Orale Anwendung

Lugolsche Lösung: Arbeitskreis Jodmangel warnt vor Missbrauch

Stuttgart - 30.06.2021, 10:45 Uhr

Neben demineralisiertem Wasser besteht die Lugolsche Lösung zu 5 Prozent aus elementarem Iod und 10 Prozent aus Kaliumiodid. (x / Foto: ExQuisine / AdobeStock)

Neben demineralisiertem Wasser besteht die Lugolsche Lösung zu 5 Prozent aus elementarem Iod und 10 Prozent aus Kaliumiodid. (x / Foto: ExQuisine / AdobeStock)


Früher aufgrund des reaktiven Iods häufig als Desinfektionsmittel eingesetzt, spielt die Lugolsche Lösung heutzutage nur noch in Laboren eine Rolle, in denen die hoch konzentrierte Iodlösung zum Stärkenachweis oder der Gramfärbung von Bakterien eingesetzt wird. Umso erstaunlicher mag in der Apotheke der Kundenwunsch nach einer oral anzuwendenden Lugolschen Lösung klingen – von deren Abgabe dringend abzuraten ist.

In einschlägigen Internetforen wird laut einer Pressemitteilung des Arbeitskreises Jodmangel Lugolsche Lösung (neben demineralisiertem Wasser besteht die Lösung zu 5 Prozent aus elementarem Iod und 10 Prozent aus Kaliumiodid) als gesundes Nahrungsergänzungsmittel und Heilmittel gegen viele Erkrankungen beworben. Andere Kunden beabsichtigen einen Iod-Sättigungstest nach den beiden amerikanischen Ärzten Brownstein und Abraham durchzuführen, bei dem durch das Trinken der Lugolschen Lösung und der anschließenden Iod-Bestimmung im 24-Stunden-Urin Rückschlüsse auf den individuellen Iod-Versorgungsstatus gezogen werden sollen. Die Folge von solchen Experimenten können schwerwiegende Schilddrüsenfunktionsstörungen sein, wie Professor Roland Gärtner, Endokrinologe an der Universität München und erster Vorsitzender des Arbeitskreises Jodmangel, erklärt:


Schon ein Tropfen der Lugolschen Lösung enthält ein Vielfaches der Zufuhrempfehlung für Erwachsene von 200 Mikrogramm Iod am Tag. Ganze 50 Milligramm Iod, also 50.000 Mikrogramm, stecken in einem Milli­liter der Lösung. Für die orale Anwendung ist sie zudem vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gar nicht zugelassen.“

Professor Roland Gärtner, Endokrinologe an der Universität München und erster Vorsitzender des Arbeitskreises Jodmangel


Dieser Artikel erschien in der DAZ
Ausgabe 25 / 2021, Seite 37

Gärtner erklärt weiter: „Unabhängig davon gilt es zu beachten, dass nur das negativ geladene Jodid aktiv in die Schilddrüse aufgenommen wird. Das positiv geladene Jod hingegen ist ein sehr potentes Oxidationsmittel, welches an alle möglichen Fette sowie Proteine und Kohlenhydrate bindet. Diese jodierten organischen Verbindungen können allergische Reaktionen auslösen, die dann fälschlicherweise als ‚Jodallergie‘ bezeichnet werden.“


Marina Buchheit-Gusmão, Apothekerin
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.