Mutiertes Abwehrgen erhöht Infektionsrisiko

Warum gelingt es Vogelgrippeviren, Menschen zu infizieren?

Stuttgart - 23.08.2021, 07:00 Uhr

Menschen, die sich mit den aviären Influenzaviren H7N9 infizierten, tragen häufiger Mutationen in ihren MX1 Genen. MX1 codiert das antivirale Protein MxA, das als wesentlicher Bestandteil der genetischen Virusabwehr beim Menschen gilt. (Foto: AK-DigiArt / AdobeStock)

Menschen, die sich mit den aviären Influenzaviren H7N9 infizierten, tragen häufiger Mutationen in ihren MX1 Genen. MX1 codiert das antivirale Protein MxA, das als wesentlicher Bestandteil der genetischen Virusabwehr beim Menschen gilt. (Foto: AK-DigiArt / AdobeStock)


Warum erkranken manche Menschen ernsthaft an Vogelgrippe und andere nicht? Es könnte mit daran liegen, dass bei ihnen ein bestimmtes Gen häufiger mutiert ist als bei anderen, das für ein antivirales Protein codiert. Menschen, die beruflich viel mit Geflügel zu tun haben, könnten künftig gezielt auf Mutationen in diesem Gen getestet werden. 

Welche Faktoren ermöglichen oder verhindern, dass Vogelgrippeviren den Menschen infizieren? Dieser Frage gingen Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg, der Sun Yat-sen University in Shenzhen, China, und dem Chinese Center for Disease Control and Prevention in Peking, China, nach. Mit Erfolg. Lässt sich bislang nur schwer vorhersagen, warum manche Menschen ernsthaft an einem Vogelgrippevirus erkranken, so konnten unter anderem die Wissenschaftler um Professor Martin Schwemmle vom Institut für Virologie des Universitätsklinikums Freiburg nun zumindest einen Risikofaktor identifizieren: das humane antivirale Protein MxA. Sie fanden heraus, dass Menschen, die sich mit den aviären Influenzaviren des Typs H7N9 infizierten, häufiger Mutationen in ihren MX1 Genen trugen als die allgemeine Bevölkerung. Das MX1 Gen kodiert das antivirale Protein MxA, das als wesentlicher Bestandteil der genetischen Virusabwehr beim Menschen gilt. Ihre Arbeit veröffentlichte das Forscherteam im Fachjournal „Science“.

Kompletter Verlust der Abwehr

Die neu entdeckte Mutation führte einer Mitteilung der Universität Freiburg zufolge zu einem „kompletten Verlust der Fähigkeit von MxA, aviäre Influenzaviren abzuwehren“. Die Freiburger Wissenschaftler konnten bereits in früheren Untersuchungen zeigen, dass MxA als Abwehrprotein die Vermehrung von aviären Viren deutlich stärker hemmt als von saisonalen Influenzaviren. „Die laborbasierten Ergebnisse unserer vorangegangenen Arbeiten deuteten bereits darauf hin, dass MxA bei der Abwehr von Vogelgrippeviren eine wichtige Rolle spielen könnte. Allerdings fehlten bisher Beweise aus der menschlichen Bevölkerung, dass MxA tatsächlich solch eine Schlüsselfunktion im Menschen zukommt“, sagt Dr. Laura Graf, Molekulare Medizinerin am Institut für Virologie des Universitätsklinikums Freiburg.

Risikogruppen auf Genmutation testen?

Die aktuellen Studienerkenntnisse zeigten, dass Träger inaktiver MxA-Proteine ein erhöhtes Risiko für eine Ansteckung mit Vogelgrippeviren haben und verdeutlichten, dass MX1 einer der wichtigsten genetischen Schutzfaktoren gegen Vogelgrippeausbrüche in der menschlichen Bevölkerung sei, heißt es in der Mitteilung. „Glücklicherweise sind die in dieser Studie identifizierten Mutationen sehr selten“, sagt Graf. Trotzdem könnten diese neuen Erkenntnisse dazu beitragen, Risikogruppen besser zu schützen. Der Hauptrisikofaktor sich mit aviären Influenzaviren anzustecken sei der Kontakt zu Geflügel. Menschen, die beruflich intensiven Kontakt mit Geflügel haben, könnten folglich gezielt auf Mutationen im MxA Protein getestet werden.


Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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