Einstieg ins Arztgeschäft

Amazon übernimmt US-Konzern One Medical

Traunstein - 22.07.2022, 15:15 Uhr

Die US-Hausarztkette One Medical gehört jetzt zu Amazon. (b/IMAGO / Levine-Roberts)

Die US-Hausarztkette One Medical gehört jetzt zu Amazon. (b/IMAGO / Levine-Roberts)


Schon seit Längerem hat Amazon das Gesundheitswesen als lukrativen Markt entdeckt. Nun hat der US-Versandhändler angekündigt, den US-Konzern One Medical zu übernehmen. Dieser betreibt in den USA ein Netz mit insgesamt 182 Hausarzt-Filialen.

Stolze 3,9 Milliarden Dollar ist es dem US-Versandriesen Amazon wert, weitere Anteile am Gesundheitswesen in den USA zu erobern. Damit will er den US-Konzern One Medical aus San Francisco übernehmen. Dieser betreibt laut einem Bericht des Handelsblatts in den USA insgesamt 182 Hausarzt-Filialen. Wer diese nutzen will, bezahlt 200 Dollar Mitgliedsgebühr und kann dafür rund um die Uhr virtuelle oder persönliche Arztbehandlungen buchen. Darüber hinaus arbeitet One Medical mit mehr als 8000 Unternehmen zusammen, deren Mitarbeiter das Arztnetz nutzen. 

Auf seiner Website wirbt One Medical damit, dass es persönliche oder Videotermine bereits am selben oder am nächsten Tag gibt. Zudem wird versprochen, dass diese länger dauern, sodass man sich nicht gehetzt fühlt.

Erst die Apotheke, dann die Arztpraxen

Damit komplettiert Amazon sein Angebot im Gesundheitswesen um einen wichtigen Baustein. Denn im Apothekenmarkt ist der US-Gigant schon seit einiger Zeit aktiv. Bereits im Jahr 2018 hatte Amazon für rund 770 Millionen Dollar die auf patientenindividuelle Verblisterungen spezialisierte Versandapotheke Pillpack gekauft, 2019 erfolgte dann die Umbenennung in „Pillpack by Amazon Pharmacy”. Seit 2020 bietet Amazon mit der „Amazon Pharmacy“ eine vollumfängliche Arzneimittelversorgung per Versand an. Deren Umsätze dürften nun dank des Zukaufs einer Kette von verordnenden Hausarztpraxen deutlich zulegen. 

Mit blumigen Worten beschreibt Neil Lindsay, Senior Vice President von Amazon Health Services, in der Pressemeldung die Absichten von Amazon: „Wir glauben, dass die Gesundheitsversorgung ganz oben auf der Liste der Erfahrungen steht, die neu erfunden werden müssen. Einen Termin vereinbaren, wochen- oder sogar monatelang darauf warten, sich von der Arbeit freinehmen, in eine Klinik fahren, einen Parkplatz finden, warten im Wartezimmer, dann im Untersuchungszimmer allzu oft ein paar hektische Minuten mit einem Arzt, gefolgt von einem Besuch in einer Apotheke – wir sehen viele Möglichkeiten, sowohl die Qualität zu verbessern als auch den Menschen wertvolle Zeit in ihrem Leben zurückzugeben."

Drittgrößte Übernahme in der Unternehmensgeschichte

Wie wichtig dieser weitere Baustein für Amazon ist, zeigt die enorme Summe, die investiert wird: Mit 3,9 Milliarden Dollar ist die Übernahme von One Medical die drittgrößte Übernahme in der Unternehmensgeschichte. Mehr bezahlt hat der Versandhändler nur für die Supermarktkette Whole Foods und die Filmstudios Metro-Goldwyn-Mayer (MGM).

Wann kommt Europa dran?

Bleibt die Frage, ob und wann Amazon einen ernsthaften Angriff auf den europäischen Gesundheitsmarkt startet. Immer wieder einmal war spekuliert worden, dass der US-Versender die Zur Rose-Gruppe übernehmen könnte, doch bislang sind in diese Richtung keine Ambitionen zu erkennen. Zudem könnten auch investorenbetriebene MVZ-Ketten in Deutschland attraktiv sein für den Konzern. Allerdings sind die Voraussetzungen sowohl was die Strukturen als auch die Gesetzeslage und das Krankenversicherungswesen betrifft in Europa deutlich anders als in den USA – was Amazon möglicherweise davon abhalten könnte, eine blutige Nase zu riskieren.


Dr. Christine Ahlheim (cha), Chefredakteurin AZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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