Bis zu acht Telematik-IDs je Apotheke

Bundesapothekerkammer fühlt sich von der Gematik übergangen

Berlin - 26.11.2021, 15:45 Uhr

BAK-Präsident Thomas Benkert meint: Die Pläne der Gematik könnten gegen Kammerrecht verstoßen. (b/Foto: Schelbert)

BAK-Präsident Thomas Benkert meint: Die Pläne der Gematik könnten gegen Kammerrecht verstoßen. (b/Foto: Schelbert)


Bereits in der vergangenen Woche hatte die DAZ berichtet, dass Apotheken, die neben ihrer Offizintätigkeit auch Sterilherstellung, Heimversorgung oder Versandhandel betreiben, SMC-B-Karten mit bis zu acht unterschiedlichen Telematik-IDs einsetzen können sollen. Am gestrigen Donnerstag gab die Gematik den entsprechenden Beschluss per Pressemitteilung bekannt – demnach sind die Apothekerkammern die zuständige Stelle für die Ausgabe der SMC-B für die einzelnen Organisationseinheiten. Die Bundesapothekerkammer hat dies „mit Befremden“ zur Kenntnis genommen. 

Bislang geben die Apothekerkammern in der Regel nur eine SMC-B-Karte mit einer Telematik-ID pro Betriebserlaubnis aus. Dies war bei Apothekeninhaber:innen, die zum Beispiel Heime versorgen, Zytostatika herstellen oder Versandhandel betreiben, auf Kritik gestoßen. Sie fürchten unter anderem Organisationsprobleme, etwa weil aktuell in vielen Betrieben ankommende Verordnungen in verschiedenen E-Mail-Postfächern landen. Mit nur einer SMC-B-Karte halten manche Apothekeninhaber:innen diese Differenzierung für nicht mehr möglich. 

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Ein weiteres Problem: Kommt es zu einem technischen Defekt, der einen Ausfall der SMC-B-Karte herbeiführt, könnte es für die betroffene Apotheke eng werden. Eine neue SMC-B-Karte zu beantragen und zu erhalten, dauert bekanntlich mehrere Wochen. Sollten Verordnungen bald überwiegend in Form von E-Rezepten ausgestellt werden, bliebe den Betrieben der Zugang zu diesen und allen anderen TI-Anwendungen in dieser Zeit verwehrt.

Gematik: Mehr Nutzerfreundlichkeit

Schon Anfang Oktober hatte die Gematik gegenüber der DAZ explizit die Empfehlung ausgesprochen, dass die Kammern ihren Mitgliedern mehrere SMC-B-Karten ausgeben sollen. Mittlerweile hat sie dazu auch einen Gesellschafterbeschluss gefasst. Wie die Gematik am gestrigen Donnerstag per Pressemitteilung erklärte, können demnach Vor-Ort-Apotheken Institutionskarten mit unterschiedlicher Kennung beantragen – damit wolle man „mehr Nutzerfreundlichkeit“ schaffen. Für die Prüfung der Schlüssigkeit der Angaben seien die Landesapothekerkammern zuständig. Sie müssten auch das Herausgabeverfahren der weiteren SMC-B für Apotheken bis spätestens 1. Januar 2022 etablieren.

Florian Hartge, Chief Production Officer der Gematik, erklärte: „Diese Karten einer Vor-Ort-Apotheke für ihre verschiedenen Organisationseinheiten, also ihre möglichen verschiedenen Services, können nun jeweils eine eigene Telematik-ID bekommen.“ Auf Wunsch seien bis zu acht unterschiedliche Telematik-IDs möglich. Der Vorteil sei, so Hartge, dass damit die verschiedenen Organisationseinheiten einer Vor-Ort-Apotheke im Verzeichnisdienst der Telematikinfrastruktur – dem „TI-Adressbuch“ – durch andere Akteure des Gesundheitswesens jeweils separat adressiert werden können. Und Hartge spricht auch aus, was einige Apotheken fürchten: „Der Versandhandel einer Vor-Ort-Apotheke wird dann unter dem Namen des Webshops eingetragen und gefunden werden können, nicht unter dem – gegebenenfalls ganz anderslautenden – Namen der Filiale.“ Nutznießer sind also auch Versandapotheken, die mit unterschiedlichen Domains unterwegs sind.

Benkert: „Wir werden das prüfen“

Thomas Benkert, Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK), zeigte sich über das Vorgehen der Gematik irritiert: Die Bundesapothekerkammer habe die Pressemitteilung der Gematik „mit Befremden“ zur Kenntnis genommen. „Unserer Ansicht nach darf eine Apotheke nur dann mehr als eine SMC-B-Karte besitzen, wenn es räumlich getrennte Organisationseinheiten gibt, etwa bei krankenhausbeliefernden Apotheken, oder aber als Ersatzkarte.“ Die Gematik habe die Ausgabe mehrerer SMC-B-Karten für eine Apotheke im Vorfeld nicht mit den Apothekerkammern abgestimmt. Benkert: „Das ist nicht nur der Sache abträglich, sondern widerspricht möglicherweise dem Kammerrecht. Wir werden das prüfen.“


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

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