Berufung nicht zugelassen

Es bleibt beim Aus für 50-Cent-Bons

Berlin - 08.07.2022, 10:45 Uhr

In einer niedersächsischen Apotheke erhielten Kunden bei jedem Besuch einen 50-Cent-Wertbon, den sie anschließend beim Kauf nicht preisgebundener Produkte verrechnen lassen konnten. (x / Foto: Pixxs / AdobeStock)

In einer niedersächsischen Apotheke erhielten Kunden bei jedem Besuch einen 50-Cent-Wertbon, den sie anschließend beim Kauf nicht preisgebundener Produkte verrechnen lassen konnten. (x / Foto: Pixxs / AdobeStock)


Ein langer Rechtsstreit um die 50-Cent-Bons eines niedersächsischen Apothekers hat ein Ende gefunden. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg bestätigte erneut, dass solche Gutscheine, die anlässlich einer Rezepteinlösung gewährt werden und später beim Kauf nicht preisgebundener Apothekenwaren verrechnet werden, gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung verstoßen.

Seit mehr als fünf Jahren streitet ein Apotheker aus Niedersachsen mit seiner Apothekerkammer über die Zulässigkeit seiner Bonus-Bons beziehungsweise Wege-Bons im Wert von 50 Cent. Diese erhielten Kunden bei jedem Besuch in einer seiner Apotheken; sie konnten anschließend beim Kauf nicht preisgebundener Produkte angerechnet werden. Per Bescheid untersagte die in Niedersachsen für die Aufsicht zuständige Kammer das Anbieten und Gewähren solcher Bons bei der Einlösung eines Rezepts über ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel. Zugleich ordnete sie die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung an.

Der Apotheker erhob Klage gegen diese Verfügung und stellte zudem einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, um die aufschiebende Wirkung dieser Klage wiederherzustellen. Hintergrund war das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von 2016, das EU-Versendern den Weg für Rx-Boni frei machte. Wenn ihnen dies erlaubt sei, müsse es auch deutschen Apotheken möglich sein, fand der Apotheker. Jedenfalls müssten die deutschen Regelungen im neuen Licht der Luxemburger Entscheidung ausgelegt werden.

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Oberverwaltungsgericht Lüneburg

50-Cent-Bons bleiben verboten

Schon im Eilverfahren im Jahr 2017 hatte der Apotheker allerdings keinen Erfolg vor den Verwaltungsgerichten. Auch im Hauptsacheverfahren wendete sich das Blatt für ihn nicht. Im September 2018 wies das Landgericht Lüneburg die Klage ab. Weil es die Berufung nicht zuließ, beantragte der Apotheker, diese doch zuzulassen. Nun hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg diesen Antrag abgewiesen. In seinem Leitsatz zur Entscheidung fasst es zusammen:


Die Ausgabe von Wertbons bei der ausschließlichen Einlösung eines Rezeptes über verschreibungspflichtige Arzneimittel zur späteren Verrechnung mit dem Kaufpreis nicht preisgebundener Waren verstößt gegen die Arzneimittelpreisbindung nach § 78 Abs. 1 und 2 AMG."

Leitsatz OVG Lüneburg, Beschluss vom 28.Juni 2022, Az.:14 LA 1/22


Die Berufung gegen ein Urteil ist nach den Vorgaben der Verwaltungsgerichtsordnung nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Unter anderem, wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist oder grundsätzliche Bedeutung hat. Doch das Oberverwaltungsgericht sah keinen dieser Zulassungsgründe gegeben und vermisste teilweise schon eine hinreichende Darlegung ihrer Voraussetzungen.

So hatte der klagende Apotheker beispielsweise argumentiert, dass die Frage, ob die arzneimittelrechtliche Preisbindung im Einklang mit der Berufsfreiheit steht, grundsätzlich klärungsbedürftig sei. Doch hier – wie auch an anderen Stellen ihres Beschlusses – verweisen die Lüneburger Richter auf ein im Juli 2020 ergangenes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Dieses hatte im „Kuschelsocken“-Streit festgestellt, dass die Inländerdiskriminierung, die das EuGH-Urteil von 2016 den deutschen Apotheken in Sachen Zuwendungen bescherte, zumutbar sei. 

Mit diesem Urteil sehen die Lüneburger Richter:innen auch die entscheidenden Fragen im vorliegenden Fall geklärt. Insbesondere habe das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass der durch die gesetzlichen Regelungen über den einheitlichen Apothekenabgabepreis bewirkte Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit verfassungsrechtlich gerechtfertigt sei, heißt es in der aktuellen Entscheidung. Die arzneimittelrechtlichen Preisbindungsvorschriften dienten vernünftigen Gründen des Gemeinwohls: Es solle ein Preiswettbewerb auf der Handelsstufe der Apotheken verhindert werden und dadurch die im öffentlichen Interesse gebotene flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt werden. Außerdem sollten sich Patientinnen und Patienten im Interesse einer schnellen Arzneimittelversorgung darauf verlassen können, dass sie die Arzneimittel in jeder Apotheke zum gleichen Preis erhalten könnten.

Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Beschluss vom 28.Juni 2022, Az.:14 LA 1/22


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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