Rote-Hand-Brief zu Cladribin

Schwere Leberschäden unter MS-Mittel Mavenclad

Stuttgart - 16.02.2022, 12:15 Uhr

In einem Rote-Hand-Brief warnt Merck vor schweren Leberschäden unter der Therapie mit dem MS-Arzneimittel Cladribin (Mavenclad). (s / Foto: picture alliance / Merck/dpa | Merck)

In einem Rote-Hand-Brief warnt Merck vor schweren Leberschäden unter der Therapie mit dem MS-Arzneimittel Cladribin (Mavenclad). (s / Foto: picture alliance / Merck/dpa | Merck)


Ein Rote-Hand-Brief warnt vor schweren Leberschäden unter Cladribin. Der Zusammenhang zwischen Leberschäden und dem MS-Arzneimittel Mavenclad ist gesichert.

Cladribin kommt nur bei Menschen mit Multipler Sklerose zur Anwendung, die einen hochaktiven schubförmigen Verlauf haben, wie auch Alemtuzumab (Lemtrada®) und Natalizumab (Tysabri®). Nun informiert Hersteller Merck Healthcare Germany GmbH in Abstimmung mit der Europäischen Arzneimittelagentur EMA und dem BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) in einem Rote-Hand-Brief über schwerwiegende Leberschäden, die bei einer Mavenclad®-Therapie auftreten können. Damit einhergeht die Empfehlung, bei Cladribin-Patienten die Leberfunktion zu überwachen.

Mechanismus unbekannt

Ein Zusammenhang zwischen Leberschädigungen und Mavenclad® gilt als bestätigt, wobei dem Rote-Hand-Brief zufolge der genaue Mechanismus der Leberschädigung unbekannt ist. Teilweise habe die Leberschädigung zum Therapieabbruch geführt, eine Dosiskorrelation konnte hingegen nicht beobachtet werden. Wie Merck informiert, litten einige der MS-Patienten bereits an Lebererkrankungen, beziehungsweise, es wurden bereits zuvor Leberschäden unter Arzneimittelanwendung berichtet.

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Die meisten Patienten, die Leberschäden entwickelten, zeigten nur „leichte klinische Symptome“. In seltenen Fällen wurde jedoch eine vorübergehende Transaminasenerhöhung von über 1.000 Einheiten pro Liter und das Auftreten einer Gelbsucht beschrieben. Die Zeit bis zum Einsetzen der Symptomatik war unterschiedlich, wobei die meisten Fälle innerhalb von acht Wochen nach der ersten Einnahmephase auftraten. 

Zur Erinnerung: Cladribin bekommen Patienten maximal zwei Jahre lang (Merck bewirbt Mavenclad® als „erste und einzige orale Kurzzeittherapie für schubförmig-remittierende und aktive sekundär progrediente MS“), die kumulative Dosis liegt bei 3,5 mg/kg Körpergewicht. Jede Behandlungsphase besteht aus zwei Behandlungswochen, eine zu Beginn des ersten Monats und eine zu Beginn des zweiten Monats des jeweiligen Behandlungsjahres. Jede Behandlungswoche besteht aus vier oder fünf Tagen, an denen ein Patient abhängig vom Körpergewicht 10 mg oder 20 mg Cladribin als tägliche Einmaldosis erhält. Mittlerweile informiert Merck in der Blauen Hand, dass ab Jahr fünf mit einem neuen vierjährigen Therapieabschnitt begonnen werden kann.

Vor Therapiebeginn umfassende Leberanamnese

Merck rät dazu, vor Therapiestart mit Cladribin eine „umfassende Patientenanamnese hinsichtlich vorbestehender Lebererkrankungen oder früherer Leberschäden mit anderen Arzneimitteln“ durchzuführen. Zusätzlich sollten im ersten und zweiten Behandlungsjahr je vor Beginn der Einnahmephasen die Serum-Aminotransferase-, alkalische Phosphatase- und Gesamt-Bilirubinspiegel bestimmt werden. Bei Bedarf sollten auch während der Behandlung Leberfunktionstests durchgeführt und gegebenenfalls wiederholt werden.

Des Weiteren bittet die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK), dass auch Apotheker:innen MS-Patient:innen, die Mavenclad in der Apotheke holen, auf Symptome einer Leberschädigung hinweisen, wie Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Müdigkeit, Appetitverlust, gelbe Haut oder Augen und dunkler Urin. Falls sich eine Leberschädigung entwickelt, sollte die Einnahme des Arzneimittels gegebenenfalls unterbrochen oder abgebrochen werden.


Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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