Oberlandesgericht Düsseldorf

Muss die AKNR DocMorris Schadenersatz zahlen?

Berlin - 03.03.2022, 16:45 Uhr

Der 20. Zivilsenat am Oberlandesgericht Düsseldorf hat schon in der Vergangenheit immer wieder pro DocMorris entschieden. Nun kommt es auf den Bundesgerichtshof an. (c / IMAGO / Schöning)

Der 20. Zivilsenat am Oberlandesgericht Düsseldorf hat schon in der Vergangenheit immer wieder pro DocMorris entschieden. Nun kommt es auf den Bundesgerichtshof an. (c / IMAGO / Schöning)


Der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf bleibt auf DocMorris-Linie: Nachdem er die Rx-Preisbindung für EU-Arzneimittelversender vor den EuGH gebracht hat, hat er nun entschieden, dass die Apothekerkammer Nordrhein DocMorris Schadenersatz zahlen muss. Es geht um den Schaden, den die Niederländer erlitten haben sollen, weil die AKNR vor dem EuGH-Urteil von 2016 diverse einstweilige Verfügungen gegen sie erwirkt und vollzogen hat. Unklar ist, wie dieser Schaden aussehen soll. Klar ist hingegen: Das letzte Wort ist nicht gesprochen – die AKNR wird Revision zum Bundesgerichtshof einlegen.

Nach diversen Terminverschiebungen hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf am heutigen Donnerstag ein „Grund- und Teilurteil“ im Schadensersatzprozess von DocMorris gegen die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) gesprochen.

Worum geht es? 

Nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Oktober 2016 entschieden hatte, dass sich EU-ausländische Arzneimittelversender, die verschreibungspflichtige Arzneimittel an Endkunden in Deutschland liefern, nicht an die Arzneimittelpreisverordnung halten müssen, drehte DocMorris den Spieß um: Die Niederländer klagten gegen die AKNR, nachdem diese sie zuvor jahrelang mit Verbotsverfügungen überzogen hat. Reihenweise hatten die Gerichte DocMorris auf Antrag der AKNR diverse Spielarten der Bonus-Gewährung untersagt. Denn spätestens nach der Entscheidung des Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes im Jahr 2012 war klar: Auch EU-Versender müssen sich an die deutsche Preisbindung halten, wenn sie hierzulande Rezepte abfischen. Dementsprechend entschieden auch die Gerichte im Sinne der AKNR. 

Doch dieser sicher scheinenden Rechtslage entzog der EuGH 2016 den Boden – und zwar aufgrund einer Vorlage des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Nun will DocMorris Schadenersatz von der AKNR – für den Schaden, der dem Unternehmen durch den Vollzug der einstweiligen Verfügungen entstanden sein soll. Knapp 14 Millionen Euro zuzüglich Zinsen seit Oktober 2015 fordert der Versender ein – eine beträchtliche Summe.

Doch im Sommer 2019 wies das Landgericht Köln die Klage ab. DocMorris ging daraufhin in Berufung – und fast drei Jahre später fällte nun abermals der 20. Zivilsenat des OLG Düsseldorf eine Entscheidung. Das am heutigen Donnerstag ergangene Urteil ist allerdings nur ein Grundurteil, das erst einmal das Bestehen eines Anspruchs feststellt. Auch liegen noch keine schriftlichen Gründe vor, und es ist noch nicht rechtskräftig. Lediglich der Tenor ist bislang bekannt. Darin stellt das Gericht fest, dass die AKNR verpflichtet ist, DocMorris den Schaden zu ersetzen, der den Niederländern infolge der Vollziehung fünf benannter einstweiliger Verfügungen entstanden ist und noch entstehen wird. Ursprünglich ging es um sieben Verbotsverfügungen – teilweise wies das OLG die Berufung auch ab. Über die Höhe dieses Schadens wird nichts gesagt. Und das ist eigentlich das Spannendste: Was für ein Schaden soll überhaupt entstanden sein? Zumal in einer solchen Millionenhöhe? Wie könnte dieser nachgewiesen werden? Doch darüber wird erst in einem anschließenden Verfahren entschieden – wenn es überhaupt so weit kommt. 

Denn es dürfte klar sein, dass der Fall vor dem Bundesgerichtshof landet. Das OLG hat die Revision zugelassen. Zunächst wartet die AKNR natürlich die Urteilsgründe ab und prüft diese. Wie will das OLG erklären, dass die einstweiligen Verfügungen nicht von Anfang an berechtigt waren?  Dass sich die AKNR vor dem Bundesgerichtshof bessere Chancen ausrechnet als vor der 20. Zivilkammer des OLG Düsseldorf, ist nicht abwegig. Auch nach dem EuGH-Urteil von 2016 hatten die Karlsruher Richter:innen immer wieder Sinne der AKNR entschieden – und auch wiederholt klargestellt, dass sie das Luxemburger Urteil nicht für in Stein gemeißelt halten. Bettina Mecking, Justiziarin und stellvertretende Geschäftsführerin der AKNR, zeigte sich gegenüber der DAZ zuversichtlich, dass der Fall noch gut ausgehen wird.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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