Langzeitinsuline Lantus und Toujeo

Verursacht Insulin glargin bereits nach Minuten Hypoglykämien?

Stuttgart - 03.03.2022, 10:45 Uhr

Kann das langwirksame Insulin glagin in Lantus, Toujeo, Abasaglar, Semglee und Suliqua bereits nach 15 Minuten zu schweren Hypoglykämien führen? Die AkdÄ bittet um Mithilfe. (Foto: IMAGO / Pixsell)

Kann das langwirksame Insulin glagin in Lantus, Toujeo, Abasaglar, Semglee und Suliqua bereits nach 15 Minuten zu schweren Hypoglykämien führen? Die AkdÄ bittet um Mithilfe. (Foto: IMAGO / Pixsell)


Kann Insulin glargin bereits nach 15 Minuten schwere Hypoglykämien verursachen – obwohl dessen blutzuckersenkende Wirkung im Mittel erst nach 1,5 Stunden einsetzt? Vor diesem Rätsel steht die AkdÄ und bittet um Meldung solcher Beobachtungen unter Lantus, Toujeo, Abasaglar, Semglee und Suliqua.

Insulin glargin zählt zu den langwirksamen Insulinen, dessen Wirkung durchschnittlich erst nach etwa 1,5 Stunden eintritt – dennoch erreichen die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) Berichte über sehr frühe Hypoglykämien nach Anwendung von Insulin glargin. Diese sollen bereits 15 Minuten nach Injektion eingetreten sein. Wie kann das sein? Liegt es tatsächlich am Insulin oder kommen auch andere Ursachen für die Hypoglykämien infrage? Auf der Suche nach Antworten bittet die AkdÄ, Fälle von frühen Hypoglykämien zu melden.

Frühe Hypoglykämien ungewöhnlich

Der AkdÄ zufolge waren einige der Patienten aufgrund der Schwere der Hypoglykämie auf fremde Hilfe angewiesen. Erklären kann sich die AkdÄ die hypoglykämischen Zwischenfälle nicht – zwar werde die Hypoglykämie als „sehr häufige“ Nebenwirkung bei Insulin glargin-haltigen Arzneimitteln genannt, doch informiert die Fachinformation auch über eine gleichmäßige Insulinwirkung ohne Spitzen. Den Wirkmechanismus erklärt Sanofi bei Lantus® wie folgt: „Insulin glargin ist ein Humaninsulinanalogon mit einer geringen Löslichkeit im neutralen pH-Bereich. Im sauren pH-Bereich der Lantus-Injektionslösung (pH 4) ist es vollständig löslich. Nach der Injektion in das Subkutangewebe wird die saure Lösung neutralisiert, was zur Bildung von Mikropräzipitaten führt, aus denen kontinuierlich geringe Mengen von Insulin glargin freigesetzt werden. Dies hat ein gleichmäßiges, berechenbares Konzentrations-Zeit-Profil ohne Spitzen und eine lang anhaltende Wirkdauer zur Folge“. Der AkdÄ kommen aufgrund des Wirkmechanismus „Hypoglykämien bereits kurz nach der Injektion ungewöhnlich“ vor, man wolle jedoch analysieren, ob ein „kausaler Zusammenhang zwischen der Applikation von Insulin glargin und frühen Hypoglykämien“ besteht.

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Insulin glargin findet sich in den Fertigarzneimitteln Lantus® mit 100 Einheiten/ml (Sanofi), Toujeo® mit 300 Einheiten/ml (Sanofi), Abasaglar® mit 100 Einheiten/ml (Lilly) und Semglee mit 100 Einheiten/ml (Mylan). In Suliqua® kombiniert Sanofi Insulin glargin mit Lixisenatid.

Was könnte eine Hypoglykämie begünstigt haben?

Allerdings kommen als Ursache oder Auslöser von Hypoglykämien auch andere Faktoren in Betracht, erinnert die AkdÄ. Deswegen bittet die Arzneimittelkommission, bei Meldung von Hypoglykämien im Zusammenhang mit Insulin glargin – neben dem verwendeten Insulin-Präparat, der Dosierung und dem zeitlichen Abstand zwischen Injektion und Hypoglykämie – besonderes Augenmerk auf folgende Punkte zu legen:

  • Injektion kurzwirksamer Insuline mit Zeitangabe der letzten Injektion vor der Hypoglykämie,
  • Einheiten der vorletzten Insulin-glargin-Dosis und zeitlicher Abstand zwischen den beiden letzten Insulin-glargin-Dosen,
  • kürzlicher Wechsel des Insulins (NPH auf Insulin glargin) bzw. der Insulinkonzentration (Wechsel von U100 auf U300 oder umgekehrt),
  • Komedikation, Begleiterkrankungen,
  • sportliche Aktivität,
  • Nahrungsaufnahme im zeitlichen Zusammenhang (einschließlich Alkohol),
  • Angaben zur Injektionsstelle / Wechsel der Injektionsstelle,
  • erhöhte Insulinresorption, z. B. durch Applikation von Wärme, Massage an der Injektionsstelle,
  • Möglichkeit eines technischen Fehlers bei Applikation (z. B. versehentliche intravasale Applikation),
  • mögliche Verwechslung mit kürzer wirksamem Insulin.

Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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