Weniger Butyrat-produzierende Bakterien

Depressive haben ein anderes Mikrobiom

Stuttgart - 21.10.2021, 09:15 Uhr

In 34 Studien zeigte sich, dass psychiatrisch erkrankte Menschen im Vergleich zu Kontrollpersonen signifikant weniger entzündungshemmende Butyrat-produzierende Bakterien (Faecalibacterium und Coprococcus) aufwiesen. (s / Foto: tadamichi / AdobeStock)

In 34 Studien zeigte sich, dass psychiatrisch erkrankte Menschen im Vergleich zu Kontrollpersonen signifikant weniger entzündungshemmende Butyrat-produzierende Bakterien (Faecalibacterium und Coprococcus) aufwiesen. (s / Foto: tadamichi / AdobeStock)


Das Mikrobiom von Menschen mit Depressionen oder anderen psychiatrischen Erkrankungen unterscheidet sich von dem von Gesunden. Vor allem Butyrat-produzierende Bakterien scheinen bei Depressiven Mangelware zu sein. Butyrat zählt zu den kurzkettigen Fettsäuren und wirkt entzündungshemmend.

Dass psychiatrische Erkrankungen mit Veränderungen des Darmmikrobioms einhergehen, ist bekannt. Welche Mikrobiota vor allem betroffen sind, ist jedoch wenig untersucht. Dieser Fragestellung hat sich eine Arbeitsgruppe angenommen und hat verschiedene Datenbanken nach Publikationen durchsucht, bei denen Veränderungen des Mikrobioms bei Patienten mit schweren Depressionen, bipolaren Störungen, Psychosen, Schizophrenie, Anorexia nervosa, Angst- und Zwangsstörungen, posttraumatischen Belastungsstörungen oder Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen festgestellt worden waren. Insgesamt 59 Fall-Kontroll-Studien wurden dann in einer Metaanalyse weiter untersucht. 

In 34 Studien zeigte sich, dass die 1.519 psychiatrisch erkrankten Menschen im Vergleich zu den 1.429 Kontrollpersonen signifikant weniger entzündungshemmende Butyrat-produzierende Bakterien (Faecalibacterium und Coprococcus) aufwiesen. Dagegen zeigte sich eine Anreicherung von entzündungsfördernden Bakterien (Eggerthella) bei Patienten mit Depression, bipolarer Störung, Schizophrenie und Angststörung. Die Forscher sehen hier ein Target, das möglicherweise künftig neben genetischen und entzündlichen Biomarkern zur Diagnosestellung genutzt werden kann.

Psychiatrische Erkrankungen sind nicht das alleinige Spielfeld der Mikrobiomforschung. Bei immer mehr Erkrankungen suchen Wissenschaftler:innen nach Auffälligkeiten im Mikrobiom verglichen mit Gesunden – so beispielsweise auch bei Multipler Sklerose. Hier scheinen ebenfalls kurzkettige Fettsäuren (Butyrat zählt zu den kurzkettigen Fettsäuren) Einfluss auf den Krankheitsverlauf zu nehmen. So fanden Wissenschaftler um Professor Aiden Haghikia, Chef der Neurologie der Universitätsklinik in Magdeburg, heraus, dass Propionsäure Schübe bei MS reduziert. Jüngst fanden Forscher:innen zudem heraus, dass das Mikrobiom bei schwer an COVID-19 erkrankten Patienten weniger divers ist und bestimmte Bakterienpopulationen, unter anderem mit Barrierefunktion, reduziert sind. Das könnte Blutstrominfektionen bei diesen COVID-19-Patienten begünstigen.


Marina Buchheit-Gusmão, Apothekerin
redaktion@daz.online


Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Psychiatrische Erkrankungen verändern Darmbesiedelung

Mikrobiom als Biomarker

Zu viel Morganella-Bakterien bei Depressionen

Wie beeinflusst das Mikrobiom unsere Gemütslage?

Wie sich das Mikrobiom auf die Psyche und Psychopharmaka auf das Mikrobiom auswirken

Zukunft Psychobiotika?

INTERPHARM online 2021

Was läuft falsch im Darm bei MS?

SARS-CoV-2 beeinflusst Darmbakterien

Wie hängt COVID-19 mit dem Mikrobiom zusammen?

Statine, Calciumkanalblocker und Biguanide mit positiven Effekten bei psychischen Erkrankungen

Ungewöhnliche Antipsychotika

Auswertung von Umweltdaten

Macht Luftverschmutzung psychisch krank?

Bakterien erholen sich schneller als Pilze

Antibiotika stören Mikrobiom nachhaltig

Der Zusammenhang von Adipositas und Mikrobiom

Probiotika zum Abnehmen?

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.