„Datenklau“-Prozess vorläufig eingestellt

Keine Vorstrafe für Bellartz bei pünktlicher Zahlung von 52.800 Euro

Berlin - 22.04.2021, 16:00 Uhr

Thomas Bellartz kann weitere Termine als Angeklagter vor dem Landgericht Berlin vermeiden – wenn er nun pünktlich zahlt. (Foto: IMAGO / Seeliger)

Thomas Bellartz kann weitere Termine als Angeklagter vor dem Landgericht Berlin vermeiden – wenn er nun pünktlich zahlt. (Foto: IMAGO / Seeliger)


Der einstige ABDA-Pressesprecher und heutige Apotheke-Adhoc-Herausgeber Thomas Bellartz könnte um eine Neuauflage des „Datenklau-Prozesses“ vor dem Landgericht Berlin herumkommen. Nach Auskunft der Gerichtssprecherin wurde das Verfahren vorläufig eingestellt – Bedingung für die endgültige Einstellung ist, dass Bellartz binnen vier Monaten 52.800 Euro zahlt. Das ist genau die Summe, die das Landgericht als Geldstrafe gegen ihn verhängt hatte.

Es ist schon mehr als zehn Jahre her, dass Thomas Bellartz, damals ABDA-Pressesprecher und zugleich mit dem Portal Apotheke Adhoc aktiv, mit dem Systemadministrator Christoph H. auf Spurensuche im Bundesgesundheitsministerium ging. Christoph H. war dort als externer IT-Fachmann beschäftigt und hatte in seiner Funktion relativ leichten Zugriff auf E-Mails und sonstige elektronisch gespeicherten Informationen diverser Ministeriumsmitarbeiter:innen. Auch wenn die technischen Hürden für ihn gering gewesen sein mögen: Diese Interna waren keinesfalls für ihn bestimmt und auch nicht gänzlich ungeschützt. Doch H. zapfte sie ab – die entsprechenden Aufträge gab ihm Bellartz, der ihn dafür auch bezahlte.  

Nach langjährigen Ermittlungen startete im Januar 2018 der Strafprozess gegen die beiden Männer vor dem Landgericht Berlin. Ihnen wurde vorgeworfen, gemeinschaftlich Daten aus dem BMG ausgespäht zu haben (§ 202a StGB). Auch die Beweisaufnahme im Prozess zog sich in die Länge. Erst im April 2019 sprach das Gericht sein Urteil. Bellartz wurde zu 300 Tagessätzen zu je 220 Euro verurteilt – 60 Tagessätze davon galten bereits als vollstreckt. Der mitangeklagte H. wurde überdies wegen weiterer Straftaten verurteilt, etwa einem Wohnungseinbruch, mit denen Bellartz nicht in Verbindung stand. Er erhielt eine Freiheitsstrafe.

Bellartz und H. wollten das Urteil nicht akzeptieren und gingen in Revision. Doch der Bundesgerichtshof entschied im Mai vergangenen Jahres nicht in ihrem Sinne: H.s Revision wurde gänzlich verworfen – nur weniger Geld aus seinen Taterträgen muss er zurückzahlen. Und das Urteil gegen Bellartz wurde zwar aufgehoben. Aber zugleich wurde die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Berlin zurückverwiesen.

Der Karlsruher Strafsenat machte in seinem Beschluss deutlich, dass er keine Zweifel hat, dass H. den Tatbestand des Ausspähens von Daten erfüllt hatte. Allerdings war er nicht davon überzeugt, dass das Landgericht Bellartz als Mittäter von H. qualifiziert hatte. Mittäterschaft heißt, aufgrund eines gemeinsamen Tatplans die Tatausführung gemeinsam zu verwirklichen. Dazu erklärte der Senat: „Auf die konkrete Tatbegehung, das Ausspähen von Daten, hatte der Angeklagte B. keinen Einfluss und konnte auch keinen nehmen. Ihm war auch nicht bekannt, wie H. eine mögliche Zugangssicherung überwinden würde; er nahm allein an, dass dieser dabei möglicherweise würde ‚tricksen‘ müssen“. Zwar habe er ein erhebliches Interesse am Taterfolg gehabt und durch die Bezahlung sowie die konkrete Nennung der auszuspähenden Postfächer auch Einfluss auf H.s Tat gehabt. Damit unterscheide er sich aber nicht von anderen Fällen am Taterfolg interessierter Anstifter, denen es an der Einflussnahme auf die konkrete Tathandlung fehle. Sprich: Der Bundesgerichtshof geht von einer Teilnahmehandlung statt Mittäterschaft aus. Allerdings: Sowohl Mittäter als auch Anstifter sind gleich dem Täter zu bestrafen.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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