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Ist „Überimpfen“ gefährlich?

Stuttgart - 01.09.2021, 15:15 Uhr

Das RKI erklärt: „Von zusätzlich verabreichten Impfstoffdosen geht in der Regel kein erhöhtes Risiko aus“. (s / Foto: Sonja / AdobeStock)

Das RKI erklärt: „Von zusätzlich verabreichten Impfstoffdosen geht in der Regel kein erhöhtes Risiko aus“. (s / Foto: Sonja / AdobeStock)


Ist es eigentlich schlimm, wenn man – bewusst oder unwissentlich – eine Impfdosis zu viel erhält? Sei es, weil man seinen Impfpass nicht mehr findet und seinen Impfstatus nicht kennt, oder weil der benötigte Einzelimpfstoff nicht verfügbar ist und der Arzt sodann auf einen Kombinationsimpfstoff ausweichen will?

 Im Epidemiologischen Bulletin 34|2021 nimmt das Robert Koch-Institut (RKI) zum Thema „Überimpfen“ Stellung. Das RKI stellt klar: „Von zusätzlich verabreichten Impfstoffdosen geht in der Regel kein erhöhtes Risiko aus“. Aus diesem Grund könnten auch Kombinationsimpfstoffe verabreicht werden – selbst wenn nicht alle Impfkomponenten erforderlich sind –, um beispielsweise die Zahl der Injektionen zu verringern. Auch bei Nichtlieferbarkeit von Impfstoffen kann es vorkommen, dass Ärzte sodann auf Kombinationsvkazinen ausweichen, die möglicherweise Impfstoffkomponenten enthalten, die zum Impzeitpunkt nicht erforderlich sind.

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Auch mit zusätzlichem Antigen

G-BA erlaubt Ausweichen bei Impfstoffmangel

Rechtlich hat diese wissenschaftliche Einschätzung des RKI erst jüngst der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) durch Änderung der Schutzimpfungs-Richtlinie klargestellt. Standen bis zu diesem Zeitpunkt einem einfachen Ausweiten des Impfschutzes wirtschaftliche Gründe entgegen, dürfen Ärzte bei Lieferengpässen nun auch – und das ohne leistungsrechtliche Konsequenzen zu fürchten – bei bestimmten Impfungen auf Impfstoffe ausweichen, die ein zusätzliches Antigen enthalten. Das Ausweichen erlaubt die Schutzimpfungs-Richtlinie bei Tetanus/Diphtherie/Keuchhusten (Pertussis) oder Masern/Mumps/Röteln oder Hepatitis B. Bei Lieferengpässen des 23-valenten Pneumokokken-Polysaccharid-Impfstoffs (Pneumovax 23) oder des Herpes-zoster-Impfstoffs Shingrix sollen die Ärztinnen und Ärzte jedoch nicht auf andere Pneumokokken- oder Gürtelrose-Impfstoffe ausweichen, sondern die Impfung verschieben.

Bei hohen Tetanus- oder Diphterie-Antikörpern: Risiko eines Arthus-Phänomens

Das RKI erklärt, dass es nach wiederholter Gabe von Totimpfstoffen in „Ausnahmefällen“ zu Nebenwirkungen wie einer ausgeprägten lokalen Unverträglichkeitsreaktion mit schmerzhafter Schwellung und Rötung der betroffenen Extremität (sogenanntes Arthus-Phänomen) kommen kann. Allerdings sei diese Reaktion selbstlimitierend, sie trete „am ehesten bei hohen vorbestehenden Serum-Antikörperkonzentrationen nach sehr häufigen Impfungen mit Tetanus- und/oder Diphtherietoxoid“ auf. Das RKI rät nach dem Auftreten eines Arthus-Phänomens vor weiteren Impfungen mit Td eine Antikörperbestimmung durchführen zu lassen. Für Pertussis-Antigene bestehe zum Beispiel dieses Risiko nicht.


Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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