Amazon Care

Amazon stellt virtuellen Gesundheitsdienst ein

München - 26.08.2022, 12:45 Uhr

Der als Buchhändler gestartete Online-Riese Amazon stellt seinen Gesundheitsdienst Care ein. (x / Screenshot: amazon.care)

Der als Buchhändler gestartete Online-Riese Amazon stellt seinen Gesundheitsdienst Care ein. (x / Screenshot: amazon.care)


Der US-Handelsriese Amazon muss einen Rückschlag im Gesundheitsbereich hinnehmen. Er plant, seinen erst 2019 gegründeten und auf die Primärversorgung ausgerichteten virtuellen Gesundheitsdienst Amazon Care zum Jahresende einzustellen. US-Medien berichten aus einer internen E-Mail, wonach der Dienst nicht ausreichend für große Unternehmenskunden sei, auf die Amazon abziele. Langfristig würde das Geschäft daher nicht funktionieren.

Nach übereinstimmenden Berichten der Fachmedien „GeekWire“ und „Fierce Healthcare“ teilte Neil Lindsay, Senior Vice President von Amazon Health Services, in einer E-Mail an die Beschäftigten mit, dass der Dienst Amazon Care am 31. Dezember 2022 offiziell eingestellt werde. Die Entscheidung betreffe nur Amazon Care und die Care Medical-Gruppe, nicht aber andere Gesundheitsprojekte des Unternehmens.

„Diese Entscheidung haben wir nicht leichtfertig getroffen und wurde erst nach Monaten sorgfältigen Abwägens klar“, schrieb Lindsay an die Mitarbeiter von Amazon Health Services. „Obwohl unsere Mitglieder viele Aspekte von Amazon Care geschätzt haben, ist das Angebot für die großen Unternehmenskunden, auf die wir abzielen, nicht umfangreich genug und würde langfristig nicht funktionieren.“

Amazon Care startete 2019 als virtuelle Klinik für die eigenen Mitarbeiter. In der Folge wurde der Service auf externe Arbeitgeber ausgeweitet. Anfang dieses Jahres kündigte Amazon an, dass man bis 2022 in mehr als 20 neuen Städten, darunter New York, San Francisco, Chicago und Miami, persönliche Amazon Care-Betreuungsmöglichkeiten anbieten wolle.

Erst vor wenigen Wochen berichteten Insider über eine Webseite, auf der die Erweiterung von Amazon Care um Dienstleistungen im Bereich der Verhaltensmedizin beschrieben wurde. Darunter befand sich auch eine Partnerschaft mit dem Unternehmen für digitale psychische Gesundheit, Ginger.

Übernahme des Primärversorgers One Medical

Der Tech- und Einzelhandelsriese Amazon hat in diesem Jahr bereits auf anderen Feldern des Gesundheitswesens Schlagzeilen gemacht. Ende Juli gab Amazon Pläne zur Übernahme des Primärversorgers One Medical im Wert von rund 3,9 Milliarden US-Dollar bekannt. Das Geschäft ist noch nicht abgeschlossen.

Berichten des „Wall Street Journal“ und von „Bloomberg News“ zufolge ist Amazon auch einer der Bieter für Signify Health, ein Unternehmen im Bereich von Gesundheitstechnologie und -dienstleistungen für den häuslichen Bereich. Weitere Interessenten sind die United Health Group, CVS Health und Option Care Health.

Nicht der erste Rückschlag

Die Schließung von Amazon Care ist nicht der erste Misserfolg des Unternehmens im Gesundheitsbereich. Ein auf Arbeitgeber ausgerichtetes Joint Venture mit der Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway und der Großbank JP Morgan Chase wurde Anfang des vergangenen Jahres eingestellt.

Paddy Padmanabhan, Gründer und CEO der US-Gesundheits- und Technologieberatungsfirma Damo Consulting, sagte, dass es schwierig sei, als eigenständiger Anbieter von Primärversorgung erfolgreich zu sein, selbst mit Amazons Kundenorientierung und analytischen Fähigkeiten. „Die Primärversorgung ist ein verlustreiches Geschäft mit meist niedrigen Erstattungen. Die Unternehmen werden danach beurteilt, ob sie bei der Primärversorgung weniger Geld verlieren als das Krankenhaus um die Ecke. Darüber hinaus muss es der angespannte Arbeitsmarkt für Amazon extrem schwer gemacht haben, weiterhin investiert zu bleiben und zu wachsen.“

Amazon Health Services-Manager Lindsay gibt sich in seiner internen E-Mail trotz des Rückschlags zuversichtlich: „Während wir unsere Lehren aus Amazon Care ziehen, werden wir weiter Neues erfinden, von unseren Kunden und Branchenpartnern lernen und uns an die höchsten Standards halten, um die Zukunft des Gesundheitswesens neu zu gestalten.“


Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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