EMA-Statement

Biosimilars sind austauschbar – auch untereinander

Stuttgart - 20.09.2022, 10:45 Uhr

Dass Biosimilar untereinander austauschbar sind, ist in den Augen von Apothekerin Emer Cooke, Exekutivdirektorin der EMA, eine gute Nachricht. (x / Foto: IMAGO / ZUMA Wire)

Dass Biosimilar untereinander austauschbar sind, ist in den Augen von Apothekerin Emer Cooke, Exekutivdirektorin der EMA, eine gute Nachricht. (x / Foto: IMAGO / ZUMA Wire)


Die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA und die Chefs der Arzneimittel-Agenturen der Mitgliedstaaten (Heads of Medicines Agencies, HMA) haben ein gemeinsames Statement zur Austauschbarkeit von Biosimilars herausgegeben. 

Eigentlich sollten seit August dieses Jahres in Deutschland Biosimilars ähnlich wie Generika in der Apotheke gegeneinander ausgetauscht werden. Bekanntermaßen soll die Regelung, die bereits vor mehr als vier Jahren gesetzlich festgezurrt wurde, nun um ein Jahr verschoben werden, auch mit dem Versprechen, gewisse Aspekte nochmals zu prüfen. Zudem ist geplant, den Regelungsauftrag für den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zu konkretisieren. Dieser muss nämlich Kriterien für einen Austausch festlegen. In einem ersten Schritt soll der G-BA demnach zunächst Hinweise zur Austauschbarkeit von parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patientinnen und Patienten geben. Solche, die Patient:innen selbst anwenden, bleiben erst einmal außen vor. 

Gegen die geplante automatische Substitution hatte es große Widerstände gegeben, vor allem von Pharmaverbänden, wie der AG Pro Biosimilars. Aber auch die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) lehnt einen automatischen Austausch von Biosimilars in der Apotheke strikt ab. „Aus Gründen der Patienten- und Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) sowie der Pharmakovigilanz“, wie es in einer Stellungnahme heißt. Diese Bedenken wurden offensichtlich erhört. Lediglich die Kassen, die sich von dem Austausch Einsparungen erhoffen, befürworteten die neuen Regelungen. Sie müssen sich wohl jetzt noch etwas gedulden.

Austausch gegen Referenzarzneimittel oder gleichwertiges Biosimilar möglich

Nun hat sich die EMA in einem Statement zu der Thematik geäußert, das sie gemeinsam mit den Chefs der nationalen Arzneimittelagenturen erstellt hat. Demzufolge sind Biosimilars, die in der EU zugelassen sind, sowohl gegen ihr Referenzarzneimittel als auch gegen ein gleichwertiges Biosimilar austauschbar. Austauschbarkeit bedeute in diesem Kontext, dass das Referenzarzneimittel durch ein Biosimilar ersetzt werden kann, ohne dass der Patient einen Unterschied in der Wirksamkeit feststellen kann.

Einheitliche Herangehensweise in ganz Europa

Dies werde in vielen Mitgliedstaaten bereits praktiziert, heißt es. Nun soll das gemeinsame Statement für eine einheitliche Herangehensweise in der gesamten EU sorgen und so mehr Klarheit für die Angehörigen der Gesundheitsberufe schaffen. Außerdem trage eine gemeinsame Linie dazu bei, dass mehr Patienten EU-weit Zugang zu biologischen Arzneimitteln haben. Die von EU-Experten der Biosimilar Working Party und der Heads of Medicines Agencies Working Group of Biosimilars verfasste Erklärung wurde bereits am 22. Juli 2022 vom Ausschuss für Humanarzneimittel der EMA, dem CHMP, gebilligt.

Die Einschätzung basiert der EMA-Mitteilung zufolge auf den Erfahrungen aus der klinischen Praxis, wo es üblich geworden ist, dass Ärzte bei ihren Patienten zwischen verschiedenen biologischen Arzneimitteln wechseln. Zugelassene Biosimilars hätten im Vergleich zu ihren Referenzarzneimitteln eine ähnliche Wirksamkeit, Sicherheit und Immunogenität bewiesen, heißt es, und die Analyse von Sicherheitsdaten aus mehr als einer Million Patientenbehandlungsjahren habe keinen Anlass zu Sicherheitsbedenken gegeben. Daher sind die EU-Experten der Ansicht, dass ein Biosimilar, wenn es in der EU zugelassen ist, anstelle seines Referenzprodukts (oder umgekehrt) verwendet oder durch ein anderes Biosimilar desselben Referenzprodukts ersetzt werden kann.


Die EMA hat seit 2006 86 Biosimilars zugelassen. Diese Arzneimittel wurden in den letzten 15 Jahren gründlich geprüft und überwacht. Die Erfahrungen aus der klinischen Praxis haben gezeigt, dass sie in Bezug auf Wirksamkeit, Sicherheit und Immunogenität mit ihren Referenzprodukten vergleichbar und daher austauschbar sind. Dies ist eine gute Nachricht für Patienten und Angehörige der Gesundheitsberufe, die damit einen breiteren Zugang zu wichtigen therapeutischen Optionen zur Behandlung schwerer Krankheiten wie Krebs, Diabetes und rheumatoider Arthritis erhalten."

Emer Cooke, Exekutivdirektorin der EMA


Inwiefern sich das Statement der EMA auf die Debatte in Deutschland auswirken wird, bleibt abzuwarten.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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