Komplette Remission?

Dostarlimab – Hoffnungsträger bei seltener Darmkrebsform

Stuttgart - 22.06.2022, 13:45 Uhr

Der humanisierte monoklonale IgG4-Antikörper bindet hochselektiv an PD-1-Rezeptoren und verhindert deren Interaktion mit den Liganden PD-L1 und PD-L2. Als Folge wird die Hemmung der T-Zell-Funktion aufgehoben und die gegen den Tumor gerichtete Immunantwort wiederhergestellt. (b/Foto: Kateryna_Kon / AdobeStock)

Der humanisierte monoklonale IgG4-Antikörper bindet hochselektiv an PD-1-Rezeptoren und verhindert deren Interaktion mit den Liganden PD-L1 und PD-L2. Als Folge wird die Hemmung der T-Zell-Funktion aufgehoben und die gegen den Tumor gerichtete Immunantwort wiederhergestellt. (b/Foto: Kateryna_Kon / AdobeStock)


Derzeit sorgt der monoklonale Antikörper Dostarlimab für Schlagzeilen. Geweckt wird die Hoffnung, dass Darmkrebs heilbar ist. Zur Erinnerung: In der EU wurde Dostarlimab (Jemperli) vor gut einem Jahr eine bedingte Zulassung zur Therapie des fortgeschrittenen Endome­triumkarzinoms mit Mismatch-­Repair-Defizienz erteilt.

Dostarlimab ist ein gegen den Checkpoint-Rezeptor Programmed-Death-1 (PD-1) gerichteter Antikörper und zählt zu den Immuncheckpoint-Inhi­bitoren. Immuncheckpoint-Inhibitoren zeichnen sich dadurch aus, dass sie die durch Tumoren initiierte Ausschaltung der Immunabwehr aufheben können. 

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Vor dem Hintergrund, dass Tumoren von Patienten, die an einer genetisch bedingten Mismatch-Repair-­Defizienz leiden, auf eine Blockade von PD-1 ansprechen, wurden zwölf Patienten mit einem lokal fortgeschrittenen rektalen Adenokarzinom im Stadium II oder III mit Mismatch-Repair-Defizienz über sechs Monate alle drei Wochen mit Dostarlimab behandelt. Patienten mit einem vollständigen Ansprechen sollten danach weder chemotherapeutisch noch chirurgisch weiterbehandelt werden. Inzwischen ist die Dostarlimab-Therapie bei allen Patienten beendet worden und sie konnten sechs Monate weiter beobachtet werden. Bei allen Patienten wurde ein komplettes Ansprechen festgestellt. Der Tumor ließ sich nicht mehr nachweisen. 

Das lässt hoffen, dass Patienten mit rektalen Adenokarzinomen, die Folge der sehr seltenen genetisch bedingten Mismatch-­Repair-Defizienz sind, durch eine PD-1-­Blockade geheilt werden können. Das Forscherteam weist jedoch darauf hin, dass eine längere Nachbeobachtungszeit erst zeigen muss, ob der Effekt von Dauer ist.

Dostarlimab – ein neues Arzneimittel von 2021

„Dostarlimab (Jemperli®) ist ein gegen den Checkpoint-Rezeptor Programmed-Death-1 (PD-1) gerichteter Antikörper, der als Monotherapeutikum bei Frauen mit rezidivierendem oder fortgeschrittenem Endometriumkar­zinom eingesetzt wird. Hier ist die Pro­gnose besonders schlecht, wenn es sich, wie in etwa einem Drittel aller Fälle, um Karzinome in Zusammenhang mit einer genetisch bedingten Mismatch-Reparatur-Defizienz handelt. Dabei erkennen Reparaturproteine wegen eines angeborenen Gendefekts den Einbau falscher Basen im Rahmen der DNA-Replikation nicht und führen daher keine Fehlerbehebung durch. Es entwickeln sich verstärkt höhergradige Karzinome mit häufigerer Invasivität. 

Der PD-1-Antikörper Dostarlimab ist die erste spezifisch für Endometriumkarzinome mit diesem Gendefekt zugelassene Therapieoption und gilt durchaus als therapeutischer Fortschritt. Der humanisierte monoklonale IgG4-Antikörper bindet hochselektiv an PD-1-Rezeptoren und verhindert deren Interaktion mit den Liganden PD-L1 und PD-L2. Als Folge wird die Hemmung der T-Zell-Funktion aufgehoben und die gegen den Tumor gerichtete Immunantwort wiederhergestellt. So können körpereigene T-Zellen die fremden Proteine in den Tumorzellen aufspüren und eliminieren. 

Dostarlimab hat kein vollständig neues Wirkprinzip: Mit Cemiplimab, Pembrolizumab und Nivolumab sind bereits drei weitere PD-1-Antikörper auf dem deutschen Markt verfügbar, allerdings sind sie zur Behandlung anderer Tumore zugelassen.“ 

Quelle: Neue Arzneimittel 2021, DAZ 52/2021, 30.12.2021

Literatur

Cercek A et al. PD-1-Blockade in Mismatch Repair–Deficient, Locally Advanced Rectal Cancer. NEJM 5. Juni 2022, DOI: 10.1056/NEJMoa2201445


Dr. Doris Uhl (du), Apothekerin
Chefredaktion DAZ

redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


Deutsche Apotheker Zeitung
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