Kritik an „Lancet“-Analyse

Studien mit Hydroxychloroquin gegen COVID-19 laufen doch weiter

Berlin - 04.06.2020, 14:45 Uhr

Hilft Hydroxychloroquin bei COVID-19 oder schadet es am Ende sogar? Eine jüngst veröffentliche Studie sorgt für Diskussionen unter Wissenschaftlern. ( r / Foto: imago images / Xinhua)

Hilft Hydroxychloroquin bei COVID-19 oder schadet es am Ende sogar? Eine jüngst veröffentliche Studie sorgt für Diskussionen unter Wissenschaftlern. ( r / Foto: imago images / Xinhua)


Mehrere ausgesetzte Tests mit dem Malaria-Medikament Hydroxychloroquin bei COVID-19-Erkrankten können wieder aufgenommen werden. Experten hätten sämtliche Daten erneut überprüft und seien zu dem Schluss gekommen, dass nichts gegen eine Fortsetzung der Tests spreche. Derweil wird Kritik an einer „Lancet“-Studie laut, die eine schädliche Wirkung der Substanz nahegelegt hatte.

Hydroxychloroquin kommt nicht raus aus den Schlagzeilen. Nachdem zwischenzeitlich große Hoffnungen auf dem Wirkstoff ruhten, bei COVID-19 helfen zu können, konnten Studienergebnisse dies bisher nicht stützen. Kürzlich sah es so aus, als könnte eine im Fachjournal „The Lancet“ veröffentlichte Analyse das endgültige Aus für den Einsatz des Mittels im Zuge der Coronavirus-Pandemie bedeuten: Mehrere Tests wurden daraufhin gestoppt, und auch die Weltgesundheitsorganisation WHO ließ ihre groß angelegte Studie zunächst ruhen.

Hydroxychloroquin ist Bestandteil einer von der WHO koordinierten Forschungsreihe mit mehr als 3.500 Patienten in 35 Ländern. Dabei wird untersucht, ob verschiedene schon vorhandene Medikamente etwa gegen Malaria, HIV, Ebola und Multiple Sklerose einen Effekt bei COVID-19 haben. Nach dem „Lancet“-Bericht, wonach Hydroxychloroquin womöglich die Todesrate erhöhen könnte, waren die Versuche Ende Mai vorübergehend ausgesetzt worden. Das sei eine Vorsichtsmaßnahme gewesen, die nach Urteil der Experten nicht mehr nötig sei, sagte der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, am Mittwoch in Genf. Soumya Swaminathan, Chefwissenschaftlerin der WHO, betonte aber: „Es gibt bislang keine Beweise, dass irgendein Medikament die Mortalität reduziert.“

„Nature“ kritisiert „Lancet“-Publikation

Unter anderem hatte ein Artikel im Fachjournal „Nature“ sich Ende Mai kritisch über die Studie in „The Lancet“ geäußert und dazu, dass daraufhin viele Studien zu Hydroxychloroquin ausgesetzt worden waren. Die Veröffentlichung habe letztlich dazu beigetragen, dass kaum noch Patienten bereit seien, an entsprechenden Studien teilzunehmen, sagte der Leiter der Abteilung für Infektionskrankheiten und öffentliche Gesundheit der Universität von Kalifornien in San Diego, Professor David Smith. So blieben viele offene Fragen weiterhin unbeantwortet.

Daten aus Beobachtungsstudien wie der umstrittenen Publikation können demnach zwar nützlich sein, um ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie Medikamente sich außerhalb klinischer Studien behaupten. Denn für solche Tests werden die Probanden meist sehr sorgfältig ausgewählt und überwacht, anders als im Versorgungsalltag. „Doch Beobachtungsstudien bergen auch immer die Gefahr von Verzerrungen“, heißt es. So könnten etwa Ärzte geneigt sein, gerade solche Menschen mit dem Medikament zu behandeln, die besonders schwer krank sind und eine höhere Sterbewahrscheinlichkeit aufweisen als andere Patienten.


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