Regierungsentwurf für ein GKV-Finanzstabilisierungsgesetz

Overwiening: Sparpläne sind „versorgungs- und patientenfeindlich“

Berlin - 28.07.2022, 10:45 Uhr

Gabriele Overwiening fordert Planungssicherheit statt Honorarkürzungen. (a / Foto: ABDA)

Gabriele Overwiening fordert Planungssicherheit statt Honorarkürzungen. (a / Foto: ABDA)


Als „absolut versorgungs- und patientenfeindlich“ bezeichnet ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening die Sparpläne der Bundesregierung für die Apotheken. Während Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) darauf setzt, dass es im weiteren Gesetzgebungsverfahren keine größeren Änderungen mehr gibt, sieht der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Andrew Ullmann, durchaus Bedarf für Nachjustierungen.

Die Bundesregierung hält an den Sparplänen des Bundesgesundheitsministers für die Apotheken fest: Der Kassenabschlag soll für zwei Jahre von 1,77 Euro auf 2 Euro je Rx-Packung angehoben werden. So sieht es der am gestrigen Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf für das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz vor. Die Maßnahme ist Teil eines Gesamtpaketes, das die Krankenkassen vor einem 17-Milliarden-Euro-Defizit im kommenden Jahr bewahren soll. 

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Laut Gesetzentwurf soll der höhere Abschlag der Apotheken in den Jahren 2023 und 2024 rund 170 Millionen einsparen. Die ABDA geht allerdings davon aus, dass sich die Sparsumme auf netto etwa 240 Millionen belaufen wird. Und DAZ-Redakteur und Wirtschaftsexperte Thomas Müller-Bohn hat eine Entlastung der Kassen in Höhe von rund 142 Millionen Euro im Jahr errechnet.

Die ABDA weist die Sparpläne nun erneut in einer Pressemitteilung scharf zurück – im Namen von Deutschlands rund 18.000 Apotheken mit ihren 160.000 Beschäftigten. „Die Apotheken fordern stattdessen Planungssicherheit und eine angemessene Vergütungsanpassung aufgrund drastisch gestiegener Kosten“, heißt es weiter. Sie hätten bewiesen, dass sie für ein krisenfestes Gesundheitswesen unverzichtbar sind. Das müsse politisch jetzt endlich honoriert werden. Sie arbeiteten hocheffizient und ihr Anteil an den Ausgaben der Krankenkassen sei inzwischen auf nur noch 1,9 Prozent gesunken. Auch das Apothekenhonorar ist trotz steigender Inflation seit fast 10 Jahren eingefroren.

Schallende Ohrfeige für den Nachwuchs

Für ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening ist die geplante 13-prozentige Erhöhung des Abschlags nicht hinnehmbar: „Das ist ein Schlag ins Gesicht für jede Apothekerin und jeden Apotheker.“ Für alle engagierten Apothekerinnen und Apotheker, gerade auch für den dringend benötigten Nachwuchs, sei das „eine schallende Ohrfeige.“

Overwiening verweist erneut auf die zahlreichen Sonderaufgaben, die Apotheken in der Pandemie übernommen haben. „Nun können, wollen und müssen die Apotheken sich endlich wieder ihren Kernaufgaben zuwenden, sollen aber durch rigide Sparmaßnahmen bestraft werden. Dieses Vorhaben ist absolut versorgungs- und patientenfeindlich!“

Auch Minister Karl Lauterbach hatte gestern ausdrücklich die zusätzlichen Leistungen der Apotheken gewürdigt – ebenso die neuen Dienstleistungen, die sie mittlerweile anbieten. Doch das zeigt für Overwiening „bloß die Absurdität dieser Sparpläne.“

Ullmann (FDP) erneuert Kritik

Welche Chancen gibt es jetzt, dass am Gesetzentwurf noch deutlich gefeilt wird? Lauterbach stellte gestern klar, dass es sich um ein Gesetz handele, bei dem es gut sei, darüber lange zu sprechen. Allerdings wäre es nicht gut, wenn es sich verändere, so der SPD-Politiker. Die FDP hat indessen schon ein wenig für die Pharmaindustrie erreicht: Statt des Solidarbeitrags von 2 Milliarden Euro, soll nun „nur“ eine Milliarde Euro über einen erhöhten Herstellerabschlag für patentgeschützte Arzneimittel eingespart werden. Und offenbar will die Bundestagsfraktion der Liberalen noch mehr. Ihr gesundheitspolitischer Sprecher Andrew Ullman sagte dem „Tagesspiegel Background“: „Wir sehen sehr vieles weiter kritisch und werden das als Fraktion in die Verhandlungen entsprechend einbringen.“ So gebe es im geplanten Gesetz eine Ungleichverteilung zulasten der Leistungserbringer, wie zum Beispiel der forschenden Pharmaindustrie, der Ärzteschaft sowie der Apotheken. „Hier muss nachjustiert werden.“ 


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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2 Kommentare

Sparpläne

von Susanne Wagner-Schröer am 29.07.2022 um 9:36 Uhr

Seit 1999, als eine SPD/Grüne Regierung begann, die Apotheken wie eine Kuh zu melken, als GMG, AMNOG etc. pp. uns finanziell die Luft nahmen haben wir NICHTS gelernt. Herr Lauterbach war/ist der Cheflobbyist der Pharma seit .... Jahren. Wir aber drängen uns nach Testen, Impfen, pharmazeutischen Dienstleistungen, nach allem Möglichen. Wir wählen wieder SPD/Grün - wir wählen unsere eigenen "Henker". Die deutsche Apotheke wird abgeschafft - noch immer nicht gemerkt? Die einzige Sprache, die man in Berlin versteht: alle Apotheken zu, auf die Straße und alles dicht machen, bis wir endlich gehört werden. Die Personaldecke ist zusammengebrochen, Apotheken schließen, weil sie kein Personal mehr haben, viele können es nicht mehr bezahlen. Wie lange lassen wir uns noch von SPD/Grünen an der Nase durch den Ring führen?

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Gesetzentwurf

von Gerhard Zibulak am 29.07.2022 um 8:20 Uhr

Wo bleibt die Forderung nach einer Erhöhung des Apothekenzuschlags auf mindestens 12€ ? Sonst ist der Notdienst nicht mehr finanzierbar. SPD Politiker verstehen nur Streikandrohungen!

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