des GKV-Schätzerkreises den Zusatzbeitrag nur auf 0,2 Prozent erhöhen. (Foto: IMAGO / Steinach)

Der GKV-Spitzenverband will angesichts der neuesten Prognose des GKV-Schätzerkreises den Zusatzbeitrag nur auf 0,2 Prozent erhöhen. (Foto: IMAGO / Steinach)


Die mit Spannung erwartete Prognose des GKV-Schätzerkreises zur Finanzentwicklung zeigt, dass das Defizit in der gesetzlichen Krankenversicherung 2023 weniger groß ausfällt als befürchtet. Die Kassenseite fordert daher, dass die geplante Erhöhung des Zusatzbeitrags geringer ausfällt als geplant.

Am gestrigen Donnerstag war es so weit: Der GKV-Schätzerkreis – bestehend aus Experten des Bundesministeriums für Gesundheit, des Bundesamts für Soziale Sicherung und des GKV-Spitzenverbandes – gab seine einvernehmliche Prognose u.a. zur Höhe der Einnahmen und Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für die Jahre 2022 und 2023 bekannt. Dabei zeigte sich, dass der finanzielle Spielraum größer ist als gedacht: Für das Jahr 2023 geht der Schätzerkreis von Liquiditätsreserven im Gesundheitsfonds von 4,6 Mrd. Euro statt zuvor 2,4 Mrd. Euro aus.

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Prompt forderte der GKV-Spitzenverband, dass nun der Anstieg der Zusatzbeitragssätze mit durchschnittlich 0,2 Beitragssatzpunkten etwas geringer ausfallen könnte als die bisher geplanten 0,3 Punkte. „Jeder Euro zum Schließen der Finanzierungslücke, der nicht durch steigende Zusatzbeiträge finanziert werden muss, zählt für die Menschen. Es ist richtig, die etwas höheren Rücklagen im Gesundheitsfonds, die ja ursprünglich von den Beitragszahlenden eingezahlt wurden, dafür zu nutzen, die Zusatzbelastungen für die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler abzumildern“, erklärt die Vorstandsvorsitzende Doris Pfeiffer in der Pressemeldung. Gerade vor dem Hintergrund der massiv gestiegenen Energiepreise, der steigenden Inflation und der sich voraussichtlich noch verschärfenden Wirtschaftslage müsse eine zusätzliche Belastung durch steigende Krankenversicherungsbeiträge für die Menschen und Unternehmen wenn irgend möglich verhindert werden.

Lauterbach will weniger Schulden machen

Doch ob es so weit kommt, ist fraglich. Denn Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach kann sich offenbar gut vorstellen, die Gelder an anderer Stelle einzusetzen. Zum neu gewonnenen Spielraum äußert er: „Wenn der Bundestag das Finanzstabilisierungsgesetz verabschiedet wie geplant, könnte auf das ursprünglich geplante Darlehen der GKV von einer Milliarde Euro verzichtet werden.“ Ein Darlehen, auf das man verzichte, müsse auch im nächsten Jahr nicht zurückgezahlt werden, unnötige Schulden seien zu vermeiden. Und weiter: „In diesem harten Winter müssen wir alle Möglichkeiten nutzen, um die Bürgerinnen und Bürger zu entlasten. Deshalb ist es unsere Pflicht, erst das System effizienter zu machen, bevor die Beiträge steigen.“

Abgesehen davon, dass das Darlehen nicht 2024, sondern erst 2026 zurückgezahlt werden müsste – ob Lauterbach sich mit dieser nicht gerade schlüssigen Argumentation gegen die Kassenseite durchsetzen kann, ist zu bezweifeln. Denn diese verweist zu Recht darauf, dass die höheren Einnahmen auf Beiträgen der Versicherten beruhen.

GKV befürchtet, Lauterbach könnte Ärzten nachgeben

Zudem wird bei der GKV befürchtet, dass Lauterbach nun gegenüber den Ärzten zu nachgiebig werden könnte. So warnt die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes Carola Reimann davor, dass die Prognose des Schätzerkreises „zu falschen Schlüssen“ verleite: „Die im GKV-Finanzstabilisierungsgesetz geplante Abschaffung der teuren, aber unwirksamen Neupatientenregelung sowie sinnvolle Weiterentwicklungen bei der Arzneimittelpreisfindung dürfen jetzt nicht kassiert werden.“ 


Dr. Christine Ahlheim (cha), Chefredakteurin AZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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2 Kommentare

wie war das nochmal?

von Karl Friedrich Müller am 14.10.2022 um 16:20 Uhr

AMNOG 2011/2012:
Großes Geschrei über ein zu erwartendes Defizit. NATÜRLICH mussten die Apotheken belastet werden.
Was war am Ende? Es gab keines. Die Apotheken bekamen ihr zu Unrecht abgezocktes Geld nicht zurück. Sondern es wurde verprasst. Mich hat das damals 50.000€ gekostet!
Nun das Gleiche. Keine höheren Beiträge usw usw. Wir bleiben vermutlich belastet.
Das ist alles eine einzige Sauerei und hat mit der finanziellen Lage gar nichts mehr zu tun. Man will uns einfach möglichst viel schaden.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: wie war das nochmal

von Rita Längert am 14.10.2022 um 17:48 Uhr

Damals war Karl Fliege auch permanent in den Medien und verkündete immer neue Horrorprognosen bzgl. des Defizits, zum Schluss waren es glaube ich -20 Mrd. Er hatte nicht ganz recht, denn schließlich waren 30 Mrd. Überschuss im Gesundheitsfond und bei den Krankenkassen! Und das über Jahre. Wäre vielleicht mal nett zu erfahren, wie sich die Bezüge der KK Vorstände in diesem Zeitraum entwickelt haben.

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