Einsatz von Fertigarzneimitteln

Anbrüche in der Rezeptur – so minimiert man das Retaxrisiko

Stuttgart - 09.12.2021, 10:45 Uhr

Wenn in Rezepturen Fertigarzneimittel verarbeitet werden, entstehen oft Anbrüche. (Foto: alexshyripa / AdobeStock)

Wenn in Rezepturen Fertigarzneimittel verarbeitet werden, entstehen oft Anbrüche. (Foto: alexshyripa / AdobeStock)


Immer wieder kommt es vor, dass in Rezepturen Fertigarzneimittel verarbeitet werden, zum Beispiel Tabletten bei der Kapselherstellung. Dabei entstehen oft Anbrüche. Laut Arzneimittelpreisverordnung darf der volle Preis abgerechnet werden. Trotzdem gibt es immer wieder Retaxationen, insbesondere dann, wenn eine Rezeptur immer wieder in einer Apotheke für Versicherte derselben Kasse oder gar für dieselbe Person hergestellt wird. Das DeutscheApothekenPortal gibt Tipps, wie man hier Ärger vermeiden kann.

Entstehen bei der Verwendung von Fertigarzneimitteln in Rezepturen Anbrüche, stellt sich immer wieder die Frage, ob diese ganz oder anteilig berechnet werden dürfen. In § 5 Abs. 2 Satz 2 AMPreisV steht dazu Folgendes:


„Auszugehen ist von den Apothekeneinkaufspreisen der für die Zubereitung erforderlichen Mengen an Stoffen und Fertigarzneimitteln. Maßgebend ist 
[…] 
2. bei Fertigarzneimitteln der Einkaufspreis nach § 3 Abs. 2 der erforderlichen Packungsgröße, höchstens jedoch der Apothekeneinkaufspreis, der für Fertigarzneimittel bei Abgabe in öffentlichen Apotheken gilt.“ 

5 Abs. 2 AMPreisV


Das heißt im Klartext: Anbrüche dürfen voll berechnet werden.

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Allerdings kommen Kassen zunehmend damit um die Ecke, dass die Anbrüche doch nicht verworfen werden müssen und für die nächste Rezeptur verbraucht werden können. Das passiert insbesondere dann, wenn eine Rezeptur in einer Apotheke öfter hergestellt und an Patienten, die bei der gleichen Krankenkasse versichert sind, abgegeben wird. Laut DeutschemApothekenPortal (DAP) gibt es sogar Retaxationen, weil ein Patient mehrmals die gleiche Rezeptur verschrieben bekam, diese in der derselben Apotheke herstellen ließ und die Apotheke aber nicht belegen konnte, dass die Anbrüche von der letzten Herstellung nicht mehr verwendbar waren. Aus den vorliegenden Retaxationen gehe hervor, dass die Kassen mittlerweile genaue Informationen darüber haben, für welchen Patienten welche Rezeptur mit welchen Anbruchsmengen erstellt wurde. Mit Einführung der Hash-Codes wird es hier noch mehr Transparenz geben.

Das raten die Retaxexperten

Das DAP gibt daher Tipps, wie man solche Retaxationen vermeiden kann:

  • Substanzanbrüche nicht grundsätzlich sofort verwerfen, sondern entsprechend der Haltbarkeit, den Lagerungsvorschriften und den Sicherheitsrichtlinien für eine eventuelle künftige Verordnung aufbewahren.
  • Um die Menge eines möglichen Verwurfs möglichst klein zu halten, empfiehlt es sich, von der kleinsten benötigten Packung auszugehen. Der spätere Verwurf größerer Mengen kann zu Diskussionen mit der Kasse führen, wenn nicht zu begründen ist, dass die Entstehung der Verwurfsmenge aufgrund der Verordnungssituation nicht zu erwarten war.
  • Rezeptkopie der Erst- und Folgeverordnungen aufbewahren.
  • Datum des Anbruchs dokumentieren.
  • Unterlagen zur Haltbarkeit und Aufbrauchfrist besorgen und aufbewahren.

Eine Lösung des Konflikts sieht das DAP erst dann, wenn entweder in der Hilfstaxe vereinbart wird, dass Anbrüche aus Gründen der Arzneimittelsicherheit grundsätzlich verworfen werden müssen oder eine verbindliche offizielle Haltbarkeitsliste zur Anbruchsaufbewahrung erstellt wird. Aktuell gebe es aber keine interpretationssichere Regelung, auf die die Apotheken verweisen können und somit werde auch weiter retaxiert werden, so das DAP.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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