Medikationsmanagement

Ärzte und Apotheker – wie war die Rollenverteilung bei ARMIN?

Berlin - 18.08.2022, 15:30 Uhr

Der Medikationsplan war ein zentrales Element im Modellprojekt ARMIN. (Foto: ABDA)

Der Medikationsplan war ein zentrales Element im Modellprojekt ARMIN. (Foto: ABDA)


In einer aktuellen Publikation geht es um das Rollenverständnis der Ärzte und Apotheker, die am ABDA-Prestigeprojekt ARMIN teilgenommen haben. Es zeigt sich: Während bestimmte Aufgaben, die beim gemeinsamen Medikationsmanagement anfallen, klar einer Berufsgruppe zuzuordnen sind, besteht an anderen Stellen Bedarf für Nachschärfung.

Welche Aufgaben sind medizinisch, welche pharmazeutisch? Das ist wohl die Gretchenfrage beim gemeinsamen Medikationsmanagement von Ärzten und Apothekern. Vor dem Start des ABDA-Prestigeprojekts ARMIN (Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen) hat man sich darüber intensiv Gedanken gemacht. Doch wie klar waren die Aufgaben tatsächlich verteilt und wie haben Ärzte und Apotheker die Vorschläge umgesetzt?

Mehr zum Thema

In einer aktuellen Publikation beschäftigen sich die ABDA-Verantwortlichen zusammen mit dem Evaluationspartner, der Kooperationseinheit Klinische Pharmazie der Universität Heidelberg, mit der Frage, wie die Zuständigkeiten zwischen den Berufsgruppen verteilt waren und wie die Mediziner und Pharmazeuten jeweils ihren eigenen Beitrag und den des anderen Heilberufs bei der Betreuung der Patienten einschätzten. Dazu wertete das Team um Apotheker Robert Möcker von der Uni Heidelberg insgesamt 275 Fragebögen aus, die die teilnehmenden Ärzte und Apotheker zuvor ausgefüllt hatten. Die Rückmeldequote lag in beiden Berufsgruppen bei gut 67 Prozent: Von 165 angefragten Ärzten flossen 112 Antwortbögen in die Auswertung ein, bei den Apothekern waren es 163 von 243. Die Resultate sind jetzt im Open-Access-Bereich des Fachjournals „BMC Health Services Research“ erschienen (doi: 10.1186/s12913-022-08378-4).

Das Rollenverständnis der ARMIN-Ärzte und -Apotheker

Die Studienautoren wollten insbesondere wissen, welche Aufgaben die Heilberufler nach eigener Einschätzung vollständig selbst oder lediglich mit Unterstützung der jeweils anderen Profession erledigten, welche sie sich teilten und welche sie beim heilberuflichen Partner sahen. Die Ergebnisse zeigen, dass etwa beim Thema klinische Parameter weitgehend Einigkeit herrscht: Diese gehören aus Sicht sowohl der Mehrheit der Ärzte (94,7 Prozent) als auch der Apotheker (88,3 Prozent) vorrangig in die Hände der Mediziner. Auch Medikamentenüber- und -untergebrauch ist laut Ärzten (81,3 Prozent) und Apothekern (61,3 Prozent) eher etwas für die Niedergelassenen. Bei der Dosierung gaben hingegen 74,1 Prozent der Ärzte an, sich allein oder lediglich mit Unterstützung der Apotheker darum zu kümmern, von den Pharmazeuten sahen dies nur 39,3 Prozent der Befragten so.

Eindeutig pharmazeutisch ist den Umfrageergebnissen zufolge die Kontrolle der Lagerbedingungen für Arzneimittel – 94,5 Prozent der Apotheker erklärten, diesen Part weitgehend selbst zu übernehmen, 75 Prozent der Ärzte stimmten dem zu. Auch das initiale Erfassen der Medikation der Patienten obliegt hauptsächlich den Apothekern, meinen die meisten von ihnen (90,8 Prozent). Das sieht unter den Ärzten ein deutlich geringerer Anteil so, aber dennoch mehr als die Hälfte der befragten Mediziner (54,5 Prozent).

Welche Aufgaben bewältigen Ärzte und Apotheker gemeinsam?

Gefragt nach den Aufgaben, um die sich die Heilberufler überwiegend gemeinsam kümmerten, nannten Ärzte am häufigsten Interaktionen zwischen Arzneimitteln (53,6 Prozent), Doppelverordnungen und unerwünschte Arzneimittelwirkungen (jeweils 43,8 Prozent) sowie das Fortschreiben des Medikationsplans (41,1 Prozent). Den letzten Punkt nannten die Apotheker besonders oft (50,3 Prozent), gefolgt von unerwünschten Wirkungen (37,4 Prozent) und dem Erklären und Aushändigen des Medikationsplans (33,7 Prozent).

Letzteres zählt allerdings gleichzeitig zu den Aufgaben, bei denen die Einschätzungen von Ärzten und Apothekern am weitesten auseinanderliegen: 65,1 Prozent der Mediziner gaben an, dies weitgehend allein zu übernehmen – dem schlossen sich nur 27,7 Prozent der Apotheker an. Getoppt wird diese Differenz beim Beheben von Problemen in der Selbstmedikation: Hier erklärten 90,8 Prozent der Apotheker, sich in erster Linie selbst zu kümmern. Nur 29,4 Prozent der Ärzte sehen das genauso. Und auch die Frage, wer OTC-Medikamente in den Medikationsplan schreibt beziehungsweise sie nach dem Absetzen wieder entfernt, beantworteten Mediziner und Pharmazeuten ganz unterschiedlich – 72,4 Prozent der Apotheker meinen, diese Aufgabe komme vorrangig ihnen zu, während nur 18,8 Prozent der Ärzte dieser Ansicht sind.

Interprofessionelle Kommunikation stärken

„Grundsätzlich haben sich die an ARMIN teilnehmenden Ärzte und Apotheker viele Aufgaben im interprofessionellen Medikationsmanagement geteilt“, fassen die Studienautoren zusammen. So sei es auch im Konzeptpapier vorgesehen gewesen. Viele Tätigkeiten hätten sich zudem gegenseitig ergänzt. „Bei einigen Aufgaben war die Zuteilung aber offenbar weniger klar, sodass diese möglicherweise nicht ausreichend oder doppelt erfüllt wurden.“ In solchen Projekten, in denen sich Aufgaben überlappten, sollte deshalb nach Wegen gesucht werden, die interprofessionelle Kommunikation zu stärken, um Ressourcen zu schonen und Lücken in der Versorgung zu schließen.


Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

CDU-Politiker Roy Kühne: Beim Medikationsmanagement Leistungen an Apotheken delegieren

Apotheker können mehr

Studienergebnisse „überraschend deutlich“ 

Erfolgsgeschichte ARMIN: Medikationsmanagement senkt Sterblichkeit

Auswertung der Ergebnisse

Was von ARMIN bleiben soll

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.