Inflationsausgleich oder Verringerung der Aufgaben

Siemsen: Gesundheitsminister Lauterbach gefährdet Patientenversorgung

Hamburg - 07.07.2022, 12:15 Uhr

Kai-Peter Siemsen: Die Honorierung reicht nicht mehr für alle Aufgaben der Apotheker. (x / Foto: tmb / DAZ)

Kai-Peter Siemsen: Die Honorierung reicht nicht mehr für alle Aufgaben der Apotheker. (x / Foto: tmb / DAZ)


Viele Berufspolitiker kritisieren die jüngsten Sparpläne von Karl Lauterbach. Kai-Peter Siemsen, Präsident der AK Hamburg, sieht die Patientenversorgung gefährdet und denkt dabei weiter. Wenn das Honorar nicht mehr für die viele Arbeit in den Apotheken reicht, sollte die Politik entscheiden, welche Leistungen der Apotheken künftig wegfallen. Dies wäre die Alternative zu einer angemessenen Honorierung der Apotheken mit Inflationsausgleich.

Kai-Peter Siemsen, Präsident der Apothekerkammer Hamburg, sieht durch die jüngsten Sparpläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die „gute und geordnete Versorgung der Patienten durch die Apotheken“ bedroht. Das Honorar werde radikal um etwa 140 Millionen Euro gekürzt, aber „die Zitrone namens Apotheke ist ausgepresst“, erklärt Siemsen. 

Mehr zum Thema

Andrew Ullmann im ABDA-Talk

Interdisziplinarität üben

Versammlung der Apothekerkammer Westfalen-Lippe

Overwiening: Alle sechs Jahre schließen 1.000 Apotheken

Die von Lauterbach erwähnten Effizienzreserven hätten die Apotheken schon in den vergangenen 15 Jahren gehoben. Die flächendeckende Versorgung durch die mehr als 18.000 Apotheken beanspruche nur 19 Promille der Gesamtkosten im Gesundheitswesen, rechnet Siemsen vor und verweist zum Vergleich auf die knapp 100 Krankenkassen, die für ihre Verwaltung mehr als 4 Prozent der Mittel verbrauchten.

Siemsen erwartet Schließung zahlreicher Apotheken

Siemsen erwartet, dass die geplanten Maßnahmen das Ende für weitere Apotheken bedeuten werden: „Dieser Radikaleingriff wird der Todesstoß für zahlreiche weitere Apotheken sein, die allein durch den fehlenden Inflationsausgleich der letzten 20 Jahre zu Tausenden schon in den letzten Jahren aus wirtschaftlichen Gründen schließen mussten.“ Damit würden die Leistungen der Apothekerschaft mit Füßen getreten, erklärt Siemsen. Seine düstere Einschätzung beruht vor allem auf der Gesamtproblematik der Apothekenhonorierung. Denn der Gesetzgeber und die Krankenkassen hätten den Apotheken in den vergangenen Jahren zahlreiche neue Aufgaben aufgeladen. 

Hinzu kämen die „derzeit riesigen Inflationsraten“. Dann reiche das gesetzlich festgesetzte Honorar auf der Grundlage von 2002 nicht mehr aus, um alle Aufgaben der Apotheken zu erfüllen. Vor diesem Hintergrund hatte die Kammerversammlung der Apothekerkammer Hamburg erst am 20. Juni – also vor Bekanntwerden der jüngsten Sparpläne – einen Antrag für den Deutschen Apothekertag verabschiedet, den Festzuschlag auf Rx-Arzneimittel gemäß der Inflation seit Einführung dieser Honorierungsform zu erhöhen.

Welche Aufgaben sollen wegfallen?

Als weiteren Belastungsfaktor nennt Siemsen den „eklatanten Fachkräftemangel“, dem die Apotheken auch wegen fehlender Ertragskraft nicht finanziell entgegenwirken könnten. Siemsen folgert: „20 Jahre Verweigerung der Bundesminister für Gesundheit und Wirtschaft, das gesetzliche Honorar der Apotheken den gestiegenen Kosten anzupassen, zeigen seit geraumer Zeit Wirkung.“ Daraus zieht Siemsen die logische Konsequenz, dass die Honorierung nicht mehr für alle Aufgaben reicht. 

Diesen Gedanken führt Siemsen weiter und fordert die Politik auf, zu entscheiden, welche Leistungen oder Aufgaben der Apotheken wegfallen sollen. „Soll der Notdienst ausgedünnt oder abgeschafft werden? Sollen die unendlichen Dokumentationspflichten für Rezepturen, Hygiene, Betäubungsmittel, Sonderarzneimittel oder Importe wegfallen? Sind individuell hergestellte Rezepturen noch zu leisten? Oder sollen die Öffnungszeiten auf Praxisniveau reduziert werden?“, fragt Siemsen und ergänzt, die Apotheken würden zahlreiche wichtige Leistungen einschränken müssen, um ihre Türen nicht für immer abschließen zu müssen.


Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Siemsen: Honorierung reicht nicht mehr für alle Aufgaben der Apotheken

Inflationsausgleich oder Leistungskürzungen

Beitragssenkung bei der Kammer Hamburg

Siemsen fordert 2,7 Milliarden Euro Inflationsausgleich

Kammerversammlung der Apothekerkammer Hamburg mit klarer Botschaft

Forderung nach 2,7 Milliarden Euro Inflationsausgleich

Siemsen beim Sommerfest der Hamburger Apotheker

ARMIN statt Medikationszettel

BAV-Vorsitzender Hubmann zur politischen Lage

„Das CDU-geführte Ministerium war ein Glücksfall“

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.