DAZ.online-Podcast

„Lockdown wäre absolut sinnvoll“

Stuttgart - 30.03.2021, 17:50 Uhr

Was Lehr bemängelt: die unzureichende Nachverfolgbarkeit der Infektionen. Man bräuchte hier eine bessere technische Unterstützung, doch hier steht bei der Corona-App der Datenschutz im Weg. (Fotos: privat)

Was Lehr bemängelt: die unzureichende Nachverfolgbarkeit der Infektionen. Man bräuchte hier eine bessere technische Unterstützung, doch hier steht bei der Corona-App der Datenschutz im Weg. (Fotos: privat)


„Es ist ein Tanz auf dem Vulkan“, so Professor Thorsten Lehr, Klinischer Pharmakologe an der Uni Saarbrücken, im DAZ.online-Podcast. Die grassierende hochinfektiöse B.1.1.7-Mutante und gleichzeitig Lockerungen vom Lockdown – das passt nach seiner Einschätzung überhaupt nicht zusammen. Anhand seines entwickelten COVID-19-Simulators lässt sich zeigen, was passiert, wenn beides zusammentrifft.

„Das ist ein Pulverfass auf dem wir sitzen“, zitiert der „Spiegel“ den Wissenschaftler und Klinischen Pharmakologen Professor Lehr. Was er genau damit meint, fragte ich ihn in meinem Podcast-Gespräch. Ich wollte von ihm auch wissen, was er von den Strategien einiger Bundesländer hält, mehr zu testen und gleichzeitig weitere Lockerungen vom Lockdown einzuführen.

Lehr kann sich bei seinen Aussagen u. a. auf seinen COVID-19-Simulator stützen, den er zusammen mit einigen Autoren entwickelt hat. Dieser Online-Simulator erlaubt Vorhersagen zur Entwicklung der Corona-Infektionen samt Krankenhausbettenbelegung, intensivmedizinischer Behandlung, Beatmung und Todesraten in den einzelnen Bundesländern und die Abschätzung von nicht-pharmazeutischen Interventionen.

Lehr ist überzeugt: Die Mutante B.1.1.7 zwingt uns aufgrund ihrer höheren Infektiosität dazu, den Lockdown noch härter zu fahren als bei der ersten Welle vor einem Jahr: „Die Kraftanstrengung wird größer werden, damit wir die gleichen Effekte wie bei der ersten Welle sehen.“ Selbst saisonale Einflüsse wie wärmere Temperaturen und mehr UV-Strahlung werden in diesem Jahr wenig helfen. Das Problem liegt allerdings in der Akzeptanz eines härteren Lockdowns, ist sich Lehr bewusst, und ein permanenter Lockdown ist nicht die Lösung. Einen Ausweg sieht der Pharmakologe vor allem in einer rascheren Durchimpfung der Bevölkerung.

Sorgen machen natürlich auch die weiteren Virusvarianten, die brasilianische und die südafrikanische Variante. Auch vor diesem Hintergrund sieht Lehr als Strategie die Kontaktreduktion so lange, bis ausreichend viele Menschen geimpft sind.

Was Lehr bemängelt: die unzureichende Nachverfolgbarkeit der Infektionen. Man bräuchte hier eine bessere technische Unterstützung, doch hier steht bei der Corona-App der Datenschutz im Weg.


Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Pharmazie-Professor simuliert Pandemieverlauf und berät politische Entscheider

Keine frühlingshaften Aussichten

Pharmazeuten aus Saarbrücken entwickeln Simulator zur Pandemievorhersage

Der „Teil-Lockdown“ und seine möglichen Szenarien

Milliarden gegen Corona mobilisiert

Corona-Tests für jedermann in Bayern

DAZ-Interview mit Pharmazie-Professor Thorsten Lehr 

Corona-Pandemie: „Wir haben noch einen langen Weg vor uns“

Die letzte Woche 

Mein liebes Tagebuch

Ärzte und Apotheker „für Aufklärung“?

Meinungen und COVID-19

Landesapothekerkammer Baden-Württemberg hatte Professor Thorsten Lehr zu Gast

Pharmazeutische Tafelrunde im Corona-Winter 2022

1 Kommentar

Sinnvoll

von Conny am 30.03.2021 um 20:34 Uhr

Sinnvoll wäre auch wenn Herr Altmaier und Herr Spahn zurücktreten würden. Ich kenne keine Minister die trotz ihrer haarsträubende Fehler noch im Amt sind. Von Herrn Scheuer natürlich abgesehen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.