AZ-Tipp Management

Enttäuschte Erwartungen

08.06.2022, 07:00 Uhr

Was tun, wenn eine Kundin oder Kunde einen Wunsch hat, den die Apotheke nicht erfüllen kann? (c / Foto: Peter Atkins / AdobeStock)

Was tun, wenn eine Kundin oder Kunde einen Wunsch hat, den die Apotheke nicht erfüllen kann? (c / Foto: Peter Atkins / AdobeStock)


Eine Situation, von der jeder in der Apotheke Tätige ein Lied singen kann: Kunden ohne Rezept, aber mit dem Wunsch nach einem verschreibungspflichtigen Arzneimittel. Wie geht man damit um? Wie erfüllt man die Erwartungen seines Gegenübers und zugleich seine eigenen? 

AZ-Autorin Monika Raulf wirft einen beobachtenden Blick auf den Freitagnachmittag oder Samstagvormittag in der Apotheke. Denn diese Zeiten haben eine Gemeinsamkeit: Die ärztliche Erreichbarkeit ist nur in reduziertem Ausmaß gegeben. Mit mangelnder Möglichkeit, den Arzt zu konsultieren, scheint zeitlich die Häufigkeit des Wunsches nach verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ohne Rezept überproportional anzusteigen. Verbunden mit der Erwartungshaltung, dass die Apothekenmitarbeiter diesem Wunsch selbstverständlich und ohne auch nur mit der Wimper zu zucken nachkommen. Wahlweise die nachzureichende Verordnung schnellstmöglich beim betroffenen Aussteller selbst anfordern und die ausgestellte Verschreibung, ohne die Augenbraue auch nur einen Millimeter anzuheben, auch noch abholen.

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Und natürlich passieren die Klassiker. Frau Kannichmalhaben betritt die Apotheke: „Kann ich mal Ibu 800 haben? Eine große Packung.“ Die darauffolgende Antwort kennen alle. Wenig später – natürlich wurde für den genannten Kundenwunsch wie erwartet eine Lösung gefunden – kommt Frau Willich zielgerichtet und ohne den Hauch eines Zögerns mit der Ansage, sie benötige 100 mg Sumatriptan, an den HV-Tisch. Sofort. Ohne „bitte“. Auch hier findet sich eine Lösung. Nicht aber beim dritten Fall: Herr Torschlusspanik ruft an und wünscht, Diazepam, die 50er, nach Hause geliefert zu bekommen. Und natürlich gibt es auch in diesem Fall kein Rezept. Die verbleibende Zeit bis zum Dienstschluss beträgt noch fünf Minuten. Diskussionen dürfen ausgeschlossen werden. Manche Kundenwünsche sind eben nicht zu erfüllen. Manche Kundenerwartungen sind auch nicht zu verstehen. Und man muss sie auch nicht alle verstehen. Punkt.

In allen Fällen geht es den Kunden sicherlich darum, schnellstmöglich und unkompliziert eine Lösung für ihr Problem (fehlendes Arzneimittel) zu bekommen. Wahlweise sind sie selbst es, die es versäumt haben, sich rechtzeitig um eine Verordnung oder die Zustellung dieser in die Apotheke zu kümmern. Das Resultat ist und bleibt allerdings stets das Gleiche: Aus Sicht der Apotheke stehen sie zu einem für eine Lösungsfindung sehr ungünstigen Zeitpunkt in der Offizin und erwarten, dass die Mitarbeiter für sie die Kohlen aus dem Feuer holen. Nur selten wissen sie, was genau sie mit ihrer Anfrage auslösen und welche Tragweite deren Erfüllung haben kann. Sowohl in beruflicher als auch in persönlicher Hinsicht. Denn eines ist klar: Die Apotheke will ja helfen. Aber eben nicht um jeden Preis. Der Verlust der Approbation ist sicherlich ein zu hoher.

Das führt direkt zu etlichen Fragen zum Thema Erwartungen: Welche Erwartung ist richtig, welche falsch? Sollten wir uns grundsätzlich davon lösen, Erwartungen zu hegen? Denn „Erwarten“ beinhaltet „Warten“. Und wer von uns wartet schon gerne?

Wie Sie diese Fragen für sich beantworten können und welche Rückschlüsse Sie daraus im Umgang mit Ihren Kunden ziehen, beschreibt Monika Raulf, Apothekerin und zertifizierter Coach, in der aktuellen AZ Nr. 23, 2022, S. 6.


Apotheker Zeitung (AZ)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Rücksprache mit Arzt oder Bereitschaftsdienst

von Andreas Grünebaum am 08.06.2022 um 9:14 Uhr

Fall Nr. 1) Wider erwarten konnte man den Arzt noch telefonisch erreichen. Dieser warnt eindringlich davor, dem Kunden Ibu auszuhändigen, weil sein Blutdruck komplett entgleist ist und erst neu eingestellt werden muss. Bis dahin hatte er die Patientin angewiesen, sich in der Apotheke Paracetamol zu holen.

Fall Nr. 2) Ebenfalls konnte man telefonisch mit dem Arzt Rücksprache halten, weil man seine private Mobilnummer für Notfälle kannte. Der gibt an, dass die Patientin unter peripheren Durchblutungsstörungen leidet und daher keine Triptane mehr einnehmen darf!
Was wäre in den beiden Fällen geschehen, wenn der Apotheker eben mal so eine "Lösung" herbeigeführt hätte?

An den Haaren herbeigezogen? Nein, denn solche Fälle gibt es immer wieder und deshalb auch die Verschreibungspflicht. Eine Lösung wäre die Einführung einer elektronischen Dauerverordnung, welche der Arzt bei Bedarf jederzeit löschen kann. Bis dahin muss man eben auf den Bereitschaftsdienst verweisen.

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