Neue Datenbank

Evidenzbasierte Informationen zur Arzneimitteltherapie für Kinder

Stuttgart - 22.03.2021, 09:15 Uhr

(Screenshot: kinderformularium.de)

(Screenshot: kinderformularium.de)


Unter www.kinderformularium.de können seit Kurzem ausführliche und evidenzbasierte Informationen zur Arzneimitteltherapie für Kinder abgerufen werden. Die vom Bundesministerium für Gesundheit unterstützte Datenbank beruht auf von unabhängigen Expert:innen überprüften Daten aus Primärliteratur, Fachinformationen und Leitlinien. Sie ist nach einigen Testphasen und einer Evaluierung weitgehend abgeschlossen und für medizinische Fachkreise über den DocCheck-­Zugang frei verfügbar.

Ein bekanntes Problem in der Kinder- und Jugendmedizin ist, dass die dort eingesetzten Wirkstoffe oftmals nicht für alle Altersgruppen oder alle Indikationen zugelassen sind. Off-Label-Anwendungen können zwar das Risiko für Nebenwirkungen und Medika­tionsfehler erhöhen, sind aber häufig die einzige Möglichkeit, Kinder und Jugendliche mit einer adäquaten Therapie zu versorgen. Entscheidend für eine sachgerechte On- oder Off-label-Anwendung ist eine positive Beurteilung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses basierend auf der vorhandenen wissenschaftlichen Literatur.

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Diese Voraussetzung fehlte bislang in Deutschland. Zwar liegen einige Kompendien mit Daten zum On- und Off-Label-Einsatz von Wirkstoffen vor, häufig fehlen aber Evidenz- und Quellenangaben. Diese sind jedoch notwendig, um eine richtige Therapieentscheidung treffen zu können – vor allem im Off-Label-­Bereich. Diesem Problem stellte sich 2012 eine Arbeitsgruppe aus Erlangen und erarbeitete in Kooperation mit niederländischen, österreichischen und norwegischen Kolleg:innen eine entsprechende Datenbank mit dem Ziel, evidenzbasierte Empfehlungen bereitzustellen und Dosierungsempfehlungen zu harmonisieren. Hierfür wurde unter anderem ein Lizenzvertrag mit dem niederländischen Kinderformularium geschlossen. Das Vorhaben wurde von 2016 bis 2018 vom Bundesministerium für Gesundheit im Rahmen des Aktionsplans zur Verbesserung der Arzneimitteltherapie unterstützt.

Ärzte und Apotheker an Entwicklung beteiligt

Die Erstellung der Datenbank PDIS (paediatric drug information system) erfolgte in mehreren Schritten. Hierzu gehörten die Schaffung der technischen und inhaltlichen Infrastruktur sowie die Entwicklung von Pilotdatensätzen. Nachfolgend wurden in einem zweistufigen Verfahren der Bedarf und die Nachfrage nach einem solchen Informationssystem erhoben. Über Interviews und einen Online-Benutzertest wurden die Wünsche der Nutzer integriert. Anschließend wurde die überarbeitete Plattform von Apotheker:innen und Ärzt:inneen aus dem niedergelassenen und stationären Bereich evaluiert. 92 % der Befragten waren der Meinung, eine Online-Plattform mit pädiatrischen Dosierungsinformationen verbessere die Verordnungen, da die bisher zugänglichen Informationen unzureichend seien. Durch Kooperation mit internationalen Partnern, insbesondere mit Mitarbeiter:innen der niederländischen Kinderdatenbank, wurden weitere Verbesserungen integriert. Die jetzigen Dosierungsempfehlungen basieren auf den Ergebnissen der systematischen Literaturrecherchen des niederländischen Kinderformulariums. Damit wurde ein schon bestehendes, national etabliertes und evidenzbasiertes Arzneimittelinformationssystem als Projektpartner ausgewählt. Die Informationen wurden anschließend durch ein Expertenteam aus Apotheker:innen und Ärzt:innen sowie Angehörigen pädiatrischer Fachgesellschaften auf nationale Gegebenheiten hin geprüft, durch eigene Recherchen ergänzt und mit länderspezifischen Informationen erweitert. Die aktuelle Version der Plattform PDIS wurde im Rahmen des KidSafe-Projektes evaluiert. KidSafe verfolgt das Ziel, das bestehende Versorgungsdefizit bei der Arzneimitteltherapie von Kindern und Jugendlichen durch die Einführung einer rationalen, evidenzbasierten Pharmakotherapie zu vermindern und die medizinische Versorgung mit Arzneimitteln bei Kindern und Jugendlichen zu verbessern.



Dr. Petra Jungmayr, Apothekerin
redaktion@daz.online


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