Solidarity-Studie

WHO stoppt den Hydroxychloroquin-Arm der COVID-19-Studie

Stuttgart - 23.06.2020, 07:00 Uhr

Hydroxychloroquin wird in Zukunft wohl im Rahmen der Coronakrise aus den Medien verschwinden. Zumindest deutet das die aktuelle Studienlage an. Doch es gibt viel Bewegung in der aktuellen COVID-19-Forschung. (s / Foto: imago images / Xinhua)

Hydroxychloroquin wird in Zukunft wohl im Rahmen der Coronakrise aus den Medien verschwinden. Zumindest deutet das die aktuelle Studienlage an. Doch es gibt viel Bewegung in der aktuellen COVID-19-Forschung. (s / Foto: imago images / Xinhua)


Viel Chaos um Hydroxychloroquin und Chloroquin: Erst stoppte die WHO einen entsprechenden Studienarm, der dann fortgeführt werden sollte, um schließlich doch gestoppt zu werden. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft hat die Geschehnisse am vergangenen Freitag eingeordnet.

„Internationale Forscher wollen Tests mit dem Malaria-Medikament Hydroxychloroquin bei COVID-19-Erkrankten einstellen“, das meldete die Deutsche Presse-Agentur (dpa) bereits am vergangenen Donnerstag. Das Mittel habe die Sterblichkeit von schwer erkrankten Patienten nicht reduziert, begründete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) demnach den Schritt am Mittwoch unter Berufung auf Testergebnisse. Am vergangenen Freitag äußerte sich auch die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) dazu. Seitdem ist klar, dass die WHO den Hydroxychloroquin-Arm der Solidarity-Studie nicht mehr fortführt. 

Die Entscheidung beruhe auf Daten aus der Solidarity-Studie, der britischen Recovery-Studie und eines Cochrane-Review zu Hydroxychloroquin. Diese sollen zeigen, dass Hydroxychloroquin im Vergleich zur Standardbehandlung die Mortalität von hospitalisierten COVID-19-Patienten nicht senkt.

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Gleichzeitig hatte die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) die Anwendung von Chloroquin und Hydroxychloroquin bei Patienten mit COVID-19 im Rahmen einer Emergency Use Authorization (EUA) widerrufen. DAZ.online hatte darüber berichtet. Dabei ging es vor allem um die Warnung der US-Arzneimittelbehörde FDA vor einer neu entdeckten Wechselwirkung von Remdesivir mit Chloroquinphosphat und Hydroxychloroquinsulfat – wonach die gleichzeitige Gabe der Malariamittel die antivirale Wirkung von Remdesivir abschwächen könne. Die Beobachtung beruhte allerdings bis dato nur auf Laborstudien. 

Was die Meldungen um Chloroquin/Hydroxychlorquin angeht, fällt es schwer, auf dem aktuellen Stand zu bleiben. So hatte die Nachricht „Chloroquin und Hydroxychloroquin erhöhen die Mortalität von COVID-19-Patienten!“ Ende Mai zunächst für den sofortigen Stopp zahlreicher klinischer Studien mit den zuvor medial stark präsenten Hoffnungsträgern gesorgt. Hintergrund war eine am 22. Mai 2020 in der renommierten Fachzeitschrift „The Lancet“ publizierte retrospektive Beobachtungsstudie, doch schließlich wurde diese Studie zurückgezogen.

Mit Bekanntwerden der Lancet-Studie war auch zunächst der entsprechende Arm in der SOLIDARITY-Studie der WHO gestoppt worden, der dann fortgeführt werden sollte – und nun doch gestoppt wird.

Die AkdÄ schreibt in ihrer Drug Safety Mail 2020-43, dass sie schon seit Beginn der Pandemie dazu geraten hätte, nicht dafür zugelassene Arzneimittel bei COVID-19 ausschließlich im Rahmen von klinischen Studien einzusetzen: „Vor dem Hintergrund der aktuellen Daten kann die Anwendung von Chloroquin und Hydroxychloroquin bei COVID-19 grundsätzlich nicht empfohlen werden. Einschränkend muss aber darauf hingewiesen werden, dass eine umfassende Veröffentlichung der oben beschriebenen Daten aussteht“, erklärt die AkdÄ weiter. AkdÄ-Präsident Professor Wolf Dieter Ludwig warnte jüngst auch vor einer übereilten EU-Zulassung von Remdesivir.

Mehr zu den Hintergründen stellt die AkdÄ auf ihrer Homepage zur Verfügung: „Medikamentöse Therapieansätze im Rahmen von Studien und individuellen Heilversuchen bei COVID-19“


Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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