Neue E-Rezept-Regeln im Bundesrat

Gesundheitsexperten der Länder wollen Ausnahmen vom Zuweisungsverbot

Berlin - 06.05.2020, 10:45 Uhr

Medizinische Beratung via Telefon und dann ein E-Rezept. Welche Möglichkeiten soll es für die Versicherten geben, diese elektronische Verordnung einzulösen? (m / Foto: lenetsnikolai / stock.adobe.com)

Medizinische Beratung via Telefon und dann ein E-Rezept. Welche Möglichkeiten soll es für die Versicherten geben, diese elektronische Verordnung einzulösen? (m / Foto: lenetsnikolai / stock.adobe.com)


Die Gesundheitsexperten der Länder wollen das im Sozialrecht geplante Zuweisungsverbot für Vertragsärzte und Krankenkassen für Ausnahmesituationen öffnen. So soll etwa eine direkte Übermittlung eines E-Rezepts von der Arztpraxis in die vom Patienten gewünschte Apotheke möglich sein, wenn dieser keine Möglichkeit hat, die elektronische Verschreibung zu empfangen. Grundsätzlich stehen die Ländervertreter jedoch hinter dem im Patienten-Datenschutzgesetz vorgesehenen Makelverbot für (E-)Rezepte.

Anfang April hatte das Bundeskabinett den Entwurf für das Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) beschlossen. Darin finden sich einige Regelungen zur elektronischen Verordnung, auch zur App, die es Patienten künftig ermöglichen soll, E-Rezepte in der Apotheke ihrer Wahl einzulösen. Damit das Verschieben von Rezepten in bestimmte Apotheken nicht zum Geschäftsmodell werden kann, ist in einem neuen Absatz 1a des § 11 Apothekengesetz überdies das von der ABDA lange eingeforderte Makelverbot geplant: Neben „Ärzten oder Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen“ ist es demnach auch für „Dritte“ unzulässig, (elektronische) Verschreibungen zu sammeln, an Apotheken zu vermitteln oder weiterzuleiten und dafür einen Vorteil zu fordern, sich versprechen zu lassen, anzunehmen oder zu gewähren. 

Zudem sind im Sozialgesetzbuch V flankierende Regelungen zum dort verankerten Recht auf freie Apothekenwahl vorgesehen (§ 31 Abs. 1 Satz 5 SGB V). Es soll durch ein grundsätzliches Zuweisungs- und Beeinflussungsverbot, adressiert an Vertragsärzte und Krankenkassen, „weiter abgesichert“ werden, wie es in der Begründung des Gesetzentwurfs heißt. Und zwar ausdrücklich auch im Hinblick auf elektronische Verordnungen. Ausnahmen soll es geben: Wenn gesetzlich etwas anderes bestimmt ist oder es aus medizinischen Gründen im Einzelfall erforderlich ist.

An genau dieser Regelung regt nun der Gesundheitsausschuss des Bundesrates eine Änderung an. In seinen Empfehlungen für den ersten PDSG-Durchgang in der Länderkammer am 15. Mai schlägt er vor, die in § 31 Abs. 1 SGB V neu geplanten Sätze folgendermaßen zu fassen (kursiv hervorgehoben sind die Zusätze des Ausschusses zum Kabinettsentwurf):

„Vertragsärzte, weitere Leistungserbringer und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall erforderlich ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Eine direkte Übermittlung von Verordnungen in Ausnahmesituationen darf nur dann erfolgen, wenn der Versicherte oder dessen Vertreter dem Verfahren zuvor schriftlich zugestimmt hat und sich dieses transparent verfolgen lässt. Die  Ausnahmetatbestände werden in der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 festgelegt. Die Sätze 5 bis 8 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.“ 



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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10 Kommentare

Einfach machen

von Reinhard Rodiger am 06.05.2020 um 14:55 Uhr

Für Digitalabstinente kann es wie gehabt das Papierrezept geben. Zusätzlich mit Matrix zur einfacheren Verarbeitung.
Was spricht dagegen, die gewohnten Pfade beizubehalten?

Jeder kennt doch die Praxis, dass der Arztempfehlung nicht so leicht widersprochen wird.Selbstverständlich mit Unterschrift.
Es wird nicht nachvollziehbar sein, wer Henne oder Ei ist.

Nur "einfach machen" schützt vor Missbrauch.Alles, was via Klick geht, ist dafür anfällig .Eine Frage und eine Unterschrift.

In Ländern mit E-Rezept werden die Verkaufskanäle weg von Vor-Ort-Apotheken geschoben.Das mindert die Versorgungsdichte/Flächendeckung.Das werden nur wenige überleben.Wird Ausdünnung politisch gewünscht, so muss das richtig öffentlich in Frage gestellt werden.

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Ausnahme ja aber von der Smartphone-Pflicht

von Armin Heller am 06.05.2020 um 12:03 Uhr

Für Menschen mit mangelnder Medienkompetenz gibt es einen Ausdruck mit QR-Code auf Papier. Dafür muss niemand das Makelverbot anfassen, lediglich die "E-Rezeptpflicht" muss auch durch einen solchen Ausdruck als erfüllt angesehen werden. Erstaunlich kurzsichtig von einem Bundesrat, der sich ja richtigerweise kürzlich noch für ein RXVV ausgesprochen hat.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Medienkompetenz ist nicht notwendig

von Beobachter am 06.05.2020 um 11:37 Uhr

Man braucht keine Medienkompetenz oder ein Smartphone. Eine Versicherten-Karte hat jeder. Diese wird eingelesen und die Daten von einem Server geladen, die zuvor vom Arzt hochgeladen wurden. Fertig!
Ich verstehe nicht, warum man immer alles so kompliziert machen muss und neue Abhängikeiten und Anfälligkeiten schafft. Und ob ausländische Versender an der TI teilnehmen dürfen ist nicht geklärt. Sie unterliegen keiner deutschen Kammer und bekommen somit keine notwendigen Ausweise. Die TI ist eine deutsche Infrastruktur.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Medienkompetenz ist nicht notwendig

von Armin Heller am 06.05.2020 um 11:51 Uhr

Dazu hat Spahn schon gesagt, dass sich das BMG darum kümmern wird, dass ausländische Versender an der Infrastruktur problemlos teilnehmen können.

Hilfreiche Klarstellung

von Dr. Thomas Müller-Bohn am 06.05.2020 um 11:33 Uhr

@ Änderung von Conny
Das sehe ich nicht so pessimistisch - ganz im Gegenteil. Das E-Rezept wird neue Fälle schaffen, in denen der Patient eine Übermittlung vom Arzt an die Apotheke wünscht, beispielsweise Patienten ohne Smartphone. Das wäre ja durchaus erlaubt, denn das ist keine Zuweisung, weil der Wille vom Patienten ausgeht. Der neue Textvorschlag würde aber klarstellen, dass dazu erst einmal eine schriftliche Einwilligung nötig ist. Das ist gut so, denn ohne diese Einwilligung hätte ich ähnliche Bedenken wie Conny.
Es geht bei dem Vorschlag aus dem Bundesrat nur um die Übermittlung ausgehend vom Patientenwillen, nicht um eine erweiterte Zuweisungsmöglichkeit, die vom Arzt ausginge.

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Hilfreiche Klarstellung

von Armin Heller am 06.05.2020 um 11:53 Uhr

Wie blauäugig ist das denn bitte? Einmal beim Arzt unterschreiben, dass die Arzneimittel künftig direkt nach Holland gehen. 20€ Sofortprämie kassieren und aus die Maus. Die Patientenwilligkeit ist zu einem relativ günstigen Preis jederzeit käuflich.

AW: Hilfreiche Klarstellung

von Conny am 06.05.2020 um 12:31 Uhr

Ich sehe das wie Herr Heller

Änderung

von Conny am 06.05.2020 um 10:55 Uhr

Dann ist der Bestechung der Ärzte Tür und Tor geöffnet !

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: das größere Problem...

von Michael Weigand am 06.05.2020 um 11:21 Uhr

...ist das Zwischenmenschliche....
1. Zwiaschen Arzt und Apotheke
2. Sprechstundenhilfe und Apotheke
3. Mißverständnisse aufgrund Namensähnlichkeiten der Apotheke und damit dann Verstoß gegen den Datenschutz durch die Arztpraxis...
1. und 2. geht in beide Richtungen positiv und negativ

AW: Ergänzend...

von Michael Weigand am 06.05.2020 um 11:24 Uhr

...wer kontrolliert denn, ob der Patient keine Möglichkeit hat oder ob die Praxis einfach das automatisch macht....

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