Studie aus Dänemark

Sind topische Glucocorticoide während der Schwangerschaft ok?

Kopenhagen - 13.08.2021, 17:50 Uhr

Einer dänischen Studie zufolge beeinflussten während der Schwangerschaft topisch applizierte Glucocorticoide das Geburts­gewicht und die Größe der Neugeborenen nicht. (c 7 Foto: tan4ikk / AdobeStock)

Einer dänischen Studie zufolge beeinflussten während der Schwangerschaft topisch applizierte Glucocorticoide das Geburts­gewicht und die Größe der Neugeborenen nicht. (c 7 Foto: tan4ikk / AdobeStock)


Die Frage, ob topische Glucocortico­ide während der Schwangerschaft sicher sind, wird oft debattiert. Besonders hochpotente Steroide stehen im Verdacht, das Geburtsgewicht zu verringern. Eine landesweite Kohortenstudie aus Dänemark gibt nun Entwarnung.

Topische Glucocorticoide gehören zu den am häufigsten eingesetzten Arzneimitteln in der Dermatologie. Sowohl bei Psoriasis, atopischer Dermatitis und verschiedenen weiteren Hauterkrankungen wie Ekzemen sowie bei Insektenstichen und Sonnenbränden versprechen die Glucocorticoide wirksame Abhilfe. Auch in der Schwangerschaft werden die Präparate häufig verordnet. Man schätzt, dass bis zu 7 Prozent aller schwangeren Frauen topische Steroide anwenden. Allerdings stehen die Wirkstoffe im Verdacht, ein geringes Geburtsgewicht der Neuge­borenen zu verursachen. Bislang existieren nur wenige, sich teils widersprechende Beobachtungsstudien, die dieses Risiko untersuchen. Am ehesten zeigte sich eine Gefährdung durch potente und hochpotente Vertreter dieser Wirkstoffklasse (z. B. Clobetasol, Betamethason, Mometason; *in Topika eingesetzt als Clobetasolpropionat, Betamethasonvalerat, Betamethasondipropionat und Mometasonfuroat), weshalb in der Schwangerschaft meist nur schwache bis mittelstarke Steroide verordnet werden.

In einer neuen Kohortenstudie aus Dänemark gingen die Autoren dieser Frage eingehend auf den Grund und werteten hierzu die Daten aus dem landesweiten Geburtenregister zwischen 1997 und 2016 aus. In dem 20-jährigen Untersuchungszeitraum standen den Forschern Informationen zu insgesamt 1,1 Millionen Geburten zur Analyse zur Verfügung. Um zu quantifizieren, wie viele Schwangere ein topisches Steroid verwendeten, verknüpften die Forscher die Daten mit dem nationalen Verschreibungsregister. Sobald die Frauen mindestens ein Rezept für ein solches Präparat im Zeitraum der Schwangerschaft einlösten, wurden sie als Steroid-exponiert erfasst.

Durchschnittlicher Verbrauch von 30 g

Mit dieser Analyse ermittelten die Autoren, dass über 60.000 Frauen und damit 5,7 Prozent aller Schwangeren topische Glucocorticoide anwendeten. Im Schnitt wurde das erste Rezept am 112. Tag der Schwangerschaft eingelöst. Die durchschnittlich verwendete Menge betrug 30 g. Knapp der Hälfte der Frauen, die topische Steroide anwendeten, wurde ein potentes bis hochpotentes Präparat verschrieben. Als primäre Endpunkte untersuchte die Studie das Risiko für Kinder Steroid-exponierter Mütter, zu klein für das Schwangerschaftsalter zu sein oder ein zu geringes Geburtsgewicht aufzuweisen. Dabei stellten die Autoren kein erhöhtes Risiko im Zusammenhang mit der Anwendung von topischen Steroiden fest: Je 9,4 Prozent der geborenen Säuglinge Steroid-exponierter sowie Steroid-naiver Mütter waren zu klein für das entsprechende Schwangerschaftsalter. Ein zu geringes Geburtsgewicht wurde bei 3,3 Prozent der Kinder festgestellt, deren Mütter während der Schwangerschaft Glucocorticoide topisch anwendeten. Im Vergleich brachten 3,6 Prozent der Steroid-naiven Frauen Kinder mit einem zu geringen Geburtsgewicht zur Welt. 

Dieser Artikel erschien in der  
Deutschen Apotheker Zeitung – Ausgabe 32 / 2021, S. 26

Stratifizierten die Autoren zusätzlich noch nach der Wirkstärke, ergab sich für die potenten und sehr potenten Steroide ebenso kein zusätzliches Risiko (geringe Größe: 9,6 Prozent, geringes Gewicht: 3,4 Prozent). Auch große Mengen (> 200 g) an applizierten hochpotenten Stero­iden führten einer Post-hoc-Analyse der Studie zufolge zu keinem signifikanten Risiko für eine zu kleine Größe und ein zu geringes Gewicht der Neugeborenen. 

Die Stärke dieser Studie liegt in ihrer Größe und jahrelangen Betrachtung einer nationalen Kohorte und einer ­damit guten Generalisierbarkeit. Eine Verzerrung der Ergebnisse durch eine eingeschränkte Selektion der Daten konnte somit vermieden werden. Einzig die Tatsache, dass ein eingelöstes Rezept nicht unbedingt heißt, dass die Patientinnen die Präparate angewendet haben, könnte den Effekt der Steroide unterschätzen. Trotz dieser Einschränkung halten die Autoren ein nennenswertes Risiko durch die Steroide für unwahrscheinlich.

*Dieser Text wurde zuletzt am 17.08.2021 um 14:52 Uhr redaktionell präzisiert.


Dr. Tony Daubitz, Apotheker
redaktion@daz.online


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