Zahlen und Hintergrund zur Impfstoffinventur

Lauterbach will bis Ende Januar alle gegen Omikron boostern

Stuttgart / Berlin - 16.12.2021, 19:00 Uhr

Lauterbach möchte das bisherige Impftempo auf keinen Fall ausbremsen, zudem rechnet er auch einen gewissen Verwurf an Impfdosen mit ein. (Foto: IMAGO / NurPhoto)

Lauterbach möchte das bisherige Impftempo auf keinen Fall ausbremsen, zudem rechnet er auch einen gewissen Verwurf an Impfdosen mit ein. (Foto: IMAGO / NurPhoto)


Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat mit seiner „Impfstoffinventur“ und der Erkenntnis, dass die COVID-19-Vakzine im nächsten Jahr knapp werden dürften, für Aufruhr gesorgt. Schließlich soll massiv geboostert werden. In der heutigen Bundespressekonferenz hat er nochmals versucht, die Zahlen geradezurücken – und damit die Unruhe aus der Diskussion zu nehmen. Seinem Vorgänger Jens Spahn macht er jedenfalls keine Vorwürfe. 

Am gestrigen Mittwoch haben die COVID-19-Impfungen einen Tagesrekord erreicht. Laut Meldedaten des Robert Koch-Instituts (RKI) wurden 1,496 Millionen Dosen verabreicht: fast 1,3 Millionen Auffrischimpfungen und 97.400 Erstimpfungen. Bisheriger Rekord-Impftag in der Pandemie war der 9. Juni mit 1,43 Millionen gespritzten Impfdosen. 

Diesen Takt von 1 bis 1,5 Millionen Impfdosen pro Tag möchte Lauterbach fortsetzen. Denn dann wären bis Januar die meisten derzeit bestehenden Booster-Lücken geschlossen. Das erläuterte der Minister heute in der Bundespressekonferenz. Damit das klappt, braucht es mehr Impfstoff, würde dieser nicht besorgt, wäre man erst im März mit dem Boostern fertig, was – um gegen Omikron anzuimpfen – zu spät wäre. Der neu aufgefallene Bedarf habe nichts mit Lauterbachs Vorgänger Jens Spahn (CDU) zu tun, betonte Lauterbach. 

Für das 1. Quartal seien 50 Millionen Impfdosen als Lieferung erwartet worden. Um Lauterbachs Impfziel im Januar zu erreichen, brauche es aber 73 Millionen Booster-Dosen. Davon fehlten noch 50 Millionen und außerdem 20 Millionen Erst- und Zweitdosen. 

Man könne nun einen ersten Erfolg beim Schließen dieser Lücke vermelden. Der Impfstoffhersteller Moderna sei sehr hilfreich gewesen. Mit seiner Hilfe habe man 35 Millionen Dosen seiner Impfstofflieferung vorziehen können. Die EU-Kommission hatte am heutigen Donnerstag mit Moderna vereinbart, dass die Lieferung von 10 Millionen Dosen seines Impfstoffs für Deutschland auf Dezember 2021 vorgezogen werden soll. Darüber hinaus werden im ersten Quartal 2022 zusätzlich 25 Millionen Dosen von Moderna nach Deutschland geliefert.

Moderna derzeit leichter zu bekommen, Biontech nur noch als Reserve verfügbar

Derzeit sei Moderna leichter zu bekommen als Biontech, erklärte Lauterbach. (Müsste man angesichts der Omikron-Variante aber wieder mit der vollen Moderna-Dosis boostern, würde sich die zur Verfügung stehende Menge wieder verringern.) Laut einer heute vom Bundesgesundheitsministerium veröffentlichten Liste über die Impfstoff-Liefermengen bis März 2022 stehen diese Woche 11.576.400 Booster-Dosen Moderna bereit, nächste Woche 6.721.000 und in der letzten Woche des Jahres nochmal 5.942.600. Ab dem neuen Jahr sind es dann aber nur noch 1,5 Millionen Moderna-Dosen wöchentlich.

Tatsächlich sieht es mit Comirnaty derzeit bescheiden aus. Laut BMG-Liste wird Biontech in diesem Jahr gar keine Vakzine für Erwachsene mehr liefern. Vorgesehen sind lediglich 2.412.000 Dosen des Kinderimpfstoffs. Diesen kann man aufgrund der verschiedenen Darreichungsformen auch nicht einfach für Erwachsene umwidmen.

Man verfüge derzeit allerdings noch über 3,2 Millionen Dosen als Reserve von Biontech. Davon sollen in den nächsten drei Wochen erst 1,2 Millionen, dann 0,8 Millionen über Weihnachten und schließlich 1, 2 Millionen ausgeliefert werden. Das hatte Lauterbach schon gestern im ZDF erklärt. „Das ist aber viel weniger als das, was die Ärztinnen und Ärzte jede Woche abrufen“, sagte er. Für die nächste Woche seien 8 Millionen Dosen bestellt worden, davon können aber nur 4,6 Millionen ausgeliefert werden, erklärte Lauterbach heute.

Biontech-Pläne für die vierte Dosis

Lauterbach möchte das bisherige Impftempo auf keinen Fall ausbremsen, zudem rechnet er auch einen gewissen Verwurf an Impfdosen mit ein. Er möchte, dass deutlich mehr Impfstoff da ist, als abgerufen wird. Deshalb steht er in weiteren Verhandlungen etwa mit Ländern wie Rumänien, Polen, Portugal oder Bulgarien. Einen Rückkauf aus der COVAX-Initiative habe man bisher nicht verfolgt. 

Die Bundesregierung hatte schon gestern angekündigt, zusätzliche 80 Millionen Dosen von Biontech über EU-Verträge kaufen zu wollen. Lauterbach sagte, ein Teil hiervon könne eventuell noch im ersten Quartal 2022 kommen, sonst voraussichtlich im zweiten bis vierten Quartal. Der Haushaltsausschuss des Bundestags hatte hierfür sowie für 12 Millionen weitere Dosen, die direkt beschafft werden sollen, rund 2,2 Milliarden Euro bewilligt. In diese Dosen sind offenbar auch schon mögliche Viertimpfungen mit speziell auf die Omikron-Variante ausgerichteten Impfstoffen eingeplant.


Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Pro Bono?

von Christiane Patzelt am 17.12.2021 um 12:50 Uhr

Ich könnte sofort loslegen - darf aber nicht und über Geld wurde für uns ApothekerInnen auch noch nicht gesprochen...schade

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