Stichproben-Studie

Corona-Dunkelziffer in Tschechien offenbar sehr niedrig

Berlin - 06.05.2020, 13:15 Uhr

Tschechiens Gesundheitsminister Adam Vojtech bei der Präsentation der Studienergebnisse in Prag. (c / Foto: imago images) 

Tschechiens Gesundheitsminister Adam Vojtech bei der Präsentation der Studienergebnisse in Prag. (c / Foto: imago images) 


In Tschechien sind nach ersten Erkenntnissen nur wenige Menschen mit dem neuartigen Coronavirus in Kontakt gekommen. Das geht aus einer neuen Stichproben-Untersuchung auf Antikörper gegen das Virus hervor, die am Mittwoch in Prag vorgestellt wurde.

„Das Hauptergebnis ist, dass der Grad der Immunität in der tschechischen Gesellschaft sehr niedrig ist", sagte Gesundheitsminister Adam Vojtech (ANO) mit Blick auf die vorliegenden Zahlen. Unter 26.549 Getesteten seien nur 107 positive Fälle gefunden worden. 

Das Ergebnis resultiere daraus, dass man sehr früh auf die Bremse getreten sei und Gegenmaßnahmen ergriffen habe, sagte der Leiter des Prager Instituts für Gesundheitsstatistik, Ladislav Dusek. Den Anteil der Antikörper-Positiven schätzen die Epidemiologen unter Berücksichtigung der Fehlerspanne auf hochgerechnet maximal 0,4 Prozent in Prag und 0,2 Prozent in Brünn (Brno). Ein Infektionsherd in Mähren kommt auf die höchste Zahl von 3,3 Prozent.

Eine am Montag vorveröffentlichte Studie des Bonner Virologen Professor Hendrik Streeck zeichnet ein anderes Bild: Streeck und sein Team hatten die Verbreitung des Virus im Kreis Heinsberg untersucht. Dort war nach einer Karnevalssitzung im Februar ein massiver Ausbruch des Erregers aufgetreten. Aus den Ergebnisse ihrer Stichproben-Studie errechneten die Forscher, dass etwa 15,5 Prozent der Heinsberger mit dem neuartigen Coronavirus in Kontakt gekommen sein mussten. Daraus folgern sie, dass deutschlandweit rund 1,8 Millionen Menschen eine Infektion durchgemacht haben könnten. Damit wäre die Dunkelziffer hierzulande zehnmal höher als die Zahl der gemeldeten Fälle.

Tschechien griff durch

Während sich das Virus in Heinsberg insbesondere unter den Teilnehmern der Karnevalssitzung weit verbreiten konnte, glänzt Tschechien mit auffällig geringen Fallzahlen. Derzeit sind es nach Angaben der Johns Hopkins Universität weniger als 8000 bestätigte Infektionen bei rund 10 Millionen Einwohnern. Hierzulande haben sich demnach etwa 167.000 der 83 Millionen Bundesbürger infiziert.

Ein Grund dafür könnte sein, dass die Regierung rasch durchgriff, um die Ausbreitung des Erregers einzudämmen. So hatte sie zum Beispiel sehr früh eine Mundschutz-Pflicht in der Öffentlichkeit eingeführt und die Grenzen für einreisende Ausländer geschlossen. Allerdings verwendeten die Tschechen bei der Stichproben-Studie auch einen Antikörper-Schnelltest eines chinesischen Herstellers, der nur bei einem positiven Ergebnis mit einem aufwendigen Labortest überprüft wurde. Kritiker hatten im Vorfeld Zweifel an der Zuverlässigkeit der Schnelltests geäußert.


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